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19.02.2016 · IWW-Abrufnummer 146421

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.03.2015 – 3 Wx 30/15

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



Tenor:

1.Die Beteiligte zu 2. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

2.Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500.000 € festgesetzt.

1

G r ü n d e:
2

I.
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Die Kosten ihres Rechtsmittels sind der Beteiligten zu 2. aufzuerlegen, nachdem sie dieses zurückgenommen hat.
4

Gemäß § 80 Satz 1 FamFG sind Kosten sowohl die Gerichtskosten – Gebühren und Auslagen – als auch die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Grundsätzlich kann das Gericht die Kosten eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen, § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG, jedoch soll es nach § 84 FamFG die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Ob im Falle der Zurücknahme eines Rechtsmittels – wie hier – die Kostenentscheidung nach § 84 FamFG oder nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu treffen ist, wird nicht einheitlich beantwortet, wenngleich sich die überwiegende Meinung für die erstgenannte Möglichkeit ausspricht (zum Meinungsstand: KG FGPrax 2011, S. 207; OLG Frankfurt FamRZ 2014, S. 688 f.; Keidel-Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 84 Rdnr. 19). Indes bedarf dieser Streit praktisch regelmäßig keiner Entscheidung, weil auch die Minderheitsauffassung anerkennt, dass die Rücknahme eines Rechtsmittels zwar für sich allein keinen zwingenden Grund für die Kostenauferlegung bildet, jedoch in der erforderlichen Billigkeitsabwägung erhebliches Gewicht behält (MK-Schindler, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 84 Rdnr. 20).
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In diesem Sinne liegen die Dinge auch hier. Eine besondere Fallgestaltung, die es geböte, die Beteiligte zu 2. trotz ihrer Beschwerderücknahme nicht mit den Kosten des Rechtsmittels zu belasten, ist nicht feststellbar. Weder geht es um eine Streitigkeit unter einander besonders nahestehenden Familienangehörigen, noch ist die Rücknahme im Zuge einer vergleichsweisen Einigung erklärt worden. Ebenso wenig ist sie angesichts einer besonders schwierigen Rechtslage im Hinblick auf einen gerichtlichen Hinweis, welche Rechtsauffassung das Beschwerdegericht zuneige, erfolgt. Die Einlegung der Beschwerde ist bei objektiver Betrachtungsweise auch nicht etwa durch den Gang des erstinstanzlichen Verfahrens veranlasst gewesen. Das Nachlassgericht hatte die Beteiligten durch ausführlichen Hinweisbeschluss vom 20. Februar 2014 auf die verfahrensrechtlichen Gegebenheiten beim Einwand fehlender Authentizität einer letztwilligen Verfügung hingewiesen und den Beteiligten zu 1. bis 3. Gelegenheit zur Konkretisierung ihres diesbezüglichen Vortrags unter ausdrücklicher Erwähnung der Möglichkeit gerichtlicher Anforderungen von Vergleichsschriftproben bei Beteiligten und anderen Personen eingeräumt. Daraufhin hat die Beteiligte zu 2. lediglich über einen gescheiterten Versuch der Beurteilung der Echtheit des Testaments durch einen Privatgutachter berichtet. Dass das Nachlassgericht hierdurch nicht zur Einholung des von der Beteiligten zu 2. gewünschten gerichtlichen Schriftsachverständigengutachtens bewegt werden würde, lag zumindest nahe. Das maßgebliche Vorbringen, wegen bestimmter Eigenheiten des Erblassers müsse die Beteiligte zu 4. über eine Vielzahl von Schriftstücken und Unterlagen über Dinge des täglichen Lebens mit seiner Handschrift verfügen, ist durch die Beteiligte zu 2. erst mit der Rechtsmittelbegründung erfolgt, ohne dass erläutert oder auch nur angesprochen worden wäre, dass dieser Vortrag nicht bereits zuvor hätte gehalten werden können. Auf die Beschwerdebegründung hin ist das Nachlassgericht im Abhilfeverfahren dann auch umfassend tätig geworden. Angesichts des Ergebnisses dieser Ermittlungen hat die Rechtsmittelrücknahme letztlich nur der Vermeidung der Zurückweisung des Rechtsmittels aus tatsächlichen Gründen gedient.
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Schließlich nötigt die von der Beteiligten zu 2. angesprochene obergerichtliche Rechtsprechung (SchlHolstOLG FamRZ 2013, S. 719 ff.) zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese bezieht sich auf eine Kostenentscheidung für die erste Instanz; die Beteiligte zu 2. kann jedoch aus den vorstehend behandelten Gründen nicht beanspruchen, so gestellt zu werden, als wären die auf ihren Vortrag erst im Abhilfeverfahren durchgeführten Ermittlungen bereits vor Erlass der Endentscheidung des Amtsgerichts erfolgt.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.
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II.
9

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GNotKG. Danach ist maßgeblich der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, wobei nach heutiger Rechtslage allein noch vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten abzuziehen sind. Auf der Grundlage der Angaben der Beteiligten zu 4. – die die übrigen Beteiligten sogar für untersetzt gehalten haben – ergibt sich danach ein Wert des gesamten Nachlasses von (bei gebotener Abrundung) 500.000 €.
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Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG sind erfüllt. Zwar enthält die Rechtsmittelschrift der Beteiligten zu 2. keine ausformulierten Anträge, die Begründung lässt jedoch klar erkennen, dass sich das Rechtsmittel gegen die Erteilung eines Alleinerbscheins zugunsten der Beteiligten zu 4. wendet.
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Aus dem vorgenannten Grund liegt auch der begünstigte Sonderfall des § 40 Abs. 2 Satz 1 GNotKG nicht vor, wonach sich der Geschäftswert lediglich nach dem Anteil eines bestimmten Miterben richtet, wenn sich das Erbscheinsverfahren nur auf das Erbrecht des Miterben bezieht.
12

Nach heutiger Gesetzeslage, §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1 GNotKG, kann auch nicht – mehr – darauf abgestellt werden, welches wirtschaftliche Ziel ein Antragsteller oder Beschwerdeführer für sich im Ergebnis erreichen möchte (SchlHolstOLG, Beschluss vom 16. Oktober 2014 in Sachen 3 Wx 104/13). Der Senat verkennt nicht, dass es hierdurch, nämlich infolge des Abstellens allein auf das Rechtsmittelbegehren statt auf das dahinter stehende wirtschaftliche Ziel, in Fällen, in denen ein Beteiligter, der für sich selbst nur eine quotenmäßig geringe Beteiligung am Nachlass in Anspruch nimmt, in einem Beschwerdeverfahren die Erteilung eines den gesamten Nachlass umfassenden Erbscheins angreift und verfahrensrechtlich auch angreifen muss, zu der Lage kommen kann, dass die aufgrund der Bewertungsmaßgaben bewirkte Kostenlast außer Verhältnis zu dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel steht und geeignet sein kann, den Zugang zur Rechtsmittelinstanz zu beeinträchtigen (Art. 19 Abs. 4 GG). Eine solche Situation ist hier indes noch nicht erreicht. Das wirtschaftliche Ziel der Beteiligten zu 2. besteht in der Erteilung eines sie mit einer Erbquote von 1/6 ausweisenden Erbscheins. Bemäße man den Geschäftswert nach dem sich hierbei errechnenden Betrag von 83.333 €, hätten im Beschwerdeverfahren wertabhängige gerichtliche und außergerichtliche Kosten von rund 10 % dieses Wertes entstehen können; bei einem Geschäftswert von 500.000 € sind es demgegenüber wertabhängige Kosten von ungefähr 23 % (von 83.333 €). Das bedeutet zwar (überschlägig) eine Vergrößerung des diesbezüglichen Kostenrisikos auf das ca. 2,3fache, doch bleibt dieses mit unter 1/4 der Erbquote als dem wirtschaftlichen Ziel immer noch so niedrig, dass nach Ansicht des Senats weder von einer unverhältnismäßigen Kostenbelastung, noch gar von einer Erschwerung des Rechtsweges gesprochen werden kann. Dies gilt umso mehr, als der Beteiligten zu 2. eine Begleichung aus dem ihr zustehenden Pflichtteil (von rund 41.666 €) möglich sein dürfte.

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