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20.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130520

Landgericht Aachen: Urteil vom 06.03.2012 – 12 O 37/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Aachen
12 O 37/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Parteien streiten über Ansprüche aus dem Umbauvorhaben eines Altenheims in eine Altenwohnanlage in O, A Straße. Die klagendende Kirchengemeinde ist aufgrund einer kirchenrechtlichen Neuordnung des Bischofs von B vom 30.9.2009 Rechtsnachfolgerin der Gemeinde St. N in O, Bl. 690 ff. GA.
Die Kirchengemeinde St. N in O war Eigentümerin des Altenheimes "L". Auf der Grundlage eines Schriftstückes des seinerzeitigen Pfarrers, des Zeugen von E, Bl. 12 f. GA, entschloss sich die Kirchengemeinde St. N im Jahre 2000 zum Umbau in eine Altenwohnanlage. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin beantragte mit nicht unterschriebenem Antrag vom 28.3.2001 bei dem Kreis E2 bzw. der Wohnungsbauförderungsanstalt (WfA) die öffentliche Förderung des Objektes, wobei der Beklagte eingebunden war. Der Förderungsantrag enthält eine Wirtschaftlichkeitsberechnung. Dabei sind bei 21 Wohnungen die Baukosten als Multiplikation des umbauten Raums und eines Raummeterpreises von rund 238,66 DM mit insgesamt 1,745 Mio. DM angegeben, Bl. 144 ff., 19 GA. In dem vom der Kirchengemeinde unter dem 19.11.2001 auch unterschriebenen Förderungsantrag finden sich bei 22 Wohnungen ebenfalls mit einer Multiplikation von umbautem Raum und Raummeterpreis Baukostenbeträge mit rund 1,745 Mio. DM, Bl. 49 ff. 54 GA. Die öffentliche Förderung erfolgte unter dem 19/20.11.2001. Weiter fertigte der Beklagte unter dem 29.6.2001 eine als Kostenermittlung/-berechnung nach DIN 276 bezeichnete Auflistung, die zu dem Ergebnis kommt, dass geplante Baukosten in Höhe von 1.925.000 DM entstehen, Bl. 40 ff. GA. Grundlage war ein Bauvorhaben mit 21 Wohnungen.
Unter dem 5.9.2001 schlossen die seinerzeitigen Vertragsparteien einen die Leistungsphasen 1 bis 8 umfassenden schriftlichen Architektenvertrag. Als sog. Honorar-Festpreis ist dort eine Summe von 137.000,- DM vereinbart, wobei zur Begründung eine langjährige Verbundenheit der Vertragsparteien aufgeführt ist, Bl. 33 ff., 36 GA. Am 1.10.2001 fand ein Gespräch bei dem Generalvikariat statt, bei dem auch der Beklagte anwesend war. Die kirchenaufsichtliche Genehmigung wurde unter dem 26.10.2001 erteilt.
Die Baumaßnahme selber erfolgte dann in den Jahren 2001 bis 2003 und wird heute als vermieteter Wohnraum genutzt. Die Baumaßnahme wurde auf Seiten der Rechtsvorgängerin der Klägerin von einem sog. Altenheimausschuss begleitet, einem Ausschuss des Kirchenvorstandes.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte hafte für jede Überschreitung der Baukosten. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass der Kirchengemeinde keinerlei Eigenkapital zur Verfügung gestanden habe. Die Baumaßnahme habe darauf beruht, die Baukosten allein mit öffentlichen Mitteln der WfA und einem Darlehen der Sparkasse bestreiten zu können. Das fertige Gebäude weise nach Ertragswertgesichtspunkten nur einen Wert von 985.000,- € auf, während die tatsächlichen Baukosten bei rund 1,362 Mio. € anzusetzen seien. Der Kläger habe fehlerhafte Kostenschätzungen und Kostenberechnungen vorgelegt. Die Kostenkontrolle während der Baumaßnahme habe gefehlt bzw. sei unzureichend gewesen. Auf eine Toleranz könne sich der Beklagte dabei aus Rechtsgründen nicht berufen.
Honoraransprüche stünden dem Beklagten nicht zu. Das Festpreishonorar sei wirksam vereinbart. Ansprüche seien zudem verjährt bzw. verwirkt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 371.513,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.5.2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, bei dem WfA-Antrag unentgeltlich tätig gewesen zu sein. Bei Kostenschätzung und -berechnung sei die Bauaufgabe auch noch nicht hinreichend geklärt gewesen. Eine Deckelung der Kosten sei nicht erfolgt, zumal dem Beklagten die wirtschaftliche Situation der Kirchengemeinde nicht bekannt gewesen. Er sei nicht davon ausgegangen, die Baukosten seien ganz ohne Eigenkapital abzudecken. Renditeberechnungen seien nicht Gegenstand seiner Vertragspflichten gewesen. Im Gegenteil sei die Kirchengemeinde eine aktive Bauherrin gewesen und durch den Altenheimausschuss über die Kostensituation besser informiert gewesen als er selber, da bestimmte Aufträge unmittelbar erfolgt seien. Soweit es zu Kostensteigerungen gekommen sei, seien vorher diese nicht absehbar gewesen, zumal eine Bestandsaufnahme nicht geschuldet war. Die Kirchengemeinde habe vor allem auch Sonderwünsche gehabt, insbesondere die 22. Wohnung. Der Verkehrswert entspräche auch den Baukosten, so dass ein Schaden nicht entstanden sei.
Vorsorglich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5.10.2011 die Aufrechnung mit Architektenhonoraransprüche erklärt und führt umfangreich aus, weitere Honoraransprüche in Höhe von 196.531,55 € zu haben. Die Vereinbarung eines Festpreishonorars sei nach § 4 HOAI a.F. unwirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen, Einholung von schriftlichen Gutachten und mündlicher Erläuterung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 28.10.2008, Bl. 285 ff. GA, auf die schriftlichen Gutachten der Dipl.-Ing. Arch. B X vom 2.4.2010, Bl. 534 ff GA und vom 24.1.2011, Bl. 716 ff. GA, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen als Rechtsnachfolgerin der Kirchengemeinde St. N gegen den Beklagten nach Ansicht des Gerichts keine Schadenersatzansprüche zu. Damit konnte die Frage offen bleiben, ob dem Beklagten aus dem Bauvorhaben noch Honoraransprüche zustehen.
1.
Dem Rechtsstreit sind zur Beurteilung eines klägerischen Schadenersatzanspruches §§ 635, 633 f. BGB a.F. zugrunde zu legen. Die Vorschriften des sog. Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gelten nur für Architektenverträge, die nach dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rd. 2278 a.E., m. w. Nachw.).
2.
Ein Anspruch der Klägerin aus Baukostengarantie scheidet aus.
Rechtsprechung und Schrifttum nehmen eine Haftung wegen eine Vorgabe einer Bausummenhöchstgrenze nur an, wenn der Architekt eine ausdrückliche Garantie für die Einhaltung der veranschlagten Baukosten übernommen hat (vgl. Wener/Pastor, a.a.O., Rd. 2281). Ob ein solcher Garantievertrag anzunehmen ist, ist eine Frage der Auslegung, in die alle Umstände des Einzelfalles einzustellen sind (BGH, NJW 1960, 1567; OLG Düsseldorf, BauR 1996, 293, 295; OLG Celle, OLGR 1998, 1030). Zur Annahme eines Garantievertrages bedarf es einer klaren und unmissverständlichen Vereinbarung der Parteien für ein mit einem bestimmten Bauvolumen ausgestattetes Bauvorhaben (OLG Köln, IBR 2009, 40; OLG Düsseldorf, BauR 2003, 1604). Schon eine Nichterwähnung dieser Garantie im schriftlichen Architektenvertrag spricht dagegen, dem Architekten die mit einer Baukostengarantie entstehenden Risiken aufzuerlegen (OLG Düsseldorf, BauR 1996, 293, 295).
Im schriftlichen Architektenvertrag vom 5.9.2001 finden sich keine Garantiepflichten des Beklagten. Die Erwähnung von Baukosten erfolgt unter Ziffer 2.2. lediglich "als Grundlage des Honorars". Weiter wurde das Bauvorhaben auch nach Vortrag der Klägerin wegen der 22. Wohnung verändert.
Eine Garantieverpflichtung des Beklagten scheidet nach den o.g. Grundsätzen, denen sich die Kammer anschließt, aus.
3.
Auch ein Anspruch aus § 635 BGB a.F. bzw. positiver Pflichtverletzung scheidet aus.
Nach der Beweisaufnahme geht das Gericht nicht von einer Pflichtverletzung des Beklagten bei der Baukostenschätzung bzw. der Baukostenberechnung aus. Etwaige Pflichtverletzungen bei Kostenanschlag oder Kostenfeststellung sind für einen klägerischen Schaden nicht kausal geworden.
a)
Die Baukostenschätzungen in den WfA-Anträgen vom 28.3.2001 bzw. 19.11.2001 sind fehlerfrei erfolgt.
Die Sachverständige hat bereits im schriftlichen Ausgangsgutachten ausgeführt, dass eine Berechnung der erwarteten Baukosten auf der Grundlage des umbauten Raums bei Baukosten von 238,- DM je m3 eine gängige Möglichkeit ist, die Baukosten grob zu schätzen. Diese Feststellung hat die auch forensisch erfahrene Sachverständige in ihrer Anhörung bestätigt. Dabei hat sie weiter das Vorgehen des Beklagten baufachlich im Rahmen einer Kostenschätzung zum Zeitpunkt einer Vorplanung als vertretbar beurteilt.
Dem schließt sich das Gericht an. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass gerade bei Umbaumaßnahmen eine Schätzung der Baukosten nach umbautem Raum mit Risiken behaftet sein dürfte. Der Kirchengemeinde war aber dies Vorgehen bekannt. Den Förderungsanträgen 2001 ist ohne weiteres zu entnehmen, dass die Baukosten nicht konkret auf das Bauvorhaben ermittelt, sondern auf Erfahrungswerten grob geschätzt wurde. Das sich andere Kosten aus der konkreten Baumaßnahme ergeben können, die von der groben Abschätzung auf Kubikmeterpreis abweichen, war der Klägerin bekannt oder erkennbar. Dass die Kirchengemeinde auch unter Berücksichtigung der Mitglieder von Kirchenvorstand und Altenheimausschuss nicht erkannt hat, dass die grobe Einschätzung auf Kubikmeterpreis durch ein späteres konkretes Bauvorhaben überholt werden kann, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine besondere Aufklärung des Beklagten ist durch die erkennbar aufgrund einer bloßen Multiplikation errechneten Baukosten nach Ansicht des Gerichts bei der vorliegenden Bauherrschaft nicht erforderlich.
b)
Die Kostenkontrolle des Beklagten vom 29.6.2001 stellt sich ebenfalls im Ergebnis nicht als schuldhafte Pflichtverletzung, sondern bewegt sich noch in der dem Beklagten zuzuerkennenden Toleranz.
Dabei ist das Gericht allerdings nicht von einer strikten Kostengrenze, sondern von einer bloßen Einigung der Parteien über den Kostenrahmen als Orientierung ausgegangen.
Rechtsprechung und Schrifttum unterscheiden die Haftung eines Architekten für Kostensteigerung bei Bauwerken weiter dahin gehend, ob die Parteien strikte Kostenobergrenze im Sinne der Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart haben oder ob die angesetzten Baukosten nur einen gewissen Kostenrahmen als Orientierung darstellen sollten (Werner/Rastor, a.a.O., Rd. 2295). Im letzteren Fall steht dem Architekten bei der Ermittlung der voraussichtlichen Baukosten ein gewisser Spielraum zu, bevor eine objektive Pflichtverletzung anzunehmen ist (Werner/Pastor, a.a.O.).
Für die Annahme lediglich eines Kostenrahmens sprechen die Formulierungen in der Kostenaufstellung vom 29.6.2001. Dort ist ausdrücklich nur von "geplanten Baukosten" die Rede. Hinzu kommt, dass es sich um ein Umbauvorhaben handelte, bei dem Baukosten schwer einzuschätzen sein dürfte
Schließlich hat auch die Beweisaufnahme durch die Zeugen eine strikte Bauobergrenze keineswegs nicht ergeben.
So haben die Zeugen von E und P lediglich bekundet, bei dem Renditeobjekt sei es gerade auch um die Baukosten gegangen. Beide haben aber einräumen müssen, im Vertrauen zu der Kostenkompetenz des Beklagten gehandelt zu haben, ohne dass klare Absprachen mit dem Beklagten über die einzuhaltenden Baukosten getroffen wurden. Gerade auch der Zeuge P hat eingeräumt, große Skepsis dahin gehend gehabt zu haben, ob tatsächlich die Baukosten der Wirtschaftlichkeitsberechnung eingehalten werden und dies auch in der Besprechung vom 1.10.2001 den Vertragsparteien mitgeteilt zu haben. Aus dem Umstand, dass in der Folgezeit zwischen den Vertragsparteien keine klare Dokumentation von Baukostenobergrenzen erfolgt ist, kann nur geschlossen werden, dass eben nicht der Beklagte das bekannte Risiko von Baukostensteigerung ohne Toleranzen tragen sollte.
Auch die Aussage G spricht gegen eine strikte Kostengrenze. Der Zeuge G hat bekundet, der Beklagte habe auf die Frage, ob die Baumaßnahme etwa zu einem Kostenrahmen von 1,7 bis 1,9 Mio. DM geantwortet, "ich denke schon". Diese Formulierung, wie auch die ergänzende Äußerung des Beklagten, "es sei machbar" sprechen dagegen, dass der Beklagte bereit war, der Kirchengemeinde das Kostenrisiko eines Umbauvorhabens völlig abzunehmen, sondern eben nur für Kostenrahmen innerhalb einer üblichen Toleranz die Gewähr übernehmen wollte.
Dabei hat das Gericht nicht übersehen, dass das Bauvorhaben letztlich ein Renditeobjekt war, was die auf Klägerseite tätigen Personen als sog. "Schwarze Null" bekundet haben. Letztlich war aber Kirchenvorstand, Pfarrer und Generalvikariat wie jedem kaufmännisch rechnenden Bauherrn bekannt, dass Kostenüberschreitungen gerade auch bei Umbaumaßnahmen insbesondere ohne Aufnahme des Bestandes das Risiko von Kostensteigerung in sich tragen. Ohne eine bindende Absprache, die das Gericht nicht erkennen konnte, hat aber der Bauherr und nicht der Architekt Kostensteigerung zu tragen, soweit diese noch innerhalb der Toleranz liegen. Die Einstellung von prognostizierten Baukosten in einen Förderungsmittelbescheid bzw. die darauf folgende Investitionsentscheidung begründet nur eine Haftung innerhalb der üblichen Toleranzrahmen (OLG Schleswig-Holstein, IBR 2009, 340).
c)
Die Kostenaufstellung vom 29.6.2001 lag noch innerhalb der dem Beklagten zuzubilligenden Toleranz.
Zwar hat die auch forensisch erfahrene Sachverständige X festgestellt hat, dass in der Tat bei der Berechnung vom 29.6.2001 weitere Kosten in der Größenordnung von 329.000,- DM zusätzlich hätten prognostiziert werden können. Dabei konnte es die Kammer offenlassen, ob dieser Betrag oder der niedrigere Wert von 133.000,- € Kostensteigerung, der auf Auswertung von Handwerkerrechnungen anzusetzen ist, maßgeblich ist. Selbst wenn man die Steigerung der Baunebenkosten in Höhe von weiteren 79.000,- DM trotz geringer vereinbarter Architektenkosten in voller Höhe hinzurechnet, kommt das Gericht gegenüber den Baukostenangaben des Beklagten von 1,9 Mio. DM zu einer Abweichung von rund 20 %.
Rechtsprechung und Schrifttum gehen jedenfalls gerade bei Bauen im Bestand davon aus, dass Abweichungen in diese Größenordnung ohne Hinzurechnung unvorhergesehener Kostensteigerungen bei der Vereinbarung eines Kostenrahmens eine Haftung des Architekten nicht auslöst (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rd. 2298 jew. m. w. Nachw.). Die Einstellung von prognostizierten Baukosten in einen Förderungsmittelbescheid bzw. die darauf folgende Investitionsentscheidung begründet nur eine Haftung innerhalb der üblichen Toleranzrahmen (OLG Schleswig-Holstein, IBR 2009, 340). Dem schließt das Gericht an. Eine Haftung ohne Toleranzrahmen wäre nur bei verbindlicherem Ausspruch des Beklagten zur Baukostenprognose angemessen gewesen oder aber bei besonderer Schutzwürdigkeit auf Klägerseite, die die Kammer aber insbesondere wegen der Kontrolle durch Kirchenvorstand und Altenheimausschuss nicht erkennen kann.
Eine prozentuale Überschreitung rechtfertigt nicht die Feststellung für das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten. Rechtsprechung und Literatur billigen dem Architekten bei der Ermittlung der voraussichtlichen Baukosten einen gewissen Spielraum zu. Dabei wird berücksichtigt, dass jedes Bauvorhaben mit vielen Unsicherheitsfaktoren und Unwägbarkeiten verbunden ist, was gerade den bauerfahrenen Bauherren ohne weiteres bekannt ist. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Kostenprognosen eines Architekten aufgrund seiner Kostenermittlung zu betrachten (BGH BauR 1997, 405). Es gibt keinen verbindlichen Maßstab dafür, wann die dem Architekten eingeräumte Toleranzgrenze überschritten wird (OLG Schleswig-Holstein, IBR 2009, 340). Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine Kostenzusammenstellung dient in frühen Stadien des Bauplanung in erster Linie als vorläufige Grundlage für Finanzierungsüberlegungen. Hier ist der Architekt gezwungen, besonders vorausschauend tätig zu werden, ohne differenzierte Basiswerte zu haben, da sich das Bauvorhaben erst abzuzeichnen beginnt. Aus diesem Grunde sind keine zu hohen Anforderungen an die Genauigkeit dieser Kostenermittlungsart anzustellen (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1788; OLG Köln, BauR 2002, 978). Toleranzrahmen werden daher von der obergerichtlichen Rechtsprechung im Bereich von etwa 30 % angesiedelt (OLG Schleswig-Holstein, a.a.O).
Der Beklagte hat auch seine Informationspflichten erfüllt.
Rechtssprechung und Schrifttum verpflichten den Architekten, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftragsgebers bei der Planung zu berücksichtigen und den Auftraggeber über etwaige Kostenmehrungen zu informieren (BGH, BauR 1997, 494). Der Beklagte hat erkennbar seine Baukostenprognose auf eine überschlägige Berechnung gestellt. Die Kirchengemeinde konnte damit erkennen, dass ihre darauf gegründete Investitionsentscheidung risikobehaftet ist.
4.
Eine Haftung für etwaige Pflichtverletzungen des Beklagten im Rahmen der Objektüberwachung kann die Kammer ebenfalls nicht erkennen.
Die Sachverständige X hat festgestellt, dass eine Kostenüberschreitung erst ab April 2002 erkennbar war. Die Parteien stimmen darin überein, dass kostensenkende Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfolgen konnten, insbesondere nicht durch die von der Sachverständigen vorgeschlagenen Verzicht auf die 2 Wohnungen im Dachgeschoss.
5.
Die ein klägerischer Anspruch nicht besteht war auf etwaige Honoraransprüche wegen Unterschreitung der Mindestsätze, die der Beklagte lediglich im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemacht hat, nicht einzugehen.
6.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Streitwert: 371.513,88 €, § 45 Abs. 3 GKG, keine Entscheidung über die Hilfsaufrechnung

Vorschriften§ 635, § 633

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