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  • · Fachbeitrag · Mindestlohn

    Altersteilzeit im Blockmodell ist mit dem Mindestlohngesetz vereinbar

    von FA für Arbeitsrecht Jörg Steinheimer, LIEB Rechtsanwälte, Nürnberg

    | „Früher war alles besser“, denken sich viele Arbeitgeber seit Einführung des neuen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde. „LPG“ hat schon verschiedene Themen erläutert. Dieser Beitrag geht auf eine Besonderheit bei der Schnittstelle „Mindestlohn und Arbeitszeitkonten“ ein. Ein Leser möchte wissen, ob der Mindestlohn bei Altersteilzeitmodellen mit Freistellungsphase unterschritten werden kann. |

     

    Frage: Ein Arbeitnehmer soll in einem Halbzeitmodell in Altersteilzeit gehen: 18 Monate Vollzeit arbeiten und 50 Prozent des Lohns ausbezahlt bekommen (zuzüglich 20 Prozent Aufstockungsbetrag und Rentenversicherungsbeitrag auf Vollzeitlohn). Dann 18 Monate Freistellung und Aufzehrung der angesparten Arbeitsstunden. Aktuell erhält dieser Arbeitnehmer 13,89 Euro brutto Stundenlohn. Da der Arbeitnehmer nicht jede Zeitlohnstunde ausbezahlt bekommt und somit rechnerisch unter dem Mindestlohn von 8,50 Euro liegt, müssten laut MiLoG die ins Arbeitszeitkonto eingeflossenen Stunden innerhalb von 12 Monaten abgebaut werden. Das sieht das Altersteilzeitmodell aber nicht vor, sondern die angesparten Stunden sollen erst in den darauffolgenden 18 Monaten abgebaut werden.

     

    • Wie lassen sich solche Altersteilzeit-Fälle mit dem MiLoG vereinbaren?
    • Zählt der Aufstockungsbetrag zum Mindestlohn?
    • Sind Arbeitnehmer in Altersteilzeit-Modellen von der Einhaltung des MiLoG befreit bzw. gehört dieser Personenkreis zu den Ausnahmefällen?

     

    Antwort: „Altersteilzeiter“ in Aufschub-Modellen unterfallen grundsätzlich dem persönlichen Anwendungsbereich des MiLoG, da sie in § 22 MiLoG nicht ausgenommen sind. Allerdings gibt es eine wesentliche Ausnahme.

    Arbeitszeitkonten unter dem MiLoG weiter möglich

    Zur Flexibilisierung der Arbeitszeit erlaubt § 2 Abs. 2 MiLoG die schriftliche Vereinbarung von Arbeitszeitkonten. Voraussetzung ist, dass die eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Monaten durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden, und dass die eingestellten Gutstunden monatlich 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen. Probleme sind beim Aufschub-Modell denkbar, vor allem beim Blockmodell im Rahmen der Altersteilzeit oder beim „Ansparen“ auf ein Sabbatjahr. Aufschub-Modelle funktionieren wie folgt:

     

    • In der Ansparphase generierte Entgeltansprüche werden in bestimmter Höhe gestundet und in ein Langzeitarbeitskonto eingebracht. Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung dabei weiterhin in vollem Umfang.
    • Während der darauffolgenden Freistellungsphase wird der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht befreit und das angesparte Entgelt ausbezahlt.

     

    Beachten Sie | Problematisch ist nun, dass das gesparte Entgelt meist erst nach mehr als zwölf Monaten ausgezahlt wird und ein Arbeitnehmer, der mit seinem Stundenlohn nicht erheblich über dem Mindestlohn liegt, aufgrund der Ansparung nicht den vollen Lohn erhält. Im geschilderten Fall erhält der Arbeitnehmer nur 50 Prozent seines Stundenlohns ausbezahlt, also 6,94 Euro. Damit fehlen 1,56 Euro zum Mindestlohn von 8,50 Euro.

    Ausnahme für Langzeitkonten

    Die wesentliche Ausnahme zur einfachen Lösung der Leseranfrage liegt in der Vorschrift des § 2 Abs. 3 MiLoG. Danach sind Langzeitkonten im Sinne des § 7 b SGB IV ausdrücklich von den strengen Fälligkeitsregelungen des MiLoG ausgenommen. Solche Langzeitkonten werden insbesondere für Freistellungen im Rahmen der Altersteilzeit eingerichtet. Entsprechende Wertguthabenvereinbarungen sind damit auch nach Einführung des MiLoG zulässig. Aus Sicht des Gesetzgebers ist die Auszahlung von Arbeitsentgelt, das in Wertguthaben eingebracht wird, durch die Regelungen im SGB IV „hinreichend gesichert“ (auch für die Entsparphase, BT-Drucks. 18/1558, 35).

     

    PRAXISHINWEIS | Da das Geld auf einem für den Arbeitnehmer eingerichteten und nach § 7b SGB IV abgesicherten Langzeitkonto angespart und ihm während der Freistellungsphase komplett ausgezahlt wird, ist sowohl die in der Anspar- als auch Entsparphase verbundene Unterschreitung des Mindestlohns unschädlich.

     

    Aufstockungsbetrag mindestlohnwirksam?

    Das MiLoG trifft keine Aussage darüber, welche Vergütungselemente für den Abgleich mit dem Mindestlohn heranzuziehen sind. Als „Faustformel“ gilt: Vergütungsbestandteile sind dann Bestandteil des Mindestlohns, wenn damit die gewöhnliche Arbeitsleistung vergütet wird. Sie bleiben außen vor, wenn sie besondere Leistungen des Arbeitnehmers - also ein „Mehr“ - vergüten.

     

    Aufstockungsbeträge sollen die Attraktivität der Altersteilzeit steigern. Sie werden nicht besteuert (§ 3 Nr. 28 EStG, LStR R 3.28 (3) LStR), auch die zusätzlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Folglich sind sie auch nicht sozialversicherungspflichtig (§§ 14, 17 SGB IV, § 1 SvEV). Aufstockungsbeträge sind also ein Anreiz, ein „Geschenk“. Damit wird unseres Erachtens ein „Mehr“ vergütet, sodass der Aufstockungsbeitrag - anders als das normale Arbeitsentgelt zugunsten einer Wertguthabenvereinbarung - wohl nicht zum Mindestlohn hinzugezählt werden kann. Entscheidungen gibt es hierzu noch keine, weitere Meinungen - soweit ersichtlich - auch nicht.

     

    FAZIT | Bei Altersteilzeitmodellen besteht angesichts des MiLoG kein Handlungsbedarf, soweit mit dem pro Zeitstunde gezahlten und gestundeten Entgelt ausschließlich des Aufstockungsbetrags insgesamt 8,50 Euro brutto erreicht werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Das sind die mindestlohnrelevanten Lohnbestandteile - mit Checkliste für den Praktikere“, LPG 3/2015, Seite 48; im Archiv auf lgp.iww.de
    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 89 | ID 43324137

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