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17.01.2012

Landesarbeitsgericht München: Beschluss vom 07.12.2011 – 11 TaBV 74/11


Landesarbeitsgericht München

Im Namen des Volkes

BESCHLUSS

In dem Beschlussverfahren

mit den Beteiligten

1. A.

A-Straße, A-Stadt

2. C.

C-Straße, C-Stadt

3. E.

E-Straße, B-Stadt

- Antragsteller, Beteiligte zu 1 bis 3 und Beschwerdeführer -

Verfahrensbevollmächtigte:

zu 1 bis 3:

Rechtsanwälte B.

B-Straße, B-Stadt

4. Firma G.

G-Straße, G-Stadt

- Beteiligte zu 4 -

Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwälte H.

H-Straße, H-Stadt

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 7. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Neumeier und die ehrenamtlichen Richter Braun und Schild

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 20.07.2011 (Az.: 12 BV 264/10) wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Einsetzung eines Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl.

Die Beteiligte zu 4 unterhält in G-Stadt einen Betrieb mit ca. 120 Arbeitnehmern. Ein Betriebsrat besteht derzeit nicht.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben am 08.06.2010 zu einer Betriebsversammlung eingeladen.

Sie waren damals Arbeitnehmer der Beteiligten zu 4. In der Einladung zur Betriebsversammlung war unter Tagesordnungspunkt 3 vorgesehen, dass ein Wahlvorstand aus dem Kreis der Beschäftigten gewählt werden soll, der dann die Betriebsratswahl durchführen sollte. Insoweit sollte ein Vorsitzender des Wahlvorstands von der Versammlung gewählt werden.

Die Betriebsversammlung fand am 08.06.2010 statt. Bei der Wahl zum Wahlvorstand beteiligten sich 53 stimmberechtigte Mitarbeiter. Hierbei erhielt keiner der vorgeschlagenen Kandidaten für den Wahlvorstand die Mehrheit. Daraufhin stellte der Versammlungsleiter fest, dass kein Wahlvorstand gewählt worden sei.

Am 15.06.2010 stellten die Beteiligten zu 1 bis 3 bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts München den Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstands bei der Beteiligten zu 4 durch das Arbeitsgericht.

Die Beteiligte zu 4 kündigte dem Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom 25.08.2010 außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.01.2011.

Ebenfalls sprach sie gegenüber dem Beteiligten zu 2 mit Schreiben vom 02.09.2010 eine außerordentlich fristlose und mit weiterem Schreiben vom gleichen Datum hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.01.2011 aus.

Die Beteiligten zu 1 und 2 wurden seitdem im Betrieb der Beteiligten zu 4 in G-Stadt nicht mehr beschäftigt. Ihre Kündigungsschutzklagen waren in erster Instanz nicht erfolgreich.

Jeweils mit Endurteil der 25. Kammer vom 12.04.2011 wurden die Kündigungsschutzklagen abgewiesen. Gegen diese Endurteile haben die Beteiligten zu 1 und 2 Berufung zum Landesarbeitsgericht München eingelegt. Diese Berufungsverfahren sind noch rechtshängig.

Mit dem vorliegenden Verfahren verfolgen die Beteiligten zu 1 bis 3 weiterhin ihren Antrag auf Einsetzung eines Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht.

Sie waren erstinstanzlich der Auffassung, dass durch die Kündigungen der Beteiligten zu 1 und 2 die Antragsberechtigung im vorliegenden Verfahren nicht entfallen sei. Zwar stelle die Vorschrift des § 17 Abs. 4 BetrVG auf die Wahlberechtigung ab. Im Hinblick auf den Schutz der Betriebsratswahl und um zu verhindern, dass der Arbeitgeber durch unwirksame Kündigungen Einfluss auf die Betriebsratswahl nimmt, sei jedoch darauf abzustellen und für die Antragsberechtigung ausreichend, dass die Antragsteller ihre Wählbarkeit, also die passive Wahlberechtigung beibehalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei aber die Wählbarkeit durch Ausspruch der Kündigung nicht beeinträchtigt.

Insoweit sei es auch ausreichend, dass jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung die Wahlberechtigung bestanden habe. Darüber hinaus seien auch die Beteiligten zu 1 bis 3 und nicht etwa vonseiten der Beteiligten zu 4 vorgeschlagene Mitarbeiter als Wahlvorstände einzusetzen. Denn diese vonseiten des Arbeitgebers vorgeschlagenen Personen hätten sich gegenüber der Gründung eines Betriebsrats eher negativ geäußert.

Insoweit sei aufgrund deren Distanz zur Gründung eines Betriebsrats nicht gewährleistet, dass diese Personen bei der Durchführung der Betriebsratswahlen ihr Amt als Wahlvorstandsmitglied mit hinreichender Ernsthaftigkeit ausfüllen würden.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben erstinstanzlich beantragt:

1. Der Antragsteller zu 1 wird als Vorsitzender und die Antragsteller zu 2 und 3 als Beisitzende eines aus drei Personen bestehenden Wahlvorstands zur Durchführung der Betriebsratswahl ernannt.

2. Als Ersatzmitglied für den Vorsitzenden wird der Antragsteller zu 2, als Ersatzmitglied für die Beisitzer werden die Arbeitnehmer I. und J. bestellt.

Die Beteiligte zu 4 hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie war der Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei, da von den drei Antragstellern infolge der erklärten Kündigungen gegenüber zweien der Antragsteller keine hinreichende Antragsberechtigung mehr vorliege, da Voraussetzung für die Einsetzung eines Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht sei, dass drei wahlberechtigte Mitarbeiter einen entsprechenden Antrag gestellt hätten. Für die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren sei es aber erforderlich, dass die drei Antragsteller die aktive Wahlberechtigung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung besäßen. Da dies infolge der ausgesprochenen Kündigungen und der fehlenden Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter nicht der Fall sei, sei der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Im Übrigen seien in der Antragsschrift falsche Ergebnisse bezüglich der Wahl des Wahlvorstands aus der Betriebsversammlung mitgeteilt worden. Daher bestünden auch Zweifel daran, dass die Antragsteller die Gewähr dafür bieten würden, die Aufgaben des Wahlvorstands ordnungsgemäß wahrzunehmen. Insoweit sei vonseiten des Arbeitsgerichts der Wahlvorstand jedenfalls mit anderen Mitarbeitern aus dem Betrieb der Beteiligten zu 4 zu besetzen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschriften der ersten Instanz Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 20.07.2011 hat dieses den Antrag zurückgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass infolge der Kündigung und fehlenden Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 und 2 während des laufenden Verfahrens die Antragsbefugnis entfallen sei. Die Antragsberechtigung sei im Beschlussverfahren Verfahrensvoraussetzung und müsse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestehen. Die Beteiligten zu 1 und 2 hätten aber im Laufe des Beschlussverfahrens infolge der Kündigung und fehlenden Beschäftigung ihre Wahlberechtigung gem. § 7 BetrVG verloren. Zum einen würde § 17 Abs. 4 BetrVG auch hinsichtlich der Antragsbefugnis auf die Wahlberechtigung gem. § 7 Abs. 1 BetrVG abstellen und nicht nur auf die Wählbarkeit gem. § 8 Abs. 1 BetrVG.

Insoweit fehle die Antragsbefugnis. Zum anderen folge auch aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach gekündigte Mitarbeiter weiterhin wählbar seien, nichts anderes für den vorliegenden Fall. Denn die Wählbarkeit könne bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses in der Schwebe bleiben. Für § 17 BetrVG gelte Gleiches nicht. Insoweit spreche schon der Wortlaut dieser Norm dagegen. Zudem ergebe sich aus § 17 BetrVG für die Belegschaft eines Betriebs nur das Recht, einen Betriebsrat zu wählen und sich durch ihn vertreten zu lassen. Insoweit sei durch diese Norm nur die Verwirklichung des aktiven Wahlrechts erzwingbar, nicht aber das passive Wahlrecht, sodass auch für die Frage der Antragsbefugnis nur auf die aktive Wahlberechtigung abzustellen sei. Auch die Rechtsprechung zum Anfechtungsverfahren einer Betriebsratswahl, wonach das Ausscheiden eines Antragstellers aus dem Betrieb die Anfechtungsbefugnis nicht entfallen lasse, sei nicht entsprechend auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Denn auch wenn Antragsteller während des Verfahrens der Bestellung eines Wahlvorstands ausscheiden würden, könne die Belegschaft die Durchführung von Betriebsratswahlen weiterhin durchsetzen. Im Wahlanfechtungsverfahren hingegen sei dies dann nicht mehr möglich, sodass die Belegschaft möglicherweise tatsächlich durch einen nicht ordnungsgemäß gewählten Betriebsrat vertreten werde. Auch der Schutz der Betriebsratswahl vor Behinderung und Beeinflussung führe zu keinem anderen Ergebnis. Die für die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeführten Gründe, dass sich der Arbeitgeber über eine Kündigung Einfluss auf die Zusammensetzung des Betriebsrats verschaffen könne, griffen im vorliegenden Fall nicht ein. Denn der Arbeitgeber könne bei der Bestellung des Wahlvorstands durch den Ausspruch unberechtigter Kündigungen nur zeitweilig die Bildung eines Wahlvorstands verhindern, nicht aber die Besetzung des Betriebsrats beeinflussen. Die Belegschaft könne ebenso wie die betroffenen Arbeitnehmer nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage erneut die Bestellung eines Wahlvorstands betreiben und für die nicht mehr wahlberechtigten Arbeitnehmer könnten andere Mitarbeiter oder die Gewerkschaft in das Verfahren eintreten. Insoweit müsse der Schutz nicht wie in anderen Fällen ausgeweitet werden.

Gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts München, der den Beteiligten zu 1 bis 3 am 16.08.2011 zugestellt wurde, richtet sich ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 13.09.2011, beim Landesarbeitsgericht München am selben Tage eingegangen.

Sie begründen die Beschwerde damit, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht ihre Antragsberechtigung verneint habe und sind weiterhin der Auffassung, dass für die Bejahung der Wahlberechtigung gem. § 17 Abs. 4 BetrVG das passive Wahlrecht ausreichend sei. Um den Schutz der Betriebsratswahl vor Behinderung oder Beeinflussung durch den Ausspruch von unberechtigten Kündigungen zu verhindern, sei es gerechtfertigt, für die Bestellung von Wahlvorstandsmitgliedern die passive Wählbarkeit ausreichen zu lassen. Im Übrigen seien nicht die vonseiten des Arbeitgebers benannten Mitarbeiter als Wahlvorstandsmitglieder einzusetzen.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 beantragen:

1. Auf die Beschwerde vom 13.09.2011 hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München, Az. 12 BV 264/10, vom 20.07.2011, zugestellt am 16.08.2011, aufgehoben.

2. Der Antragsteller zu 1 wird als Vorsitzender und die Antragsteller zu 2 und 3 als Beisitzende eines aus drei Personen bestehenden Wahlvorstands zur Durchführung der Betriebsratswahl ernannt. Als Ersatzmitglied für den Vorsitzenden wird der Antragsteller zu 2, als Ersatzmitglied für die Beisitzer werden die Arbeitnehmer I. und J. bestellt.

Die Beteiligte zu 4 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Antrag als unzulässig abzuweisen sei, da die Antragsbefugnis fehle, nachdem diese für die Beteiligten zu 1 und 2 infolge deren Kündigung nicht wie erforderlich bis zur letzten mündlichen Verhandlung der Rechtsbeschwerdeinstanz bestehe. Nachdem die Antragsberechtigung nach § 17 Abs. 4 BetrVG an die Wahlberechtigung anknüpfe und wahlberechtigt nur Arbeitnehmer i. S. v. § 7 Abs. 1 BetrVG seien, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber standen und in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert seien, gekündigte Arbeitnehmer daher nicht mehr wahlberechtigt seien, wenn sie nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr beschäftigt würden, sei das Erfordernis der Antragsberechtigung nicht mehr gegeben. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 4 BetrVG werde auf die Wahlberechtigung i. S. d. § 7 Abs. 1 BetrVG abgestellt. Nicht ausreichend sei die Wählbarkeit des § 8 BetrVG. Auch soweit in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass gekündigte Mitarbeiter weiterhin gewählt werden könnten, würde in der entsprechenden Entscheidung gerade der Unterschied zwischen Wählbarkeit und Wahlberechtigung herausgestellt. Die Wahlberechtigung würde aber in der Rechtsprechung bei gekündigten Arbeitnehmern verweigert. Auch die Rechtsprechung zu den Anfechtungsverfahren sei nicht entsprechend anwendbar. Denn beim Scheitern eines Antrags gem. § 17 Abs. 4 BetrVG könnten drei wahlberechtigte Betriebszugehörige ohne weiteres erneut eine Betriebsversammlung einberufen, ggf. auch einen Bestellungsantrag stellen. Im Wahlanfechtungsverfahren hingegen wäre es nach dessen Scheitern nicht mehr möglich und würde ggf. ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat die Belegschaft vertreten. Entsprechend dem Anfechtungsverfahren müsse man bei dem Verfahren nach § 17 Abs. 4 BetrVG, würde man auf den Zeitpunkt der Wahl abstellen, auf einen Zeitpunkt in der Zukunft abzustellen haben. Diesbezüglich sei aber die Wahlberechtigung angesichts der Kündigungsschutzverfahren äußerst zweifelhaft. Auch sei die Rechtsprechung zum Schutz der Betriebsratswahl vor Beeinflussung nicht entsprechend anwendbar, da im vorliegenden Fall der Arbeitgeber durch die Kündigung keinen Einfluss auf die Besetzung des Betriebsrats nehmen könne. Im Falle des Bestellungsverfahrens gem. § 17 Abs. 4 BetrVG könne ein entsprechender Antrag später nachgeholt und somit die Betriebsratswahl nicht verhindert, sondern allenfalls verzögert werden.

Angesichts der Ergebnisse der Kündigungsschutzverfahren seien jedenfalls die Beteiligten zu 1 und 2 nicht in den Wahlvorstand zu bestellen, sondern andere Mitarbeiter der Beteiligten zu 4.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 07.10.2011 und 30.11.2011 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 07.12.2011 Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Die gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht nimmt insoweit Bezug auf die zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss (analog § 69 Abs. 2 ArbGG). Darüber hinaus ist im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerde Folgendes anzumerken:

a) Angesichts der Begründung der Beteiligten zu 1 bis 3 bezüglich der Beschwerde, die sich lediglich darauf beschränkt, die bereits vorgebrachten Argumente aus der ersten Instanz zu wiederholen, und angesichts der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts ist lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, dass nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Antragsberechtigung für das Beschlussverfahren, die sich nach § 17 Abs. 4 BetrVG richtet, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorliegen muss (vgl. BAG, Beschl. v. 21.11.1975 - 1 ABR 12/75). Angesichts der Tatsache, dass die Beteiligten zu 1 und 2 mittlerweile gekündigt sind und auch nicht mehr beschäftigt werden, somit es an der Eingliederung in den Betrieb fehlt, liegt jedenfalls die aktive Wählbarkeit nicht vor (vgl. BAG, Beschl. v. 10.11.2004 - 7 ABR 12/04). An dieser Tatsache ändern auch die erhobenen Kündigungsschutzklagen nichts. Angesichts der Tatsache, dass die Beteiligten zu 1 und 2 in der ersten Instanz im Rahmen ihrer Kündigungsschutzverfahren unterlegen sind, besteht auch kein Weiterbeschäftigungsanspruch, sodass ihnen jedenfalls das aktive Wahlrecht nicht mehr zusteht (vgl. LAG München, Beschl. v. 15.05.2007 - 7 TaBV 118/06).

b) Bereits das Arbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 BetrVG jedenfalls die Wahlberechtigung maßgebend ist, welche sich gesetzlich definiert in § 7 Abs. 1 BetrVG befindet. Insofern stellt sich allenfalls die Frage, ob die Tatsache, dass das Bundesarbeitsgericht hinsichtlich einer gleichlautenden Norm zur Anfechtung einer Betriebsratswahl, nämlich zu § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, die Ansicht vertreten hat, dass insoweit das Vorliegen der Wahlberechtigung zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl ausreichend und der Verlust der Wahlberechtigung im laufenden Verfahren unschädlich ist, übertragbar ist. Das Arbeitsgericht hat auch hier mit überzeugenden Argumenten eine vergleichbare Situation verneint. Zu Recht hat es darauf hingewiesen, dass es im Falle einer Wahlanfechtung wegen einer andersgearteten Situation gerechtfertigt erscheint, das Vorliegen der Wahlberechtigung zum Zeitpunkt der Einleitung der Betriebsratswahl als ausreichend anzusehen. Denn im Falle der Anfechtung wäre angesichts der Anfechtungsfristen ein Ausscheiden von Mitarbeitern tatsächlich insoweit schädlich, als nachträglich eine Anfechtung durch andere Personen nicht mehr möglich wäre. Damit würde sich tatsächlich der Zustand einer möglicherweise nicht ordnungsgemäß abgelaufenen Betriebsratswahl perpetuieren und ein Betriebsratsgremium die Belegschaft vertreten, das an sich zur Vertretung wegen Verletzung von Wahlvorschriften nicht berechtigt wäre. Im vorliegenden Verfahren ist die Situation aber nicht vergleichbar. Hier kann durch den Eintritt anderer Mitarbeiter oder auch nach rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung der Beteiligten zu 1 und 2 erneut der Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstands gestellt und somit eine Vertretung durch einen Betriebsrat erreicht werden.

Insofern besteht auch keine Notwendigkeit dafür, allein auf die Wahlberechtigung im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens oder etwa zum Zeitpunkt der Durchführung der Wahl abzustellen. Im Übrigen würde, würde man die Rechtsprechung zur Anfechtung der Betriebsratswahl wortgetreu übernehmen, tatsächlich auf den Zeitpunkt der Durchführung der Wahl abzustellen sein. Im Rahmen des Wahlanfechtungsverfahrens mag dies angemessen sein, da die Beteiligten zu 1 bis 3 hier zu dem Zeitpunkt, als die Wahl stattgefunden hat, wahlberechtigt waren und somit auch in ihrem Interesse die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratswahl festzustellen ist. Im vorliegenden Fall hingegen würde ein nicht näher zu bestimmender Zeitpunkt in der Zukunft maßgeblich sein. Dieser Zeitpunkt kann, da eine Wahl erst nach Bestellung des Wahlvorstands durchgeführt werden kann, nicht exakt bestimmt werden. Insoweit kann auch nicht gesagt werden, ob die Beteiligten zu 1 bis 3 tatsächlich in diesem Zeitpunkt die Wahlberechtigung haben und überhaupt noch ein Interesse für sie daran besteht, eine Betriebsratswahl durchgeführt zu erhalten, da nicht feststeht, ob sie zu dem dann in der Zukunft liegenden Zeitpunkt noch betriebsangehörig sind und insoweit überhaupt ein Interesse an einer Vertretung durch den Betriebsrat haben.

c) Auch der Schutz der Betriebsratswahl vor Beeinflussung führt nicht dazu, dass es angebracht wäre, lediglich auf die passive Wählbarkeit abzustellen. Das Arbeitsgericht hat auch insoweit bereits darauf hingewiesen, dass hier keine vergleichbare Schutznotwendigkeit besteht. Während im Falle von Kündigungen von Wahlbewerbern die Möglichkeit bestünde, dass der Arbeitgeber auf die Zusammensetzung des Betriebsrats Einfluss nimmt, gilt für das vorliegende Verfahren nicht Gleiches. Denn bei der Wählbarkeit von gekündigten Mitarbeitern könnte, wenn man deren passive Wählbarkeit neben der aktiven Wählbarkeit ebenfalls verneinen würde, ein entsprechender Fehler, d. h. die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung, dazu führen, dass die Wahlbewerber letztlich nicht mehr Mitglieder des Betriebsrats werden können. Im vorliegenden Falle hingegen kann später, wenn sich die Unwirksamkeit der Kündigung herausgestellt hat, tatsächlich der Fehler noch korrigiert werden dadurch, dass die gekündigten Mitarbeiter ihren Antrag erneut wiederholen und somit die Bestellung des Wahlvorstands und die Durchführung der Betriebsratswahl erreichen können. Des Weiteren besteht auch, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, die Möglichkeit, dass auch andere Mitarbeiter an die Stelle der gekündigten Mitarbeiter treten und insoweit die Bestellung des Wahlvorstands betreiben. Gleiches gilt auch für eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Insoweit besteht also auch in diesem Fall nicht die Notwendigkeit, den Schutz über den Wortlaut des Gesetzes hinaus weiter auszudehnen. Hinzukommt auch, dass man berücksichtigen muss, dass im Falle einer später sich als berechtigt herausstellenden Kündigung Mitarbeiter eines Betriebs, die im Zeitpunkt der Betriebsratswahl gar nicht mehr Mitarbeiter des Betriebs sind, die Betriebsratswahl für ein Gremium erreichen können, durch das sie später überhaupt nicht vertreten werden. Angesichts dieses Umstands und der Tatsache, dass in der restlichen Belegschaft unter Umständen der Wunsch nach Vertretung durch einen Betriebsrat überhaupt nicht vorhanden ist, würde insoweit ein Betriebsrat zugunsten von Mitarbeitern gewählt, die später nicht mehr betriebsangehörig sind und daher kein Interesse mehr an einer Vertretung durch diesen Betriebsrat haben. Insoweit muss es der restlichen Belegschaft überlassen bleiben, sich zu entscheiden, ob man tatsächlich weiterhin die Bestellung eines Wahlvorstands und die Wahl eines Betriebsrats betreiben will.

Dies auch angesichts der Tatsache, dass eine Betriebsratswahl auch Kosten verursacht und diese vermieden werden können, wenn die restliche Belegschaft gar keine Betriebsratswahl wünscht. Da somit anders als bei der Zusammensetzung des Betriebsrats tatsächlich kein maßgeblicher Einfluss auf die Betriebsratswahl durch evtl. ungerechtfertigte Kündigungen erreicht werden kann, weil die ungerechtfertigt gekündigten Mitarbeiter nach Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung das Verfahren weiter betreiben können, besteht keine Notwendigkeit, allein auf die passive Wählbarkeit abzustellen. Insoweit war daher der Antrag abzuweisen und die Beschwerde mangels Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.

3. Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung wird insoweit verwiesen.

Neumeier
Braun
Schild

VorschriftenBetrVG § 7, BetrVG § 8, BetrVG § 17 Abs. 4

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