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  • 02.07.2009 | Arbeitsrecht

    BAG konkretisiert EuGH: Gesetzlicher Urlaub auch bei Arbeitsunfähigkeit

    von RA Dr. Tobias Eickmann und RRef. Tim D. Hesse, Frehse Mack Vogelsang, www.kanzlei-am-aerztehaus.de, Dortmund

    § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht vor, dass ein Arbeitnehmer, der seinen Urlaub im Laufe eines Kalenderjahres nicht nehmen konnte, dies normalerweise in den ersten drei Monaten des Folgejahres nachholen kann. Endet das Arbeitsverhältnis vor der Urlaubsgewährung, kann sich der Arbeitnehmer den ausstehenden Urlaub auszahlen lassen. Doch wie ist die Situation zu beurteilen, wenn der Arbeitnehmer erkrankt und deshalb seinen Urlaub nicht nehmen kann? Verfällt der Urlaubsanspruch irgendwann? Nein, befand das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 24. März 2009 (Az: 9 AZR 983/07, Abruf-Nr: 091415). Zumindest hinsichtlich des gesetzlich garantierten Urlaubs bleibt der Anspruch bestehen. Mit diesem Urteil hat das BAG die viel beachtete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20. Januar 2009 (Az: C-350/06 und C-520/06) konkretisiert (lesen Sie dazu „Praxisführung professionell“, Ausgabe 3/2009).  

    Sachverhalt

    Das BAG hatte über die Klage einer Erzieherin gegen ihren Arbeitgeber zu entscheiden. Die Klägerin arbeitete regelmäßig fünf Tage in der Woche und hatte ihren gesetzlichen bezahlten Urlaub (26 Arbeitstage) laut ihrem Arbeitsvertrag im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Urlaub, der nicht innerhalb dieses Zeitraums oder der vereinbarten darüber hinausgehenden Frist angetreten wurde, sollte unter dem Vorbehalt anderslautender gesetzlicher Regelungen verfallen. Aufgrund eines Schlaganfalls wurde die Erzieherin schließlich für den Zeitraum von über einem Jahr bis zur Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses ununterbrochen arbeitsunfähig. Letztlich erfolgreich klagte sie von ihrem ehemaligen Arbeitgeber die Auszahlung des in dieser Zeit nicht beanspruchten gesetzlichen Urlaubs ein.  

    Praxishinweise

    Mit ihrer arbeitnehmerfreundlichen Entscheidung rückten die Richter des BAG von der bislang in Deutschland vorherrschenden Rechtsprechung ab. Bisher wurde eine Pflicht des Arbeitgebers abgelehnt, nicht gewährten bzw. beanspruchten bezahlten Urlaub wegen andauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auszuzahlen. Dies widersprach jedoch der sogenannten Europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) aus dem Jahr 2003, wie der EuGH in den eingangs genannten Entscheidungen urteilte.  

     

    Den Rechtsspruch des EuGH, der für deutsche Gerichte inhaltlich verbindliche Wirkung hat, konkretisierte nun das BAG: Es gelte, die Abs. 3 und 4 des § 7 BUrlG den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anzupassen. Der Anspruch auf Abgeltung gesetzlichen Voll- oder Teilurlaubs dürfe demnach nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des darüber hinausgehenden Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig gewesen sei.