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21.02.2014

Landesarbeitsgericht: Urteil vom 03.07.2013 – 18 Sa 262/12


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 31. Januar 2012 - 2/9/2 Sa 3002/09 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten, der Urlaubskasse des Maler- und Lackiererhandwerks für die Zeit von Januar 2008 bis Juli 2009 Auskunft über die von ihr beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, deren Bruttovergütung und sich danach ergebenden Beiträge zu erteilen.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Maler- und Lackiererhandwerks die Einzugsstelle für die ihm als Lohnausgleichskasse und die der Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks zustehenden Beiträge.

Die Beklagte unterhält in A im Bereich des Hafens einen Betrieb und beschäftigt gewerbliche Arbeitnehmer, die überwiegend oder alle ungelernt sind. Als Tätigkeit des Betriebs gab sie am 21. Januar 2008 bei dem Gewerberegister der Freien und Hansestadt A an: "Maler- und Lackiererhandwerk, Teiltätigkeit Korrosionsschutz" (vgl. Kopie zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Juni 2010, Bl. 20 d.A.).

Gegenüber der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft gab die Beklagte für 2008 dieselbe Betriebstätigkeit an. Auch der Krankenkasse meldete die Beklagte Tätigkeiten mit dem Schlüssel "XXX..", welcher auf eine Beschäftigung von Malern und Lackierern hinweist.

Mit Datum vom 14. Januar 2010 änderte die Beklagte für das Gewerberegister die Angabe zur Betriebstätigkeit. Seither lautet die Eintragung: "Gebäudereinigerhandwerk, Metallschleifer- und Metallpoliergewerbe, Gewerbe der Tankschutzbetriebe, Im- und Export von Waren aller Art, insbesondere von gebrauchten Haushaltsgeräten sowie An- und Verkauf und Export von gebrauchten Maschinen und Teilen. Ausgenommen sind erlaubnispflichtige Warenarten. Akustik- und Trockenbau, Schweißerarbeiten (ausgenommen sind erlaubnispflichtige Tätigkeiten), Korrosionsschutz/Rostschutz im industriellen Schiffsbereich" (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beklagten 22. Februar 2011, Bl. 46 d. A.).

Die gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten haben nach der Feststellung des Arbeitsgerichts in den Jahren 2008 und 2009 folgende Tätigkeiten als Korrosions- und Rostschutzarbeiten ausgeführt:

- Metallbearbeitung (Reinigen und Entrosten) per Hand und durch Maschinen, zu 92,9% ihrer Arbeitszeit

- Bespritzen der bearbeiteten Flächen mit Farbe oder Korrosionsschutz - Farbauftrag mittels Pinsel nur zu einem verschwindend geringen Teil - zu 7,1% ihrer Arbeitszeit.

Der Kläger erhob gegen die Beklagte bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden Klage auf Auskunft, die Klage wurde am 07. November 2009 zugestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Betrieb der Beklagten unterfalle dem Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub und die Zusatzversorgung im Maler- und Lackiererhandwerk vom 23. November 2005 (VTV Maler/Lackierer). Korrosionsschutzarbeiten zählten zu den Arbeiten des Maler- und Lackiererhandwerks. Sollten diese nicht ausschließlich am Kränen, sondern auch an Schiffen verrichtet worden seien, sei dies unschädlich. Auch Arbeiten an Schiffen fielen unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen:

a) über die Namen und Vornamen sowie Sozialversicherungsnummern der im Betrieb der Beklagten in dem Monaten Januar bis Dezember 2008 und Januar bis Juli 2009 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, die eine nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung in der jeweils gültigen Fassung versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten;

b) über die Höhe der Bruttolöhne, die den gewerblichen Arbeitnehmern einzeln in den genannten Monaten gezahlt wurden und über die Höhe der fällig gewordenen Beiträge;

2. die Beklagte zu verurteilen, für den Fall, dass sie die Auskunft nicht innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Urteilszustellung erteilt, an ihn eine Entschädigung in Höhe von 24.700,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22. Februar 2011 behauptet, sie arbeitete im Bereich Metallschleifen, -polieren, -reinigung und des Korrosionsschutzes im industriellen Schiffsbau bzw. für die Schiffsbauindustrie. Im Gütetermin am 24. Februar 2011 hat sie behauptet, die Korrosionsschutzarbeiten erfolgten an Kränen. Mit Schriftsatz vom 02. Mai 2011 hat die Beklagte vorgetragen, sie baue auf einer Industriefläche am Wasser Kräne, welche mit Rostschutz versehen würden. Ihr Betrieb sei dem Schiffsbau angegliedert. Die Meldung des Tätigkeitsschlüssels "XXX ..." gegenüber der Krankenkasse sei irrtümlich erfolgt.

In ihrem Schriftsatz vom 06. Juli 2011 hat die Beklagte die Ansicht vertreten nach dem Industrieverbandsystem falle sie unter die Tarifverträge der Metallindustrie. Ihr Betrieb sei ein Teilbereich des industriellen Schiffsbaus. Sie hat dazu behauptet, sie beschäftige weder Malermeister noch Malergesellen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 31. Januar 2012 stattgegeben. Nach § 1 Nr. 2 VTV Maler/Lackierer iVm. § 1 Nr. 2 Abs. 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV Maler/Lackierer) würden Betriebe erfasst, welche Entrostungs- und Eisenanstricharbeiten ausführten. Solche Tätigkeiten gehörten zum Kernbereich des Maler- und Lackiererhandwerks. Nach §§ 2 Abs. 3 Nr. 3, 6 Nr. 3 lit. i der Verordnung über die Berufsausbildung im Maler- und Lackiererhandwerk bilde der Bauten- und Korrosionsschutz eine Fachrichtung des Lehrberufs. Korrosionsschutz müsse nicht mit einem Pinsel aufgetragen, sondern könne auch aufgespritzt werden. Die Entrostungs- und Reinigungsarbeiten seien notwendige Vorarbeiten für den Auftrag von Korrosionsschutz und daher als Zusammenhangstätigkeiten zu qualifizieren. Die Behauptung der Beklagten, auch Kräne zu bauen, sei unbeachtlich, da sie wegen der in ihrem Betrieb anfallenden Arbeitszeit schon zu 100% der anfallenden Tätigkeiten vorgetragen habe. Schließlich handele es sich bei der Beklagten um einen Handwerksbetrieb.

Wegen des genauen Inhalts des Urteils und des weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf das Urteil ergänzend Bezug genommen (Bl. 122 - 130 d.A.).

Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 15. Februar 2012 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit am 15. März 2012 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. April 2012 begründet, der am selben Tag, einem Montag, bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht einging.

Die Beklagte wiederholt ihre Auffassung, dass der VTV Maler/Lackierer nur Baubetriebe erfasse. Sie behauptet erneut, ihr Betrieb sei auf den Schiffsbau ausgerichtet. Sie sei in eine typische Großindustrie eingegliedert, fertige große Mengen und habe etwa 17 Beschäftigte. Der Bau der Kräne gehöre zur Metallbearbeitung. Arbeiten mit Spritzverfahren seien industrietypisch.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2012 behauptet die Beklagte, sie sei nicht in der Instandsetzung oder Instandhaltung von Schiffen und Kränen tätig, sondern am Bau von Schiffen und Kränen beteiligt. Metallteile würden nach ihrer Bearbeitung zu Teilen von Schiffen und Kränen.

In der Verhandlung vor der Kammer am 31. Oktober 2012 (Sitzungsniederschrift Bl. 188 d.A.) behauptet die Beklagte, sie würde für den Schiffsbau benötige Kräne zusammenbauen und damit stellen. Ein wesentlicher Teil der Arbeiten entfalle auf die Reinigung und das Vorbehandeln der Elemente eines Krans. Die Kräne würden jeweils für die Dauer eines Schiffsbauprojekts bzw. Schiffsüberholung individuell zusammengesetzt und danach wieder abgebaut. Einige Kräne würden fest mit Schiffen verbunden.

In dem Schriftsatz vom 14. Januar 2013 behauptet die Beklagte, sie habe keine eigene Betriebseinrichtung. Sie sei Dienstleister auf dem Gelände der B und beschäftige lediglich industrielle Hilfskräfte. Auf dem Gelände wurden alle Arbeitsschritte zur Fertigung der Kräne durchgeführt. Sie erledige die Reinigung, das Verlegen der Kanten und das Spritzen der Teile.

Mit ihrem Schriftsatz vom 05. April 2013 beruft sich die Beklagte darauf, dass nach § 1 Abs. 2 Abs. 5 RTV Maler/Lackierer Entrostungs- und Eisenanstricharbeiten ohnehin nicht vom Tarifvertrag erfasst würden. Außerdem führe sie Korrosionsschutzarbeiten an Schiffen aus.

In der weiteren Verhandlung am 10. April 2013 (Sitzungsniederschrift Bl. 233 d.A.) behauptet die Beklagte, ca. 90% der Kräne würden auf Schiffe (als deren Bestandteil) gebaut. Es sei jedoch nicht so, dass alle Kräne fest und dauerhaft mit Schiffen oder Pontons verbunden sein. Sie sei an der Herstellung von Produkten im Schiffsbau beteiligt.

Außerdem hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe auf das erstinstanzliche Urteil mit Datum vom 28. März 2013 Auskunft erteilt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 31. Januar 2012 - 2/9/2 Ca 3002/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er ist der Auffassung, dass Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowohl an Kränen als auch an Schiffen dem Tarifvertrag unterfallen. Selbst wenn letztere industriell hergestellt worden seien, handele es sich bei dem Aufbringen von Korrosionsschutzmitteln um eine handwerkliche Tätigkeit. Die Beklagte arbeitete nicht bei dem Neubau von Schiffen und Kränen, hierfür werde Beweis durch die Vernehmung der Arbeitnehmer der Beklagten angetreten. Wenn die Beklagte Korrosionsschutzarbeiten an mehrfach verwendeten Kranteilen ausführe, sei dies handwerklich.

Zur Berechnung der Entschädigungssumme gem. § 61 Abs. 2 ArbGG sei davon auszugehen, dass durchschnittlich fünf gewerbliche Mitarbeiter beschäftigt wurden. Der Durchschnittsbeitrag für einen Arbeitnehmer betrage 325,00 € pro Monat. Daher fordere sie nach einem Abschlag von 20% einen Entschädigungsbeitrag von 260,00 € für jeden Arbeitnehmer.

Falls die Beklagte nach der Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden Auskunft erteilt habe, könne diese nicht vollständig gewesen sein. Das sei der Beklagten mit Datum vom 24. April 2012 mitgeteilt worden.

Die Parteien haben in der Verhandlung vom 10. April 2013 einem Wechsel in das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt, insb. zur Klärung, ob der Auskunftsanspruch ganz oder teilweise erfüllt wurde (Sitzungsniederschrift Bl. 233 d.A.).

Der Beklagten wurde eine Frist bis 10. Mai 2013 eingeräumt, zur Erfüllung der Auskunftsansprüche vorzutragen. Den Kläger wurde vorbehalten, auf den zu erwartenden Schriftsatz bis 05. Juni 2013 zu erwidern.

Die Beklagte beantragte mit einem am 05. Juni 2013 per Fax übersandten Schriftsatz eine Fristverlängerung bis zum 12. Juni 2013. Dies wurde durch Beschluss vom 06. Juni 2013 abgelehnt (Bl. 239 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2013, der mit Anlagen erst am 14. Juni 2013 bei dem Berufungsgericht einging, übersandte die Beklagte die Kopie eines ausgefüllten Fragebogens zu ihrer betrieblichen Tätigkeit und Kopien von Lohnabrechnungen und Lohnjournalen für die Zeitspanne von Dezember 2008 bis Juli 2009.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlungen am 31. Oktober 2012 und 10. April 2013 (Sitzungsprotokolle Bl. 188, 233 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die Beklagte hat nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass ihre Arbeitnehmer zu weniger als 50% Arbeiten ausführten, welche zum Korrosionsschutz zählen und unter § 1 Abs. 2 VTV Maler/Lackierer iVm. § 1 Nr. 2 RTV Maler/Lackierer fallen. Sie hat zudem nicht hilfsweise vorgetragen und nachgewiesen, dass sie den Auskunftsanspruch des Klägers schon erfüllt hat.

1.

Hinsichtlich seines betrieblichen Geltungsbereichs verweist § 1 Nr. 2 VTV Maler/Lackierer auf den betrieblichen Geltungsbereich des RTV Maler/Lackierer auf in der jeweils geltenden Fassung. Dem betrieblichen Geltungsbereich des RTV Maler/Lackierer unterfallen nach § 1 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 RTV Maler/Lackierer alle Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks. Für die Frage, ob die Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 einen solchen Betrieb unterhalten hat, kommt es darauf an, ob ihre Arbeitnehmer in diesem Jahr arbeitszeitlich überwiegend vom betrieblichen Geltungsbereich des RTV Maler/Lackierer auf erfasste Tätigkeiten verrichtet haben. Es ist weder auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, noch auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen (BAG Urteil vom 13. November 1991 - 4 AZR 78/91 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Maler Nr. 6; BAG Urteil vom 01. August 2007 - 10 AZR 369/06 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Maler Nr. 13).

2.

Es ist schon in erster Instanz unstreitig geworden, dass die von der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer Metall reinigen und entrosten, um es anschließend mit Korrosionsschutz und/oder Farbe zu überziehen, wobei dieser Überzug gespritzt und nur bei Nacharbeiten in geringem Umfang mit dem Pinsel aufgetragen wird. Dabei handelt es sich um Korrosionsschutzarbeiten, diese können ohne vorhergehende Reinigung und Entrostung des Metalls nicht ausgeführt werden.

Liegt ein ausreichender Tatsachenvortrag einer einzugsberechtigten Kasse im Sozialkassenverfahren vor, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären. Regelmäßig obliegt ihm die Last des substantiierten Bestreitens, weil die Sozialkasse außerhalb des Geschehensablaufs steht und sie keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber diese kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind. Das substantiierte Bestreiten kann sich auf die Art und/oder den Umfang der verrichteten Arbeiten beziehen. Um feststellen zu können, welche Tätigkeiten in welchem Umfang ausgeübt wurden, muss der Arbeitgeber im Rahmen des substantiierten Bestreitens entsprechende Tatsachen darlegen (vgl. BAG Urteil vom 18. Mai 2011 - 10 AZR 190/10 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 332). Dazu gehört nötigenfalls auch die Darlegung der zeitlichen Anteile der verschiedenen Tätigkeiten (vgl. BAG Urteil vom 23. Juni 2010 - 10 AZR 463/09 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 321).

a)

Der Tatsachenvortrag des Klägers ist von der Beklagten nicht ausreichend bestritten worden. Sie hat nicht dargelegt, welche Tätigkeiten sie tatsächlich an welchen Objekten ausführt. Auf Grund ihres wechselnden Vortrags ist offen geblieben, in welcher Weise sie - wie sie behauptet - der Schiffsindustrie zuarbeitet. So ist nicht klar, ob sie überwiegend an Kränen oder Teilen von Kränen arbeitet oder doch an Metallteilen, die für ein Schiff verbaut oder Teil eines Schiffskörpers sind. Weiter ist offen geblieben, ob es sich bei den Kranbauten um solche handelt, die - zeitlich begrenzt - auf einer Werft zum Schiffsbau benötigt werden oder ob sie Arbeiten an Kränen verrichtet, die dauerhaft Teil eines Schiffs, eines Pontons oder einer Bohrplattform sind. Die am 31. Oktober 2012 verkündete Auflage (Sitzungsniederschrift Bl. 188 d.A.) ist nicht erfüllt worden. Die Beklagte hat auch nicht angegeben, für welche Arbeiten der B sie Dienstleistungen auf dem Gelände im Hafen ausgeführt bzw. welche Produkte dort hergestellt werden.

b)

Der Kläger hat sich die Angaben der Beklagten im ersten Verhandlungstermin vor der Berufungskammer am 31. Oktober 2012 vorsorglich zu Eigen gemacht. Seine Bewertung, dass Korrosionsschutzarbeiten an Kränen und Metallgerüsten in den Anwendungsbereich des VTV Maler/Lackierer fallen, ist zutreffend.

Im Anhang 2 des Tarifvertrags zur Regelung eines Mindestlohnes für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk vom 10. August 2009 (TV Mindestlohn) werden als Tätigkeitsbeispiele für Facharbeiten iSd. § 2 Nr. 3 S. 1 TV Mindestlohn u.a aufgezählt:

"(Spiegelstrich) Herstellen, Bearbeiten, Behandeln und Gestalten von Oberflächen, insbesondere: (...) (Spiegelstrich) Anwenden von Entrostungs- und Korrosionsschutzverfahren an Bauwerken und Objekten, insb. an Brücken, Kränen und Strommasten".

Zudem gehören Korrosionsschutzarbeiten schon immer zu den typischen Aufgaben des Malerhandwerks (vgl. Urteil des Hess. LAG vom 13. Mai 2002 - 16 Sa 1909/01 - nicht veröffentlicht).

c)

Zu Gunsten der Beklagten kann nicht angenommen werden, dass ihre Arbeitnehmer ausschließlich Korrosionsschutzarbeiten im industriellen Schiffsbau ausführen. Zwar ist zwischen handwerklich ausgeführten Korrosionsschutz und solchem Korrosionsschutz zu unterscheiden, der notwendiger Teil des Schiffsbaus ist und damit zu den industriellen Tätigkeiten zählt. Industrielle Tätigkeiten werden von den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen nicht erfasst (Hess. LAG Urteil vom 31. Oktober 2012 - 18 Sa 752/11 - veröffentlicht in juris, Revision eingelegt bei dem BAG - 10 AZR 1085/12 -; vgl. auch: BAG Urteil vom 21. Januar 1991 - 4 AZR 78/91 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Maler Nr. 6).

Der Vortrag der Beklagten ist - wie dargestellt - widersprüchlich. Sie hat nicht behauptet, ausschließlich oder überwiegend Korrosionsschutzarbeiten an Schiffen bei deren Neubau oder Grundüberholung auszuführen.

d)

Schließlich irrt die Beklagte, wenn sie angibt, dass Entrostungs- und Eisenanstricharbeiten vom Anwendungsbereich des VTV Maler/Lackierer ausgenommen seien.

Nach § 1 Nr. 2 VTV Maler/Lackierer iVm. § 1 Nr. 2 Abs. 5 a) RTV Maler/Lackierer werden Betriebe, die solche Arbeiten ausführen, nur dann nicht erfasst, wenn sie unmittelbar oder mittelbar Mitglied des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie e.V. oder des Zentralverbandes des deutschen Baugewerbes e.V. sind. Dies trifft auf die Beklagte nicht zu.

3.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Auskunftsanspruch des Klägers aus § 5 Abs. 2 VTV Maler/Lackierer bereits erfüllt ist.

Der Beklagten war nach dem einvernehmlichen Übergang in das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO eine Frist bis 10. Mai 2013 gesetzt worden, zur Erfüllung des Auskunftsanspruches vorzutragen. Innerhalb dieser Zeitspanne ist kein Vortrag erfolgt. Nach § 128 Abs. 2 ZPO muss den Parteien nicht zwingend eine einheitliche Frist gesetzt werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 128 Rz 27). Die Beklagte hat jedoch auch nicht in der für den Kläger vorgesehenen Erwiderungsfrist Vortrag gehalten.

Die mit Schriftsatz vom 12. Juni 2013 eingereichten Unterlagen rechtfertigen keinen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. Es handelt sich um die Kopien, die die Beklagte bereits in der Verhandlung vom 10. April 2004 zur Einsichtnahme vorgelegt hatte. Unterlagen für die Zeit von Januar bis November 2008 fehlen. Ob durch Kopien der Lohnjournale und der Vergütungsabrechnungen für die Zeitspanne von Dezember 2008 bis Juli 2009 der Auskunftsanspruch mit Ausnahme der Angabe des Gesamtbeitrags erfüllt wurde, ist nicht feststellbar. Die Beklagte hat diese Kopien unkommentiert übersandt. Es bleibt offen, ob die Auskunft insoweit vollständig ist, denn sie hat angegeben, 17 gewerbliche Arbeitnehmer zu beschäftigen. Nach den eingereichten Kopien waren in der Zeit von Dezember 2008 bis Juli 2009 jedoch wechselnd zwischen 12 und 16 Arbeitnehmer für sie tätig.

Ein Auskunftsanspruch ist darüber hinaus erst erfüllt, wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit der Meldungen durch seine Unterschrift bestätigt (§ 5 Abs. 2 S. 2 VTV Maler/Lackierer). Auch dies kann nicht festgestellt werden.

4.

Gegen die Berechnung der Entschädigungssumme gem. § 61 Abs. 2 ArbGG hat die Beklagte keine Einwände erhoben. Ein Abschlag von 20% der erwarteten Beitrags entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 24. November 2004 - 10 AZR 169/04 - NZA 2005, 362).

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht geboten.

Hinweise

Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG mit Beschluss vom 28.10.2013 - 10 AZN 1008/13 - verworfen.

VorschriftenTarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub und die Zusatzversorgung im Maler- und Lackiererhandwerk, VTV Maler/Lackierer, § 1 Nr. 2 VTV Maler/Lackierer, RTV, VTV Maler/Lackierer, § 1 Abs. 2 Abs. 5 RTV, § 61 Abs. 2 ArbGG, § 128 Abs. 2 ZPO, §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO

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