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21.04.2011

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 20.08.2010 – 8 Sa 2849/09; 8 Sa 700/10


In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 8. Kammer,

auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 2010

durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht A.-G.

als Vorsitzende

sowie die ehrenamtlichen Richter Herr B. und Herr E.

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin - 56 Ca 10745/09 - vom 21.10.2009 werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen.

III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Ministerium der Verteidigung an den Kläger eine Ministerialzulage zu zahlen.

Der Kläger steht zur Beklagten seit 1997 in einem Arbeitsverhältnis, auf das der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und der Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 Anwendung finden.

Bis zu seiner Abordnung mit dem Ziel der Versetzung mit dem Schreiben vom 14. August 2007 (Anlage B2, Bl. 32 d. A.) aufgrund seiner Bewerbung auf den Dienstposten eines Bürosachbearbeiters im Bundesministerium der V. im Informationstechnischen Zentrum im Referat Org war der Kläger bei dem Jagdgeschwader 73 "S" am Dienstort L. beschäftigt. Zeitgleich mit der Abordnung erfolgte eine Gestellung zur B.-I. GmbH (im Folgenden: B.-IT GmbH). Mit Wirkung zum 1. Oktober 2007 wurde der Kläger mit dem Schreiben vom 11. Februar 2008 zum Bundesministerium der V. versetzt, die Gestellung blieb davon unberührt. Der Kläger ist seit seiner Abordnung ununterbrochen im Gebäude des Ministeriums der V. als Systemadministrator tätig.

Mit dem Schreiben vom 23. Oktober 2008 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos die Zahlung einer Ministerialzulage geltend.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wurde der Kläger in das Bundesamt für I. und I. (im Folgenden: IT-Amt Bw) versetzt (Schreiben vom 8. Dezember 2008, Anlage B4, Bl. 35 d. A.).

Auf die am 9. Juni 2009 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt hat, hat das Gericht durch das Urteil vom 21. Oktober 2009 wie folgt erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 873,04 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2009 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 4/5, die Beklagte zu 1/5.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.928,68 € festgesetzt.

und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne gem. § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte bei obersten Bundesbehörden vom 4. November 1971 die Zahlung einer Ministerialzulage in Höhe von monatlich 109,13 € brutto - soweit innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist mit dem Schreiben vom 29. Oktober 2008 geltend gemacht - für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Dezember 2008 beanspruchen, da er seit der Versetzung zum Bundesministerium der V. bis zur Versetzung zum IT-Amt Bw die Voraussetzung einer "Verwendung bei obersten Bundesbehörden" im Sinne der Auslegung gem. § 42 Abs. 3 BBesG erfülle, da er in dieser Zeit einer obersten Bundesbehörde organisatorisch zugeordnet gewesen sei und eine herausgehobene Funktion wahrgenommen habe, denn er habe im Rahmen der Personalgestellung nicht anderweitige, sondern ursprüngliche Aufgaben des Bundesministeriums bei einem Dritten wahrgenommen. Der Anspruch komme im Hinblick auf das formale Kriterium der organisatorischen Zuordnung dagegen nur für die Dauer der Versetzung zum B.ministerium in Betracht. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 51 - 53 d. A.) verwiesen.

Gegen das der Beklagten am 7. Dezember 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Dezember 2009 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung, die die Beklagte mit einem nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. März 2010 am 5. März 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte hält einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Ministerialzulage für nicht gegeben, weil der Kläger in dem gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum der Gestellung auf der Grundlage des Personalgestellungsvertrages vom 28. Dezember 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der B.-IT GmbH (Anlage BB1, Bl. 92 ff. d. A.) deren Direktionsrecht unterlegen habe und deshalb nicht bei einer obersten Bundesbehörde verwendet worden sei. Es fehle bereits an der Übertragung einer die Ministerialzulage rechtfertigenden Tätigkeit in einer obersten Bundesbehörde, wie auch die "Versetzung" zum IT-Amt Bw nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 14.12.2009 - 6 P 16.08) nicht als eine echte Versetzung im beamten- und tarifrechtlichen Sinn, sondern lediglich als eine organisatorische Zuordnung anzusehen sei. Ferner stehe - auch nach Sinn und Zweck der Ministerialzulage - die arbeitsrechtliche Personalgestellung dem Anspruch entgegen, da die gestellten Arbeitnehmer Arbeitsleistungen für den Gestellungsempfänger und nicht für den gestellenden Arbeitgeber ausführten. Dies ergebe sich auch aus § 4 Abs. 3 TVöD, der nicht nur die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung begründe, den Arbeitnehmer ferner verpflichte, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen bei dem Dritten zu erbringen, was zwingend die Tätigkeit in einer obersten Bundesbehörde ausschließe.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21.10.2009 - 56 Ca 10745/09 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger, dem die Berufungsbegründungsschrift am 11. März 2010 zugestellt worden ist, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

sowie mit der am 30. März 2010 mit gleichzeitiger Begründung bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Anschlussberufung,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31. Dezember 2008 an den Kläger eine monatliche Ministerialzulage in Höhe von 109,13 € brutto zu zahlen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit seiner Klage stattgegeben wurde, hält weiterhin einen Anspruch auf Zahlung der Ministerialzulage - auch über den 31. Dezember 2008 hinaus - für gegeben und meint, das Bundesverwaltungsgericht habe klargestellt, dass der Bund für den zugewiesenen Personenkreis Dienstherr bzw. Arbeitgeber bleibe, während die Aufgabenerledigung im Kooperationsbetrieb nach Weisungen des dortigen Arbeitgebers stattfänden, die zulagenbegründete Verwendung sei damit weiterhin beim Ministerium angesiedelt.

Die Beklagte und Anschlussberufungsbeklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen

und hält einen Anspruch des Klägers auch für die Zeit nach dem 31. Dezember 2008 für nicht gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung vom 5. März 2010 (Bl. 81 - 91 d. A.), der Berufungsbeantwortung und Anschlussberufungsbegründung vom 30. März 2010 (Bl. 130 - 134 d. A.) und des Schriftsatzes der Beklagten vom 22. April 2010 (Bl. 137 - 138 d. A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Anschlussberufung des Klägers ist innerhalb der Frist gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung der Ministerialzulage für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Dezember 2008 verurteilt und die weitergehende Feststellungsklage abgewiesen, denn dem Kläger stand auch nach Auffassung des Berufungsgerichts für die Zeit seiner organisatorischen Zuordnung zur Beklagten auf der Grundlage der Versetzung mit dem Schreiben vom 11. Februar 2008 eine Ministerialzulage zu, während dieser Anspruch mit der Versetzung zum IT-Amt Bw mit dem Schreiben vom 8. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 entfiel. Das Berufungsgericht schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Urteil an und sieht von einer wiederholenden Darstellung ab (§ 64 Abs. 2 ArbGG).

Die Angriffe von Berufung und Anschlussberufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen.

1. Für die Dauer seiner Zugehörigkeit zum Bundesministerium der V. erfüllte der Kläger die Voraussetzungen der Gewährung einer Ministerialzulage gem. § 2 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags über Zulagen an Angestellte bei obersten Bundesbehörden vom 4. November 1971, denn - ausgehend von der Verweisung auf Nr. 6 S. 2 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT - erfüllte ein vergleichbarer Beamter die Voraussetzungen der Vorbemerkung Nr. 7 Abs. 1 zu BBesO A/B, da er bei einer obersten Bundesbehörde verwendet wurde. Dieser erfüllte die Voraussetzungen der Stellenzulage im Sinne von § 42 Abs. 3 BBesG, denn ihm war eine herausgehobene Funktion übertragen worden, die er tatsächlich ausgeübt hat.

Mit der Versetzung des Klägers zum Bundesministerium der Verteidigung war ihm eine derartige Funktion übertragen worden und der Kläger hat diese trotz seiner Gestellung zur B.-IT GmbH auf der Grundlage des Personalgestellungsvertrages vom 28. Dezember 2006 auch tatsächlich ausgeübt. In § 1 (1) des Personalgestellungsvertrages ist geregelt, dass die Personalgestellung nach Maßgabe des Grundsatzes "das Personal folgt der Aufgabe" erfolgt und endet, wenn die Aufgabenwahrnehmung von der Gesellschaft an die Bundeswehr zurückfällt. Gem. § 2 (1) des Gestellungsvertrages bestehen die Rechtsverhältnisse der Mitarbeiter unverändert fort und werden durch die Gestellung im Übrigen nicht berührt. Eine andere rechtliche Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 3 TVöD, der den Beschäftigten bei Verlagerung von Aufgaben zu einem Dritten verpflichtet, die geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen, zugleich aber regelt, dass das Arbeitsverhältnis weiter besteht. Wenn somit durch die Personalgestellung eine Aufgabenverlagerung bei unverändert bestehenden arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten der Parteien stattfindet, so bleiben die übrigen Arbeitsbedingungen des Beschäftigten, mithin auch die Verpflichtung zur Zahlung einer Ministerialzulage davon unberührt, so dass der Kläger die Zahlung der Zulage für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Dezember 2008 beanspruchen kann.

2. Mit der Versetzung des Klägers zum IT-Amt Bw mit Wirkung zum 1. Januar 2009 endete seine organisatorische Zuordnung zu einer obersten Bundesbehörde im Sinne des § 42 Abs. 3 BBesG, so dass damit eine der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte bei obersten Bundesbehörden entfiel. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es - anders als im vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf das Wahlrecht zum Personalrat entschiedenen Fall (Beschluss vom 14.12.2009 - 6 T 16.08) - wegen der streng formalistisch ausgestalteten Voraussetzungen der Gewährung der Ministerialzulage auf die rein organisatorische Zuordnung des Arbeitsverhältnisses zu einer obersten Bundesbehörde und nicht auf eine Eingliederung des Arbeitnehmers in einen Betrieb des Arbeitgebers an.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war für beide Parteien wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

VorschriftenTarifvertrag über Zulagen an Angestellte bei obersten Bundesbehörden (vom 04.11.1971)

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