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23.03.2011 · IWW-Abrufnummer 110835

Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 28.05.2010 – 17 WF 134/10 und 17 WF 135/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


17 WF 134/10
17 WF 135/10
2 F 297/10 AG Tuttlingen

Oberlandesgericht Stuttgart

Beschluss

Vom 28. Mai 2010

In der Familiensache betreffend die Regelung des Umgangs für die Kinder XXX

hier: Anwaltsbeiordnung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe

hat der 17. Zivilsenat – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart

durch XXX beschlossen:
I.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Tuttlingen – Familiengericht – vom 04.05.2010 (2 F 297/10) mit der Maßgabe

abgeändert,

dass dem Antragsteller die von ihm ausgewählte Rechtsanwältin XXX beigeordnet wird.

II.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tuttlingen – Familiengericht – vom 10.05.2010 (2 F 297/10) mit der Maßgabe

abgeändert,

dass der Antragsgegnerin die von ihr ausgewählte Rechtsanwältin XXX beigeordnet wird.

III.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die sofortigen Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts, durch die die Beiordnungen von Rechtsanwälten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe abgelehnt worden sind, sind statthaft und zulässig und haben auch in der Sache Erfolg.

In Familiensachen des § 111 Nr. 2 FamFG (Kindschaftssachen), zu denen auch Verfahren gehören, die das Umgangsrecht betreffen (§ 151 Nr. 2 FamFG), ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben (§ 114 Abs. 1 FamFG). Hierauf hat das Amtsgericht zurecht hingewiesen. Dem Amtsgericht ist auch zuzustimmen, dass § 78 Abs. 2 FamFG die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur in qualifizierten Ausnahmefällen zulässt. Gegenüber der in § 121 Abs. 2 ZPO enthaltenen Regelung, wonach eine Anwaltsbeiordnung veranlasst ist, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, enthält § 78 Abs. 2 FamFG tatsächlich eine erschwerende Neuregelung, wenn dort ein Beiordnung nur noch wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage vorgesehen ist (OLG Stuttgart, 17 WF 130/10, Beschluss vom 21.05.2010). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BGH, FamRZ 2009, 857).

Neben objektiven Kriterien, wie Umfang und Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, bestimmt sich die Erforderlichkeit auch an subjektiven Kriterien (Keidel/Zimmermann, FamFG § 78 Rn. 4; Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, FamFG § 78 Rn. 4; OLG Düsseldorf, NJW 2010, 1211 unter Bezugnahme auf die nach altem Recht ergangene Entscheidung des BGH, FamRZ 2009, 857; OLG Zweibrücken, NJW 2010, 1212). Hierzu zählt die Ausdrucksfähigkeit der Partei, ihre Gewandtheit und geistige Befähigung, ihr Rechtsanliegen dem Gericht schriftlich oder mündlich ausreichend und ohne Gefahr einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung darzustellen (BVerfG FamRZ 2004, 213; BGH FamRZ 2003, 1547 und 1921).

Ausgehend von diesen allgemeinen Kriterien hält der Senat in Betrachtung des Einzelfalls die Beiordnung eines Rechtsanwalts für beide Beteiligte für erforderlich.

Zwischen den beteiligten Eltern besteht seit der Trennung im August 2009 Uneinigkeit über den Umgang des Antragstellers mit den gemeinsamen Söhnen.

Der Antragsteller beklagt, dass er seine Kinder seit der Trennung lediglich dreimal gesehen hat. Nur unter Druck von Anwälten werde ihm das Umgangsrecht, wenn auch nur unregelmäßig und ohne Rücksicht auf seine zeitliche Planung eingeräumt.

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass sich der Antragsteller nicht um seine Kinder gekümmert hat. Sie beklagt auch sein unbeherrschtes Verhalten in Gegenwart der Kinder, die darauf verstört reagieren würden. Solange der Antragsteller nicht gelernt habe, dass er die Auseinandersetzungen mit ihr nicht auf dem Rücken der Kinder austragen dürfe, sei ein Umgang für das Kindeswohl nicht förderlich.

Im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung wurde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 25.01.2010 auch der Umgang thematisiert. Der Versuch, eine für beide Seiten annehmbare und einvernehmliche Regelung zu finden, ist offenbar fehlgeschlagen. Die Antragsgegnerin hat nun ihre Sorge über die gesundheitliche Verfassung des Antragstellers geäußert, der nach ihrer Wahrnehmung zeitweilig nicht wisse, was er tut.

Auch das bereits im Wohnungszuweisungsverfahren beteiligte Jugendamt vermochte keinen vermittelnden Vorschlag zur Abwendung einer gerichtlichen Auseinandersetzung über den Umgang mit den Kindern zu machen.

In Anbetracht dieser Ausgangslage ist die Sach- und Rechtslage im vorliegenden Verfahren durchaus schwierig und gibt hier Anlass zur Beiordnung eines Anwalts. Beide Eltern sind emotional sehr stark in dieses Verfahren eingebunden und machen den jeweils anderen Elternteil allein dafür verantwortlich, das kein regelmäßiger Umgang stattfindet. Im Interesse der Kinder werden die Gestaltungsmöglichkeiten eines regelmäßigen Umgangs zu prüfen und zu erörtern sein. Dies gebietet auch die Abwehr einer etwaigen Kindeswohlgefährdung. Die rechtsunkundigen Parteien erscheinen hiermit überfordert zu sein.

Den Rechtsanwälten kommt dabei auch die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes zu. Letztlich ist auch eine Versachlichung des Konflikts durch anwaltlichen Beistand erwünscht und geboten.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).

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