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20.05.2008 · IWW-Abrufnummer 081301

Finanzgericht Brandenburg: Urteil vom 04.04.2002 – 3 K 2613/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT DES LANDES BRANDENBURG

3 K 2613/01

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX
wegen Einkommensteuer 1999

hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg - 3. Senat - ohne mündliche Verhandlung am 04. April 2002 durch XXX

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.


G r ü n d e :

Der Kläger ist als Bankkaufmann bei der X...-Bank AG beschäftigt. Dort ist er als Anlageberater von Privatkunden tätig. Seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit beliefen sich im Streitjahr auf 108.390 DM.

In der Einkommensteuererklärung 1999 machte der Kläger u.a. Aufwendungen in Höhe von 693 DM für den Bezug der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“ als Werbungskosten geltend, die der Beklagte unter Hinweis auf das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 17.10.1996, 6 K 252/96, EFG 1997, 467) versagte. Im Einspruchsverfahren verwehrte der Beklagte den Abzug im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz -EStG-.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht – wie bereits im Einspruchsverfahren - geltend, er sei dafür zuständig, die Kunden bei Anlageentscheidungen im Bereich der Aktien, Investmentfonds, Immobilienfonds und festverzinslichen Wertpapiere zu beraten. Grundvoraussetzung hierfür sei, dass er über wirtschaftliche und börsentechnische Daten täglich genauestens und umfassend informiert sei, um seinen Kunden tiefgreifend und aktuell über die verschiedenen Produkte Auskünfte erteilen zu können. Die Lektüre des „Handelsblattes“ sei insofern für ihn unverzichtbar. Er sei auf das „Handelsblatt“ angewiesen, um die Anlageentscheidungen zu untermauern. Denn das „Handelsblatt“ enthalte Informationen über Kurse, volks- und betriebswirtschaftliche Analysen, Analysen von Aktien, Investmentfonds, Anleihen und sonstigen Finanzprodukten, Chartanalysen für Aktien und Aktienfonds sowie die Beschreibung voraussichtlicher Entwicklungen im Aktien- und Rentenmarkt etc. . Die Kunden würden zum Teil selbst das „Handelsblatt“ lesen und entsprechende Informationen vom Kläger erwarten. Derartige Informationen würden jedoch von der Bank – insbesondere im Analysebereich – nicht taggenau zur Verfügung gestellt.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 14.07.2000 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19.10.2001 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 693 DM berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er bestreitet die berufliche Nutzung des „Handelsblattes“ durch den Kläger nicht. Es sei aber davon auszugehen, daß die Zeitung in nicht untergeordnetem Maße privat genutzt werde und deshalb das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG greife. So ermögliche die Zeitung dem Kläger, bei der eigenen Vermögensanlage schnellere und „optimalere“ Entscheidungen zu treffen, weshalb ggf. ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu prüfen sei. Ebenso enthalte das „Handelsblatt“ eine Reihe von Beiträgen allgemeinpolitischen und gesellschaftlichen Inhalts, die für den Kläger eher von allgemeinbildendem als von beruflichem Interesse seien. Diese private Veranlassung werde durch das Vorbringen des Klägers nicht widerlegt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO-).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Versagung der Aufwendungen für den Erwerb des „Handelsblattes“ ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Die Aufwendungen für das „Handelsblatt“ sind im Streitfall nicht als Werbungskosten anzuerkennen. Sie fallen unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG in Verbindung mit § 12 Nr. 1 S. 2 EStG können Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes nur dann als Arbeitsmittel berücksichtigt werden, wenn einwandfrei feststeht, dass der Arbeitnehmer den Gegenstand weitaus überwiegend beruflich verwendet, so dass eine private Mitbenutzung von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Dabei ist ausschlaggebend, welche tatsächliche Zweckbestimmung im Einzelfall die Anschaffung verfolgt (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 19.01.1996, VI R 64/95, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV - 1996, 402). Allerdings spielt der objektive Charakter des Wirtschaftsgutes bei der Beweiswürdigung zur Feststellung des Verwendungszwecks eine große Rolle. Ist nicht nachprüfbar oder nicht klar erkennbar, ob der Gegenstand mehr dem Beruf oder mehr den privaten Interessen des Steuerpflichtigen dient, sind die Aufwendungen für die Anschaffung schon aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit zu den Kosten der Lebensführung zu rechnen. Infolgedessen können Aufwendungen für eine Tageszeitung , die auch der allgemeinen Information und damit jedenfalls auch der privaten Lebensführung dient, nicht als Werbungskosten abgezogen werden.

Der BFH hat zwar mit Urteil vom 12.11.1982 (VI R 193/79, Der Betrieb -DB- 1983, 372) ausgeführt, dass bereits der objektive Charakter des „Handelsblattes“, das einer Fachzeitschrift nahezu gleichkomme, für eine berufliche Nutzung im wirtschaftlichen Bereich spreche. Dieser Einschätzung folgt der Senat jedoch nach Inaugenscheinnahme der Ausgabe des „Handelsblattes“ vom 18.02.2002 (Montag) nicht. Allerdings sieht auch der erkennende Senat das „Handelsblatt“ nicht als typische Tageszeitung an. Dies ergibt sich zum einen aus dem lediglich börsentäglichen Erscheinen, zum anderen aus dem Fehlen eines Lokalteils. Aber im Gegensatz zu einer reinen Fachzeitschrift enthält das Handelblatt – eben doch wie eine Tageszeitung - eine nicht nur untergeordnete Anzahl von Beiträgen zum allgemeinpolitischen Tagesgeschehen sowie gesellschaftlichen Inhalts, die keinen unmittelbaren Bezug zu der eine Fachzeitschrift kennzeichnende Spezialmaterie – hier Wirtschaftsbeiträge – herstellen (so im Ergebnis auch von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz Kommentar, Rdnr. B 314 zu § 9 ). So verfügt das „Handelsblatt“ vor den sicherlich fachspezifischen Rubriken „ Unternehmen und Märkte“, „Finanzzeitung“, „Anlegerzeitung“ und „Amtliche Bekanntmachungen“ über einen ausführlichen Einleitungsteil, der sich mit aktuellen Meldungen aus der allgemeinen Politik befasst. Zudem enthält das „Handelsblatt“, insbesondere zum Ende der Börsenwoche, jeweils Beilagen wechselnden Inhalts, wie z. B. aus dem Computerbereich, Reiseberichterstattungen, Feuilletonbeiträge, Sportnachrichten oder ähnliches. Auch wenn der Umfang dieser Beiträge mit dem in einer typischen Tageszeitung nicht gleichzusetzen ist, nimmt er dem „Handelsblatt“ doch den Charakter einer Fachzeitschrift, da er über das dort übliche Maß deutlich hinausgeht. Außerdem vermittelt das „Handelsblatt“ wirtschaftliches Allgemeinwissen, das als Teil der allgemeinen wirtschaftlichen Bildung nach den Grundsätzen des Großen Senats des BFH Teil der allgemeinen Lebensführung ist (BFH vom 27.11.1978 – GrS 8/77, BStBl. II 1979, 213). Weiterhin hat der Senat die Tatsache, dass die Bank dem Kläger das „Handelsblatt“ nicht zur Verfügung gestellt hat, als Indiz dafür angesehen, dass eine mehr als unbedeutende private Mitveranlassung der Aufwendungen vorlag. Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der o.g. Ausgabe um einen „Ausreißer“ gehandelt hat. Bereits in den 80er Jahren kamen die betreffenden, nicht spezifisch fachgebundenen Artikel im Handelsblatt vor (vgl. von Bornhaupt a.a.O.).

Zu keinem anderen Ergebnis führt das Vorbringen des Beklagten, die Zeitung ermögliche dem Kläger, bei der eigenen Vermögensanlage schnellere und optimale Entscheidungen zu treffen. Denn dass die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen den Kläger zum Bezug des „Handelsblattes“ tatsächlich mitveranlasst haben sollte, ist vom Kläger nicht vorgetragen worden und aus seiner Einkommensteuererklärung auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zuzulassen. Im Hinblick auf die Entscheidung des BFH vom 12.November 1982 a.a.O., von der der Senat abgewichen ist, erscheint eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Herrmann Hinze Braunsdorf

RechtsgebietEStGVorschriften§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG

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