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08.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103237

Landgericht Koblenz: Beschluss vom 20.09.2010 – 2 T 499/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 T 499/10
23 M 2451/10 (AG Koblenz)
LANDGERICHT KOBLENZ
BESCHLUSS
In der Zwangsvollstreckungssache XXX
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz durch XXX auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 14. September 2010
gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 13. September 2010
am 20. September 2010 beschlossen:
1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Gläubiger.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Gläubiger hat mit Schriftsatz vom 13. September 2010 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den Schuldner bezüglich Ansprüchen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin aus Verträgen bezüglich Konten, Kontokorrentabrede, Sparverträgen, Vertrag über Wertpapierverwahrung, Überlassung eines oder mehrerer Stahlkammerfächer, Kreditgewährung, Kreditzusagen und vereinbarten Dispositionskrediten sowie aus Verträgen über weitere Konten und Depots beantragt. Dazu hat er unter anderem beantragt, anzuordnen, dass der Schuldner die Nachweise, welche zur Erhöhung der Pfändungsfreibeträge gem. § 850 k ZPO Abs. 2, Abs. 5 S. 2 ZPO führen, an den Gläubiger herauszugeben hat. Der Rechtspfleger beim Amtsgericht hat mit Beschluss vom gleichen Tag den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, die o.g. Anordnung jedoch abgelehnt. Dazu hat er ausgeführt, die Bescheinigungen gem. § 850 k Abs. 2 ZPO gehörten nicht zu den Urkunden i.S.d. § 836 Abs. 3 ZPO. Der Schuldner sei lediglich zur Information des Gläubigers insoweit verpflichtet, als die Information auch durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolgen und durchgesetzt werden könne. Zudem müsse der Schuldner die begehrte Bescheinigung an den Drittschuldner herausgeben. Eine Herausgabe an den Gläubiger sei dem Schuldner daher gar nicht möglich. Der Gläubiger müsse die begehrten Informationen daher vom Drittschuldner anfordern.
Gegen diese Entscheidung hat der Gläubiger am 14. September 2010 Beschwerde eingelegt. Dazu hat er ausgeführt, er benötige die begehrten Angaben, um ggf. einen Antrag nach § 850 k Abs. 4 ZPO i.V.m. § 850c Abs. 4 ZPO stellen zu können. Der Gesetzgeber habe in der Begründung zum neuen § 850 k ZPO selbst angegeben, dass der Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO dem Gläubiger die Informationen für einen Antrag nach § 850 k Abs. 4 ZPO geben müsse.
Der Rechtspfleger beim Amtsgericht hat der Beschwerde mit Verfügung vom 14. September 2010 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung der Kammer vorgelegt.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde der Gläubiger (§§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Gläubiger hat keinen Anspruch auf Herausgabe der Nachweise, welche zur Erhöhung der Pfändungsfreibeträge gem. § 850 k ZPO Abs. 2, Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO, führen, aus § 836 Abs. 3 ZPO.
Allerdings ist dem Gläubiger zuzustimmen, dass der Schuldner ihm nach § 836 Abs. 3 ZPO Auskunft darüber zu erteilen hat, ob und inwieweit das Guthaben auf den gepfändeten Konten gem. §§ 850 k Abs. 2 n.F. ZPO pfändungsfrei ist. Gem. § 836 Abs. 3 ZPO hat der Schuldner dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen. Bei Pfändung von Arbeitseinkommen gehören zu diesen nötigen Auskünften auch die zur Berechnung des unpfändbaren Einkommensteiles erforderlichen Angaben, da nur so auch der pfändbare Teil berechnet werden kann (vgl. Stöber in Zöller, § 836 Rn. 10 ZPO). Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Umfang Unterhaltsansprüche gegen den Schuldner bestehen (LG Hildesheim, Beschluss vom 13. März 2001, KKZ 2003, 84, zitiert nach JURIS).
Folgerichtig muss bei einer Kontopfändung nach § 850 k ZPO auch vom Schuldner Auskunft darüber erteilt werden, inwieweit und aus welchen Gründen die Forderung gem. § 850 k Abs. 2 n.F. ZPO nicht von der Pfändung erfasst ist, da nur so der tatsächlich erfasste Teil bestimmt werden kann. Zudem benötigt der Gläubiger diese Angaben auch, um einen Antrag nach § 850 k Abs. 4 n.f. ZPO stellen zu können. Dem entspricht es, dass, wie schon vom Gläubiger vorgetragen, der Gesetzgeber selbst im Gesetzesentwurf zur Reform der Kontopfändung, auf welchem § 850 k n.F. ZPO beruht, ausdrücklich ausgeführt hat, der Schuldner müsse dem Gläubiger die für einen Antrag nach § 850 k Abs. 4 n.F. ZPO nötigen Informationen geben,
Diese Informationspflicht führt aber nicht zwingend zugleich zu einer Herausgabepflicht bezüglich der bei § 850 k Abs. 2, Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO erforderlichen Nachweise. Auskunfts- und Herausgabepflicht stehen im Rahmen des § 836 Abs. 3 ZPO selbständig nebeneinander und sind nicht notwendig identisch. Die Herausgabepflicht nach § 836 Abs. 3 ZPO betrifft solche Urkunden, die den Gläubiger als zum Empfang der Leistung berechtigt legitimieren (Legitimationspapiere) sowie solche, die den Bestand der Forderung beweisen oder sonst der Ermittlung oder dem Nachweis ihrer Höhe, Fälligkeit und Einredefreiheit dienen (Becker in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 836 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 in NJW 2007, 606 m.w.N.).
Zwar sind die nach § 850 k Abs. 5 S. 2 ZPO erforderlichen Nachweise grundsätzlich auch geeignet, jedenfalls die Höhe der Forderung zu belegen. § 850 k Abs. 5 S. 2 ZPO bestimmt, dass Kreditinstitute bezüglich der nach § 850 k Abs. 2 ZPO pfändungsfreien Guthabenbeträge nur insoweit zur Leistung an den Schuldner verpflichtet sind, als der Schuldner durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers, der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung nachweist, dass das Guthaben nicht von der Pfändung erfasst wird. Damit dienen diese Unterlagen gerade dem Zweck, zu belegen, inwieweit das Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto einen pfändungsfreien Betrag i.S.d. § 850 k Abs. 2 n.F. ZPO beinhaltet. Im Umkehrschluss kann daher die Urkunde auch belegen, inwieweit der Betrag eben nicht pfändungsfrei ist, so dass sie grundsätzlich von der Herausgabepflicht des § 836 ZPO erfüllt wäre.
Es ist aber zu beachten, dass § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO gar nicht konkret vorgibt, welche Urkunden nun genau zum Nachweis vorzulegen sind und welchen Inhalt diese haben müssen. Der Gesetzgeber selbst hat in der Begründung zum Entwurf von § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO ausgeführt, dass das Gesetz bewusst keine Festlegung z. B. hinsichtlich des Nachweises, dass der Schuldner anderen Personen Unterhalt gewährt, treffen soll. Ganz allgemein sollen Bescheinigungen öffentlicher Stellen oder Lohnbescheinigungen von privaten Arbeitgebern ausreichen. Eine Pflicht zur Ausstellung besonderer Bescheinigungen zur Vorlage bei dem das gepfändete Pfändungsschutzkonto führenden Kreditinstitut sollte gerade nicht eingeführt werden (BT-Drucksache 16 / 7615, S. 20). Es bleibt damit dem Schuldner überlassen, welche Unterlagen er zum Nachweis dem Drittschuldner konkret vorlegt.
Dies bedeutet aber im Ergebnis, dass die dem Schuldner zu Verfügung stehenden Unterlagen erst dadurch zu Unterlagen im Sinne des § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO werden, dass dieser die Unterlagen zum Nachweis dem Drittschuldner übergibt.
Damit ist aber eine Herausgabepflicht des Schuldners bezüglich dieser Unterlagen denknotwendig ausgeschlossen: Unterlagen im Sinne des § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO entstehen nach obigen Ausführungen erst ab dem Moment, in welchem der Schuldner nicht mehr über sie verfügt, weil er sie zum Nachweis dem Drittschuldner vorgelegt hat. Vor der Vorlage an den Drittschuldner kann der Schuldner daher nicht zur Herausgabe von Unterlagen nach § 850k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO verpflichtet werden, weil sie vorher nicht existieren. Nach der Vorlage an den Drittschuldner kann er nicht zur Herausgabe verpflichtet werden, weil er danach nicht mehr im Besitz der Unterlagen ist.
Zu diesem Ergebnis passt auch, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO bewusst neu eingeführt hat, um damit eine Entlastung der Vollstreckungsgerichte dadurch zu bewirken, dass diese nur in den Fällen, in denen z. B. die Gewährung von Unterhalt durch den Schuldner, der Bezug von Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder von Kindergeld für das Kreditinstitut nicht offensichtlich ist, auf An-trag des Schuldners die Freibeträge für die Kontopfändung festsetzen müssen (BT-Drucksache 16 / 7615, S. 20). Dieses Ziel wäre konterkariert, wenn der Schuldner faktisch nie zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen in der Lage wäre, weil er diese an den Gläubiger nach § 836 ZPO herausgeben müsste.
Nach all dem besteht eine Herausgabepflicht des Schuldners bezüglich der „Nachweise, welche zur Erhöhung der Pfändungsbeiträge gem. § 850 k Abs. 2, Abs. 5 S. 2 ZPO führen“, nicht. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Da jedoch bislang, soweit ersichtlich, keine obergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage der Anwendbarkeit der Herausgabepflicht des § 836 Abs. 3 ZPO auf die Unterlagen i.S.d. § 850 k Abs. 5 S. 2 n.F. ZPO existiert, war zur Fortbildung des Rechts die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

RechtsgebietVollstreckungsrecht Vorschriften§ 850k ZPO

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