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23.05.2001 · IWW-Abrufnummer 010573

Amtsgericht Hagen: Urteil vom 18.03.1999 – 10 C 41/99

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


10 C 41/99

verkündet am: 18.03.1999

... Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

AMTSGERICHT HAGEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

des Herrn ...
Klägers,
Prozeßbev: RAe ...

gegen

die ...
...
Beklagte,
Prozeßbev: RAe ...

hat das Amtsgericht Hagen
auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 1999
durch den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.893,65 DM (i. W. eintausendachthundertdreiundneunzig 65/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 05. Januar 1999 zu zahlen.

2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Versicherungsnehmer der Beklagten, ... beschädigte durch einen Auffahrunfall das klägerische Fahrzeug auf der Straße Wasserloses Tal in Hagen, wofür die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer ihre Einstandspflicht dem Grunde nach anerkennt.

Der Kläger ließ sein Fahrzeug durch den RWTÜV begutachten. Das Gutachten vom 05.08.1998 kommt auf der Grundlage, daß auch Gebrauchtteile bei der Reparatur des klägerischen Fahrzeuges, das im August 1986 zum Straßenverkehr zugelassen worden ist, Verwendung finden, zu einem Reparaturkostenaufwand in Höhe von 4.660,40 DM, einem Wiederbeschaffungswert von 4.000,00 DM und einem Restwert von 100,00 DM.

Der Kläger behauptet, die gutachterlichen Feststellungen des RWTÜV seien zutreffend.

Er ließ sein Kraftfahrzeug in der Werkstatt ... reparieren. Für die durchgeführte Reparatur wurde ihm dort ein Betrag von 4.893,65 DM berechnet.

Die Beklagte zahlte an den Kläger 3.000,00 DM.

Der Kläger verlangt nunmehr den Rest bis zur Höhe der Reparaturrechnung und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.893,65 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.01.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ließ das Kraftfahrzeug ihrerseits durch den Kraftfahrzeugsachverständigen Bender begutachten. Die Beklagte behauptet in Anlehnung an die Feststellungen des Sachverständigen ..., die Kosten für eine fachgemäße Reparatur des klägerischen Fahrzeugs beliefen sich auf 5.762,47 DM, der Wiederbeschaffungswert betrage nur 3.100,00 DM.

Der Kläger habe nur eine Teil- oder Billigreparatur durchgeführt, so daß dem Kläger wegen der Unverhältnismäßigkeit des Reparaturaufwandes zu dem Wiederbeschaffungswert nicht mehr als der gezahlte Betrag zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Sachverständigen Dipl.-Ing. ... zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes und der Fachgerechtheit der vorgenommenen Reparatur vernommen.

Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 18. März 1999 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Nach Maßgabe der dem Grunde nach anerkannten Einstandspflicht schuldet die Beklagte dem Kläger auch den verlangten Restbetrag bis zur Höhe der vollen Reparatursumme (§§ 3 Pflichtversicherungsgesetz, §§ 823, 7 StVG, 249, 251 BGB). Nach § 249 BGB kann der Geschädigte vom Einstandspflichtigen verlangen, daß diese den Zustand wiederherstellt, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, ferner, wenn wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.

Damit ist grundsätzlich der Reparaturaufwand zu entschädigen, der konkret bei der Reparatur der beschädigten Sache angefallen ist. Dies sind hier die unstreitigen Kosten des Kraftfahrzeugbetriebes ....

Die Beklagte kann den Betrag auch nicht nach § 251 BGB auf das von ihr errechnete Ausmaß gekürzt verlangen. Nach § 251 BGB kann der Ersatzpflichtige den Gläubiger nur dann in Geld in Höhe der angemessenen Reparaturkosten entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht grundsätzlich auch dann, wenn diese zusammen mit dem Minderwert höher als der Wert der Sache vor dem Schadensfall; nur wenn die bei der Reparatur zu zahlende Entschädigung wesentlich über diesen Wert liegt, greift § 251 Abs. 2 BGB ein.

Es kann dahinstehen, ob angesichts der veränderten Lebensgewohnheiten der weitgehend motorisierten Bevölkerung die vom Bundesgerichtshof gefundene Grenze von 30 % oberhalb des Wiederbeschaffungswertes (BGHZ 115, 371, 375; NJW 1992, 1619 nach Maßgabe des § 249 Satz 2 BGB) weiterhin Anwendung findet, weil die Beklagte ihrerseits bei ihrer Abrechnung diese Rechtsprechung zugrundelegt und ihr ein Abrücken dementsprechend hier nach § 242 BGB verwehrt ist. Jedenfalls hat im vorliegenden Falle die Beweisaufnahme ergeben, daß der Wiederbeschaffungswert, gestützt auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Burgmann, 3.800,00 DM beträgt und somit unter Berücksichtigung der 130 %-Grenze = 4.940,00 DM der geltend gemachte gesamte Reparaturkostenaufwand unterhalb dieser Grenze liegt. Die Einschränkung, die zum Teil in obergerichtlicher Rechtsprechung angenommen wird, daß der Integritätszuschlag von 30 % nur bei tatsächlicher Durchführung der Reparatur zu entrichten ist (vgl. BGH NJW 1992, 1619; OLG Köln, Versicherungsrecht 1993, 898) greift nicht durch, da, wie auch der Sachverständige ... überzeugend festgestellt hat, das Kraftfahrzeug ordnungsgemäß repariert worden ist.

Auf die weitere, in der obergerichtlichen Rechtsprechung vorzufindende Einschränkung, daß der Integritätszuschlag in Höhe von 30 % oberhalb des Wiederbeschaffungswertes ausgeschlossen ist, wenn eine Billigstreparatur durchgeführt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZW 1995, 232; Versicherungsrecht 1996, 904 u. a.), greift nicht durch.

Mit dem Sachverständigen Burgmann ist das Gericht der Auffassung, daß jedenfalls das konkret vorgefundene Fahrzeug mit Hilfe der zum Teil gebrauchten Ersatzteile ordnungsgemäß repariert worden ist, was den fachgerechten Reparaturaufwand durch den Kraftfahrzeugbetrieb Rudat und Wollenberg angeht. Angesichts des Alters des Fahrzeuges ist die Reparatur als zeitwertgerecht anzusehen. Eine Billigstreparatur liegt somit nicht vor. Wie bereits die Beklagte ausgeführt hat, wird kein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch sein im Jahre 1986 erstzugelassenes Fahrzeug vollständig mit Neuteilen reparieren lassen, jedenfalls solange, wie der Einbau von Gebrauchtteilen keine Beeinträchtigung des Zustandes der Verkehrssicherheit mit sich bringt. Die Beklagte hat nichts dafür vorgebracht, daß hier die Verkehrssicherheit durch den Einbau von betriebsunsicheren Gebrauchtteilen notwendigerweise gefährdet worden ist.

Im Gegensatz zu der Argumentation der Beklagten im vorliegenden Fall wäre vielmehr einem Geschädigten der Einwand des § 251 Abs. 2 BGB oder gar des § 254 BGB entgegenzuhalten, weil gerade ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch ein Fahrzeug des Erhaltungs- und Alterszustandes des Klägers gerade nicht vollständig, falls möglich, mit Neuteilen reparieren läßt, um damit den zur Reparatur erforderlichen Kostenaufwand im vertretbaren Rahmen gering zu halten.

Die Zinsforderung folgt aus § 286 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

...

Ausgefertigt

... Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftstelle

RechtsgebieteVersicherungsrecht, Kfz-ReparaturVorschriften§ 3 Pflichtversicherungsgesetz, § 7 StVG, §§ 249, 251, 823 BGB

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