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  • 01.07.2006 | Der praktische Fall

    Vermietetes Einfamilienhaus: Miete richtig auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben

    von RiLG a.D. Harald Kinne, Berlin

    Immer wieder gehen in der Redaktion Fragen ein, die sich mit den Besonderheiten des vermieteten Einfamilienhauses befassen. In den nächsten Ausgaben von „Mietrecht kompakt“ werden wir daher die wichtigsten Probleme rund um diese besondere Mietsituation erläutern. Wir beginnen mit einem häufigen Streitpunkt: War die Mieterhöhung nach § 558 BGB rechtswirksam?  

     

    Checkliste: Mieterhöhung beim vermieteten Einfamilienhaus – die 7 häufigsten Fragen

    1. Gelten für die allgemeinen Voraussetzungen einer Mieterhöhung nach § 558 BGB Besonderheiten?

    Nein. Der Vermieter des zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhauses kann – wie der sonstige Vermieter von Wohnraum – vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll (Wirksamkeitszeitpunkt), seit fünfzehn Monaten unverändert ist (Wartefrist). Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden (Jahressperrfrist).  

    2. Welche ortsübliche Vergleichsmiete ist maßgebend?

    Maßgebend sind die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach §560 BGB abgesehen, geändert worden sind (§ 558 Abs.2 BGB).  

    3. Bedeutet dies, dass die von den Gemeinden erstellten Mietspiegel auch für Einfamilienhäuser gelten?

    Nein. Mietspiegel können für die ortsübliche Vergleichsmiete für Einfamilienhäuser grundsätzlich nicht herangezogen werden, da sie ausnahmslos nur die Mieten für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern erfassen. Die Mieten von Einfamilienhäusern sind auch sonst nicht mit denjenigen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern vergleichbar (LG Hamburg WuM 02,698; LG Berlin MM 02,331; AG Spandau MM 97, 242; AG Schwelm WuM 95, 592; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 BGB Rn.58). Auch das Argument, die Mieten für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern seien immer niedriger als diejenigen in Einfamilienhäusern, so dass die Mietspiegelwerte als Untergrenze herangezogen werden könnten, überzeugt mangels empirischer Grundlage nicht (LG Mönchengladbach NZM 98, 301; LG Hagen NJWE-MietR 97, 246; Kniep, NZM 00, 166).  

    4. Wie kann eine Miet-erhöhung dann am besten begründet werden?

    Der Vermieter muss entweder – auf eigene Kosten – die ortsübliche Vergleichsmiete durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (§ 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB) ermitteln. Das schriftliche Sachverständigengutachten muss er in vollem Wortlaut dem Erhöhungsverlangen beifügen, wobei eine Kopie genügt (LG Berlin WuM 85, 317). Oder er begründet die Erhöhung mit – mindestens – drei Vergleichsobjekten, § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB. Sie müssen zum örtlichen Wohnungsmarkt gehören und dürfen auch dem Vermieter gehören.  

    5. Was muss der Vermieter bei der Begründung des Erhöhungsverlangens mit Vergleichs-Einfamilienhäusern beachten?

    Die Mieten der Vergleichsobjekte müssen mindestens so hoch sein, wie die verlangte Miete. Sie müssen zum örtlichen Wohnungsmarkt gehören. Eine Vergleichbarkeit hinsichtlich sämtlicher 5 Wohnwertmerkmale ist nicht erforderlich. Die Mieten für die Einfamilienhäuser bilden insoweit einen selbstständigen – objektiv zu bestimmenden – Teilmarkt. Der Vermieter muss im Erhöhungsverlangen die Vergleichsobjekte nach der postalischen Anschrift so bezeichnen, dass der Mieter sie ohne Weiteres aufsuchen kann (AG Wedding GE 06, 331). Der Vermieter muss ferner die Quadratmetermiete angeben, die für die Einfamilienhäuser gezahlt wird (LG Darmstadt WuM 91, 49). Eine Mieterhöhung kann er nur bis zur niedrigsten Miete der Vergleichsobjekte verlangen (LG Berlin GE 04, 482). Hat der Vermieter die Quadratmetermiete der Vergleichsobjekte angegeben, braucht er nicht auch noch die Größe der Vergleichsobjekte anzugeben. Stichwortartige Angaben zu den Wohnwertmerkmalen der Vergleichsobjekte sind entbehrlich (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 558a BGB Rn.139).  

    6. Gibt es Besonderheiten in der Person des Vermieters zu beachten?

    Hat eine GbR als solche das Einfamilienhaus vermietet, muss diese das Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558, 558a BGB geltend machen und ggf. klagen. Die Gesellschafter selbst sind nicht aktivlegitimiert, da sie nicht (auch) Rechtsinhaber sind. Auch eine gewillkürte Prozessstandschaft kommt nicht Betracht, da es sich um einen Anspruch auf Vertragsänderung nach § 558 BGB handelt (LG Berlin NZM 02, 780).  

     

    Im Mieterhöhungsverlangen einer juristischen Person muss die konkrete natürliche Person angegeben werden, die die Erklärung für die juristische Person abgibt, sonst ist sie unwirksam (LG Hamburg NZM 05, 255).  

     

    Ein Mieterhöhungsverlangen, das die bevollmächtigte Hausverwaltung im eigenen Namen stellt, ist auch unwirksam, wenn eine Vollmacht zwar beigefügt, aber im Mieterhöhungsverlangen nicht in bezug genommen wird (AG Köpenick GE 05, 621). Ein Mieterhöhungsverlangen der Hausverwaltung „namens und in Vollmacht der von uns vertretenen Grundstückseigentümer“ ist auch unwirksam, wenn die Eigentümer vielfach gewechselt hatten und in der Vergangenheit dem Mieter die Namen des jeweiligen Vermieters nicht mitgeteilt wurden (AG Charlottenburg ZMR 06, 129).  

     

    Der Eigentümer eines Grundstücks kann den Käufer ermächtigen , ein vom Noch-Eigentümer geltend gemachtes Mieterhöhungsverlangen schon vor Eigentumsumschreibung im eigenen Namen weiter zu verfolgen (LG Berlin GE 04, 483).  

    7. Was ist, wenn der Mieter trotz korrektem Nachweis der Vergleichsmiete und Einhaltung aller Formalien nicht zahlt?

    Hat der Vermieter ein Zustimmungsurteil erwirkt, muss er nach dessen Rechtskraft, die die zur Mieterhöhung notwendige Zustimmung des Mieters ersetzt (§ 894 ZPO), einen Vollstreckungstitel auf Zahlung erwirken, wenn der Mieter nicht zahlt. Achtung: Das Zustimmungsurteil ersetzt nicht den zur Vollstreckung in das Vermögen des Mieters notwendigen Zahlungstitel.  

     

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2006 | Seite 126 | ID 88674