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23.02.2012

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.12.2011 – 6 K 129/10

Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG aufgrund einer Minderung der Bemessungsgrundlage hat im Falle von Preisnachlässen, die eine Einkaufsgenossenschaft (Zentralregulierer) ihren Mitgliedern zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto für den Warenbezug gewährt (sog. Zusatzskonto - vgl. BFH-Urteil vom 13.03.2008 V R 70/06, BStBl II 2008, 997), unter Berücksichtigung des für die von dem Zentralregulierer erbrachten Vermittlungsleistungen geltenden Regelsteuersatzes zu erfolgen. Ein „Durchgriff” auf den für die vermittelten Leistungen geltenden (teilweise) ermäßigten Steuersatz ist gesetzlich nicht vorgesehen und auch unter dem Gesichtspunkt der „Neutralität” der Umsatzsteuer nicht geboten.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG wegen der Weitergabe von Provisionen durch einen Zentralregulierer an seine Anschlusskunden.

1. Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Persönlich haftender Gesellschafter ist die A AG. Kommanditisten der Klägerin sind vor allem … regionale eingetragene Genossenschaften (eG) der A-Gruppe. Diese halten 97 % der Kommanditanteile; die übrigen 3 % werden von der A Bank und (gegenwärtig) … natürlichen Personen gehalten.

Die Klägerin betreibt als sog. Zentralregulierer das Warengeschäft von zurzeit … A-Großhandlungen und … weiteren Handelsunternehmen (sog. Anschlusskunden). Die Großhandlungen sind je zur Hälfte Tochtergesellschaften der als Kommanditisten an der Klägerin beteiligten eingetragenen Genossenschaften und einer (hundertprozentigen) Tochtergesellschaft der Klägerin. Auf die beiden von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.09.2011 vorgelegten Übersichten zur Unternehmensstruktur wird Bezug genommen (Bl. 43 und 44 der FG-Akte).

Zum Zwecke der Zentralregulierung schließt die Klägerin mit den Lieferanten ihrer Anschlusskunden sogenannte Verrechnungsabkommen. Darin verpflichtet sich die Klägerin, sich für den Absatz bestimmter Waren der Lieferanten einzusetzen und zudem im Wege des Schuldbeitritts das Delkredere und die Zentralregulierung für alle Lieferungen an die Anschlusskunden zu übernehmen, die unter das Abkommen fallen; für diese Geschäfte, bei denen es sich um Garantiegeschäfte i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG handelt, ist der Klägerin eine Genehmigung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen erteilt worden (s. Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 06.07.2010). Soweit diese Leistungen nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sind, hat die Klägerin gemäß § 9 UStG auf Steuerbefreiung verzichtet.

Die Verträge über die jeweiligen - zentralregulierten - Warenlieferungen werden unmittelbar und ausschließlich zwischen den Lieferanten und den Anschlusskunden geschlossen. Die Rechnungen für die Lieferungen werden von den Lieferanten auf den Namen des jeweiligen Anschlusskunden ausgefertigt und der Klägerin als zusammengefasste Sammelrechnungen übersandt. Die von der Klägerin an die Lieferanten geleisteten Zahlungen erfolgen mit schuldbefreiender Wirkung für die Anschlusskunden (zu den Zahlungsmodalitäten s. S. 3 f. der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 15.09.2011, Bl. 35 ff. der Gerichtsakte).

Die Klägerin erhält von den Lieferanten für die von ihr erbrachten Leistungen eine Provision in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes auf den Bruttowarenwert (Warenwert vor Abzug von Skonto und Boni zuzüglich berechneter Umsatzsteuer). Die Höhe dieser Provision wird mit den einzelnen Lieferanten individuell vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 15.04.2009 vorgelegte Muster-Verrechnungsabkommen und den Beispielsfall zur Erläuterung der Abläufe und Berechnungen Bezug genommen (Bl. 3 ff. der Sonderakte zur Umsatzsteuer).

Einen Teil der erhaltenen Provisionen gibt die Klägerin jeweils als sog. Verrechnungsvergütung (VVG) und Zusatzvergütung (ZVG) an die Anschlusskunden weiter. Schriftliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Großhandlungen liegen hierzu nicht vor; es gibt aber nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin eine seit wenigstens 1968 bestehende Praxis, die damals durch Gespräche mit der Finanzbehörde abgesichert worden war. Entsprechende Vereinbarungen sind mit den weiteren Handelsunternehmen (Kooperationspartnern) getroffen worden (sog. Verrechnungsvereinbarungen); die Klägerin hat hierzu als Muster eine am … 2009 getroffene Vereinbarung vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird (s. Anlagenband zur Gerichtsakte). Die Großhandlungen und die Kooperationspartner leisten keine Zahlungen an die Klägerin. Der Aufwand der Klägerin wird durch die Provisionszahlungen der Lieferanten abgegolten. Weder die VVG noch die ZVG sind von einem bestimmten Verhalten der Anschlusskunden (etwa der Einhaltung bestimmter Zahlungsfristen etc.) abhängig.

2. Von 1968 bis 1974 hatte die Klägerin die von ihr den angeschlossenen Genossenschaften gutgeschriebene VVG der Umsatzsteuer unterworfen. In einer 1974 abgehaltenen Besprechung der Umsatzsteuerreferenten von Bund und Ländern war dagegen die Auffassung vertreten worden, dass der VVG kein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen der Klägerin als Zentralregulierer und den Anschlusskunden zugrunde liege. In Abstimmung mit der Hamburger Finanzbehörde war daher von 1974 bis 1994 die VVG nicht mehr der Umsatzsteuer unterworfen worden.

Nach einer erneuten Besprechung gelangte man im Jahr 1994 übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Verrechnungsvergütung zu einem Bestandteil des Warenrabattes der Klägerin geworden sei, dass sie daher das Schicksal der zugrunde liegenden Warenlieferung teile und auch deren jeweiligem Steuersatz unterliege (s. Schreiben des Finanzamts für Körperschaften Hamburg-… vom 02.06.1994, Bl. 10 der Sonderakte zur Umsatzsteuer, Rückseite). Nach Auffassung der Klägerin war hierfür maßgeblich, dass sie damals neben der Zentralregulierung auch eigene Warengeschäfte mit den Empfängern der VVG betriebe habe. Die VVG wurde daher vom 01.01.1995 an wieder der Umsatzsteuer unterworfen.

Seit dem Jahr 2001 betreibt die Klägerin kein eigenes Warengeschäft mehr. Die bisherige Praxis in Bezug auf die Behandlung der VVG wurde gleichwohl fortgeführt. Das heißt, die sich aus der Weitergabe der VVG an die Anschlusskunden ergebende Entgeltminderung wurde mit dem Steuersatz der jeweils regulierten Ware behandelt.

3. Nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.03.2008 - V R 70/07 (BStBl. II 2008, 997) zu den umsatzsteuerrechtlichen Folgen einer Provisionsminderung bei der Zentralregulierung machte die Klägerin mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 15.04.2009 gegenüber dem Beklagten geltend, dass die sich aus der Weitergabe der VVG an die Anschlusskunden ergebende Entgeltminderungen mit dem Regelsteuersatz zu berücksichtigen seien.

Auf eine entsprechende Anfrage des Beklagten hin vertrat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 24.07.2009 die Auffassung, dass die Bemessungsgrundlage bei dem Zentralregulierer um den Vergütungsbetrag abzüglich der Umsatzsteuer zu mindern sei, die sich nach dem Umsatzsteuersatz berechne, der auf die Warenlieferung Anwendung finde; dies ergebe sich auch aus Abschnitt 224 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 10 Satz 15 ff UStR. Das BMF führte in seinem Schreiben aus, dass sich der BFH in seinem Urteil vom 13.03.2008 nicht ausdrücklich zu der Anwendung der in Frage kommenden Steuersätze geäußert habe; der BFH gehe jedoch unter Rdnr. 25 seines Urteils davon aus, dass sich die Behandlung des Preisnachlasses bzw. der Provisionsminderung innerhalb der Unternehmerkette im Gesamtergebnis neutral auswirke. Zu diesem Ergebnis komme man nur, wenn bei der Gewährung des Preisnachlasses der Umsatzsteuersatz zugrunde gelegt werde, der auf die Warenlieferung Anwendung finde. Ansonsten würde dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften gerade nicht der Steuerbetrag zufließen, der beim Weiterverkauf der an die Mitglieder der Einkaufsgenossenschaft gelieferten Waren an Endkunden im Endpreis enthalten sei. Dies hätte zur Folge, dass die Einkaufsgenossenschaft die Minderung der Bemessungsgrundlage teilweise zu einem anderen Steuersatz anmelden müsste als den Umsatz, den sie selbst ausgeführt habe.

Mit Schreiben vom 26.04.2010 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 bis 2008 zu ändern; es gehe dabei um Beträge von jährlich zwischen ca. … und … Mio. € (s. Berechnungen der Klägerin in dem genannten Schreiben, Bl. 34 ff. der Sonderakte zur Umsatzsteuer). Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 27.05.2010 ab. Die Klägerin legte dagegen am 31.05.2010 Einspruch ein. Dieser Einspruch ruht.

Ebenfalls am 31.05.2010 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuervoranmeldung für März 2010 zu ändern; die verbleibende Umsatzsteuer sei von … € auf … € zu reduzieren. Auf die von der Klägerin vorgelegte Berechnung wird Bezug genommen (Bl. 46 der Sonderakte zur Umsatzsteuer); die darin aufgeführten Zahlen sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 04.06.2010 ab.

Die Klägerin legte dagegen am 31.05.2010 Einspruch ein.

4. Am 17.06.2010 hat die Klägerin Sprungklage erhoben. Diese ist dem Beklagten am 22.06.2010 zugestellt worden. Der Beklagte hat der Sprungklage am 01.07.2010 zugestimmt.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor: Sowohl begrifflich als auch systematisch könne die Entgeltminderung nach § 17 Abs. 1 UStG nur zu dem Steuersatz des zu korrigierenden Entgelts erfolgen; denn Gegenstand der genannten Regelung sei allein die Änderung der ursprünglichen Bemessungsgrundlage und damit die Korrektur der ursprünglich entstandenen Steuer. Die Anwendung eines anderen Steuersatzes auf die Minderung des Entgelts sei gesetzlich nicht vorgesehen. Dies werde auch daran deutlich, dass Entgeltminderungen nach einer zwischenzeitlich eingetretenen gesetzlichen Änderung des Steuersatzes noch zum alten, eigentlich nicht mehr gültigen Steuersatz durchzuführen seien (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 11.08.2006, BStBl I 2006, 477, Rz. 26).

Die Klägerin beantragt, die als Steuerfestsetzung geltende Umsatzsteuervoranmeldung für März 2010 vom 07.05.2010 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von … € um … € auf … € herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wiederholt zur Begründung im Wesentlichen die von dem BMF mit Schreiben vom 24.07.2009 vertretene Auffassung und verweist im Übrigen auf den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 16.11.2010 hat der Beklagte mitgeteilt, dass sich die bisher für den streitigen Voranmeldungszeitraum festgesetzte Umsatzsteuer aufgrund einer berichtigten Voranmeldung der Klägerin zum 18.06.2010 auf … € erhöht hat.

Der Streitfall ist mit den Beteiligten erörtert worden; auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 15.09.2011 wird ebenfalls Bezug genommen, ebenso auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 12.12.2011.

Dem Gericht hat ein Band „Sonderakte” - Umsatzsteuerakten vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat der Beklagte, der am 22.06.2010 zugestellten Sprungklage mit Schriftsatz vom 01.07.2010 (Eingang bei Gericht) zugestimmt; dass dieser Schriftsatz irrtümlich, als Datum den 30.07.2010 ausweist, ist im Hinblick auf den unstreitigen Zugang bei Gericht unerheblich.

2. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

a) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so hat der Unternehmer, der einen Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.

aa) Der Umsatz wird nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt „bemessen”. Dieses ist Bemessungsgrundlage i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG. Zu diesem Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.

Die Höhe des Entgelts bestimmt sich nach dem zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt. Auf eine finale Verknüpfung von Entgelt und Leistung kommt es nicht an. Die Leistung des Unternehmers ist letztlich nur mit der Bemessungsgrundlage zu besteuern, die sich aus den vom Leistenden empfangenen Aufwendungen des Leistungsempfängers abzüglich der Umsatzsteuer und damit korrespondierend aufgrund der vom leistenden Unternehmer vereinnahmten Gegenleistung abzüglich der Umsatzsteuer ergibt. Dementsprechend spielt es auch keine Rolle, ob der Unternehmer einen von vornherein geminderten Preis fordert oder auf den zunächst vereinbarten Preis einen Abschlag gewährt (BFH-Urteil vom 17.12.2009 - V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869, mit weiteren Nachweisen).

bb) Nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH vermindert sich das Entgelt auch um solche Preisnachlässe, die ein in der Leistungskette beteiligter Unternehmer direkt dem Endverbraucher gewährt. Diese Interpretation des Begriffes „Entgelt” folgt dabei aus dem materiellen Charakter der Umsatzsteuer als Endverbrauchssteuer; sie darf daher nicht höher sein als der in dem Gesamtbetrag enthaltene Umsatzsteuerbetrag, den der Endverbraucher letztlich aufwendet (BFH-Urteil vom 12.01.2006 - V R 3/04, BStBl. II 2006, 479, mit weiteren Nachweisen).

Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (BFH vom 12.01.2006 a. a. O., mit weiteren Nachweisen).

cc) Auch Vermittlungsleistungen können nach dieser Rechtsprechung zu der für die Berichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz UStG relevanten Leistungskette gehören (BFH-Urteil vom 13.07.2006 - V R 46/05, BStBl. II 2007, 186).

Dementsprechend mindern etwa Preisnachlässe, die dem Telefonkunden von dem Vermittler des Telefonanbietervertrages gewährt werden, die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von dem Vermittler dem Telefonunternehmen gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung (BFH vom 13.07.2006 a. a. O.).

Gleichermaßen mindern Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft (Zentralregulierer) ihren Mitgliedern zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto für den Warenbezug gewährt (sog. Zusatzskonto), die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten in Form der sog. Zentralregulierung erbrachten Leistungen (vgl. BFH-Urteil vom 13.03.2008 - V R 70/06, BStBl. II 2008, 997).

dd) Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung und nimmt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug auf die genannten Urteile, insbesondere auf das BFH-Urteil vom 13.03.2008 (a. a. O.). Dementsprechend sind im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG erfüllt. Die Bemessungsgrundlage für die gegenüber den Lieferanten ausgeführten Umsätze der Klägerin hat sich geändert; denn die Klägerin hat ihren Anschlusskunden zusätzliche Preisnachlässe gewährt, wodurch sich die Provision der Klägerin gemindert hat.

b) Hinsichtlich der Rechtsfolge knüpft die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zunächst an die Bemessungsgrundlage an, die sich geändert hat, und bestimmt, dass der Unternehmer, der „diesen” Umsatz ausgeführt hat, den „dafür” geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen hat.

aa) Die Korrektur erfolgt somit auf der Ebene der Leistungsbeziehung, auf der es zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage gekommen ist. Dem Wortlaut nach hat die Korrektur nach dem Steuersatz zu erfolgen, dem „dieser” Umsatz gemäß § 12 UStG unterliegt. Ein wie auch immer gearteter Durchgriff auf einen anderen Umsatz innerhalb einer Leistungskette oder im Falle von Vermittlungsleistungen auf den vermittelten Umsatz bzw. auf die dafür jeweils geltenden Steuersätze sieht § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht vor.

Dementsprechend hat das FG Düsseldorf eine Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG sogar für den Fall angenommen, dass die vermittelten Leistungen nach § 25 Abs. 2 UStG umsatzsteuerfrei sind (Urteil vom 23.03.2011 - 5 K 3298/08 U, BB 2011, 2196). Gegen dieses Urteil, mit dem das FG Düsseldorf der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen hat (vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2006 - IV A 5 S 7200-86/06, BStBl. I 2007, 117 = UStR 2008 Abschnitt 224 Abs. 10; UStAE Abschnitt 17.2. Abs. 10), ist zwischenzeitlich Revision eingelegt worden (Aktenzeichen des BFH: V R 18/11).

bb) Auch in dem vorliegenden Streitfall ist nach Auffassung des erkennenden Senats kein Raum für eine Berücksichtigung des Umstands, dass die Leistungen, die die Lieferanten gegenüber den Anschlusskunden erbringen, teilweise dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Vermittlungsleistungen der Klägerin unterliegen dem Regelsteuersatz des § 12 Abs. 1 UStG; daher hat auch die Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG unter Berücksichtigung des Regelsteuersatzes zu erfolgen.

cc) Der von dem Beklagten angeführte Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Zum einen ist es Aufgabe des Gesetzgebers, diesen Grundsatz auszuformen und konkret festzulegen, in welcher Weise und in welchem Umfang dieser gewährleistet wird. Zum anderen lassen sich die von dem Beklagten befürchteten Vorsteuerüberhänge dadurch vermeiden, dass bei den Anschlusskunden eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgenommen wird (vgl. dazu auch EuGH-Urteil vom 15.10.2002 C-427/98, unter Rdnr. 66).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 155, 151 Abs.3 FGO, 708 Nr.10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

4. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, auch im Hinblick auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 23.03.2011 - 5 K 3298/08 U (BB 2011, 2196) bzw. auf das Revisionsverfahren Az. V R 18/11, zugelassen worden.

VorschriftenUStG § 10 Abs. 1, UStG § 17 Abs. 1

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