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23.02.2011

Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Urteil vom 23.08.2010 – 9 Sa 1616/09

1) Die arbeitsvertragliche Bezugnahme der Dienstvertragsordnung erfasst alle Arbeitsrechtsregelungen iSd Mitarbeitergesetzes.

2) Der Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung wird durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag hergestellt, weil die DVO keine normative Wirkung entfaltet.


In dem Rechtsstreit

Klägerin und Berufungsklägerin,

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2010 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Graubner,

die ehrenamtliche Richterin Frau Freiknecht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.11.2009, Az.: 13 Ca 22/09, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 761,05 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 57 %, die Beklagte zu 43 % zu tragen.

3.

Die Revision wird für die Beklagte, jedoch nicht für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Einmalzahlung für das Jahr 2008 in unstreitiger Höhe. Die Klägerin ist auf Grund ihres Dienstvertrages (Bl.6 f. d. A.) seit 01.01.1992 als Mitarbeiterin zunächst des Vereins für Gemeindediakonie A-Stadt e.V., nach Rechtsnachfolge der Beklagten mit einer monatlichen Mindestarbeitszeit von zuletzt 140 Stunden beschäftigt. § 2 des Dienstvertrages lautet:

"Für das Dienstverhältnis gelten das gemeinsame Mitarbeitergesetz vom 14.03.1978 (kirchliches Amtsblatt D-Stadt Seite 33 und die Dienstvertragsordnung vom 16.05.1983 (kirchliches Amtsblatt D-Stadt Seite 65) in der jeweils geltenden Fassung."

Die für die Ausgestaltung der Dienstvertragsordnung zuständige Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission hat am 10.06.2008 u. a. folgenden Beschluss gefasst:

"Arbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und Ausgeichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008

vom 10. Juni 2008

Aufgrund des § 15a des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Mitarbeitergesetz - MG) vom 11. März 2000 (Kirchl. Amtsbl. D-Stadt S. 92), zuletzt geändert durch das Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen zur Änderung des Mitarbeitergesetzes vom 10. März 2007(Kirchl. Amtsbl. D-Stadt S. 131), hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission Folgendes beschlossen:

Artikel 1

60. Änderung der Dienstvertragsordnung

Auf Grund des § 26 Abs. 2 des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Mitarbeitergesetz - MG) vom 11. März 2000 (Kirchl. Amtsblatt D-Stadt Seite 92), zuletzt geändert durch das Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen zur Änderung des Mitarbeitergesetzes vom 10. März 2007 (Kirchl. Amtsblatt D-Stadt Seite 131), hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2000 (Kirchl. Amtsblatt D-Stadt Seite 161), zuletzt geändert durch die 59. Änderung der Dienstvertragsordnung vom 26. November 2007 (Kirchl. Amtsblatt D-Stadt Seite 242), wie folgt geändert:

2. Es wird folgender § 2b eingefügt:

"§ 2 b

Zuwendungstarifverträge

Die Tarifverträge über eine Zuwendung sind nicht anzuwenden".

2. ....

Artikel 2

Arbeitsrechtsregelung

über Einmal- und Ausgleichszahlungen und

die Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008

(ARR - Einmalzahlungen)

§ 1

Einmalzahlung im Jahr 2008

(1) Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnis unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung fällt, erhalten mit den Bezügen für den Monat Juli 2008 folgende Einmalzahlung:

Mitarbeiterinnen in den Vergütungs-/Lohngruppen

VergGr. X bis Vc,

VergGr. Kr. I bis Va,

LohnGr. 1 bis 8

910 Euro

VergGr. Vb bis III,

VergGr. Iib,

VergGr. Iia nach Aufstieg aus VergGr. III und

künftiger Zuordnung zur E 12,

VergGr. Kr. VI bis XIII,

LohnGr. 9

610 Euro

VergGr. IIa (ohne Aufstieg aus VergGr. III),

VergGr. Ib bis I

210 Euro

(2) Mitarbeiterinnen, auf deren Dienstverhältnis einer der nachstehenden Tarifverträge Anwendung findet

a) Manteltarifvertrag für Auszubildende (Mantel-TV Azubi),

b) Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen/Praktikanten (TV Prakt),

erhalten mit den Bezügen für den Monat Juli 2008 eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro.

(3) ...

(4) ...

(4) ...

§ 2

Ausgleichszahlung für das Jahr 2008

(1) Die Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnis unter den Geltungsbereicht der Dienstvertragsordnung fällt, erhalten eine Ausgleichszahlung für jeden Kalendermonat des Jahres 2008 in Höhe von 2,9 v. H. (= 34,8 v. H.) der Bemessungsgrundlage nach Absatz 2. Die Auszahlung erfolgt in zwei Teilbeträgen, mit den Bezügen für den Monat August 2008 für das erste Kalenderhalbjahr 2008 und mit den Bezügen für den Monat Dezember 2008 für das zweite Kalenderhalbjahr 2008.

(2) ....

(3) ...

§ 3

Jahressonderzahlung 2008

(1) Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnis unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung fällt und die am 1. Dezember 2008 im Dienstverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

(2) Die Jahressonderzahlung beträgt bei Mitarbeiterinnen in den Vergütungs-/Lohngruppen

..... ."

§ 15 a des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Mitarbeitergesetz-MG) vom 11.03.2000 in der Fassung vom 10.03.2000 lautet:

"Arbeitsrechtsregelungen

(1) Arbeitsrechtsregelungen sind die Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechlichen Kommission in den Fällen der §§ 22 und 26 sowie die im Wege des § 27 übernommenen Regelungen, ferner die Beschlüsse und Entscheidungen der Schlichtungskommission nach § 29 sowie die Regelungen, die durch einstimmige Annahme eines Beschlusses der Schlichtungskommission gemäß § 29 Abs. 5 zustande kommen.

(2) Arbeitsrechtsregelungen nach § 1 sind verbindlich und wirken normativ.

(3) Es dürfen nur Dienstverträge abgeschlossen werden, die den Arbeitsrechtsregelungen nach Absatz 1 entsprechen."

In dem Mitarbeitergesetz vom 14.03.1978 war § 15 a nicht enthalten.

Mit am 13.01.2009 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangener Klage, der Beklagten am 17.01.2009 zugestellt, verlangt die Klägerin die ihr anteilig in unstreitiger Höhe zustehende Einmalzahlung für das Jahr 2008 sowie die Feststellung der Anwendung der Beschlüsse der arbeits- und dienstrechtlichen Kommission auf ihr Arbeitsverhältnis.

Sie hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 761,05 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin die Einmalzahlung 2008 nicht zustehe, weil sie nicht unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung falle. Auch aus der vertraglichen Bezugnahme der Dienstvertragsordnung ergebe sich nichts Anderes, weil Artikel 2 des Beschlusses der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission vom 10.06.2008 nicht Teil der Dienstvertragsordnung sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Für den Inhalt der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 24.11.2009 verwiesen.

Gegen das der Klägerin am 26.11.2009 zugestellte Urteil wendet sich ihre am 18.12.2009 per Fax-Schriftsatz eingegangene Berufung, die mit am 26.01.2010 eingegangenem Fax-Schriftsatz begründet wurde.

Die Klägerin verweist zunächst darauf, dass der Arbeitsvertrag als allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle unterliege. Sie behauptet, dass bislang immer alle Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission auf ihr Arbeitsverhältnis angewendet worden seien. Aus der Inbezugnahme des Arbeitsvertrages auf die Dienstvertragsordnung folge, dass sie auch unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung falle. Dies gelte schon deswegen, weil die Dienstvertragsordnung keine normative Wirkung habe. Hinsichtlich des Feststellungsantrages vertritt sie die Auffassung, dass es sich nicht um einen Globalantrag handele, weil grundsätzlich alle Beschlüsse auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden seien, unabhängig davon welche konkrete inhaltliche Regelung sie im Einzelfall hätten.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.11.2009

(Az.: 13 Ca 22/09)

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 761,05 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung. Auf den Schriftsatz vom 01.04.2010 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A)

I. Die Berufung, die sich gegen die Abweisung des Klageantrages zu 1 richtet, ist ohne Weiteres zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Die Statthaftigkeit der Berufung im Sinne des § 64 Abs. 2 b ArbGG folgt daraus, dass die Klägerin insgesamt auf Grund der Abweisung des Feststellungsantrages mit einem Wert des Beschwerdegegenstandes, der 600,00 Euro übersteigt, beschwert ist. Der Feststellungsantrag ist vom Arbeitsgericht zutreffend mit 1.000,00 Euro festgesetzt worden. Insgesamt ist die Klägerin mit 1.544,00 Euro beschwert.

II. Die Klägerin hat Anspruch auf die Einmalzahlung für das Jahr 2008 in unstreitiger Höhe. Der Anspruch folgt aus § 2 des Dienstvertrages der Klägerin i. V. m. Artikel 2 § 1 Abs. 1 des Beschlusses der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission über die Arbeitsrechtsregelungen vom 10.06.2008.

1. Die Höhe des eingeklagten Betrages ist unstreitig und rechnerisch zutreffend. Die Klägerin ist in Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppiert, so dass ihr entsprechend ihrer Arbeitszeit 140/167 Einmalzahlung von 910,00 Euro zustehen.

2. Der Anspruch ist innerhalb der Ausschlussfrist gemäß § 35 der Dienstvertragsordnung geltend gemacht worden.

3. Der Anspruch folgt aus der Inbezugnahme der Dienstvertragsordnung in § 2 des Dienstvertrages.

a) Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages. Bei der Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, die der Inhaltskontrolle entsprechend den §§ 305 ff. BGB unterliegt. Die Bezugnahmeklausel ist nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle zugänglich, da die Verweisungsklausel selbst keinen eigenen kontrollfähigen Inhalt hat. Den Anforderungen des Transparenzgebotes des § 307 Abs. 1 Satz BGB genügt sie (vgl. BAG vom 18.11.2009, 4 AZR 493/08, NZA 2010, Seite 599 ff. Rn. 19 ff.). Sie ist hinreichend bestimmbar, weil sie vom Wortlaut eindeutig auf die Dienstvertragsordnung in der jeweils geltenden Fassung und das Mitarbeitergesetz verweist. Dieser Bestimmbarkeit steht auch nicht entgegen, dass in einem weiteren Schritt geprüft werden muss, ob der Beschluss der Dienst- und Arbeitsrechtlichen Kommission Inhalt der Dienstvertragsordnung ist oder nicht. Das ist eine Frage der Auslegung des Beschlusses, nicht des Arbeitsvertrages.

b) Durch den Hinweis auf das Mitarbeitergesetz vom 14.03.1978 werden keine inhaltlichen arbeitsrechtlichen Regeln in Bezug genommen, da das Mitarbeitergesetz - unabhängig davon dass § 15 a des Mitarbeitergesetzes zum Zeitpunkt des Arbeitvertragsschlusses noch nicht in Kraft war - keine materiellen Arbeitsbedingungen enthält. Es regelt überwiegend organisatorische Fragen, z. B. in welchem Verfahren und durch welche Zuständigkeiten Arbeitsrechtsregelungen beschlossen werden. Bereits § 8 des Mitarbeitergesetzes aus dem Jahre 1978 sah vor, dass Dienstverträge nach den Bestimmungen der Dienstvertragsordnung abgeschlossen werden, die nach den Vorschriften des Kirchengesetzes in Kraft treten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Mitarbeitergesetz vom 11.03.2000 auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwenden ist bzw. vom Arbeitsvertrag in Bezug genommen wird. Maßgeblich ist, dass die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission nach den Vorschriften des Mitarbeitergesetzes tätig wird und die hierdurch beschlossenen Regelungen der Dienstvertragsordnung auf das Arbeitsverhältnis durch Inbezugnahme über den Arbeitsvertrag anzuwenden ist.

4. § 2 des Dienstvertrages nimmt auch Artikel 2 § 1 des Beschlusses der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission vom 10.06.2008 in Bezug. Die Beschlüsse der Dienst- und Arbeitsrechtlichen Kommission sind, obwohl sie keine normative Wirkung entfalten als Kollektivvereinbarungen besonderer Art nach den für die Tarifauslegung maßgebenden Grundsätzen auszulegen (BAG vom 18.11.2009 aaO. Rn. 29 für die Auslegung von Arbeitsvertragsrichtlinien).

a) Der Beschluss der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission ist insgesamt mit der Überschrift Arbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008 überschrieben. Die Kommission selbst bringt im Eingangssatz zum Ausdruck, dass sie auf Grund § 15 a des Mitarbeitergesetzes die folgenden Beschlüsse über Artikel 1 bis 3 erfasst. Folgerichtig wird die in der Dienstvertragsordnung enthaltene Verweisung auf die Zuwendungstarifverträge des öffentlichen Dienstes zunächst aufgehoben, weil in Artikel 2 die Einmal- und Ausgleichszahlungen und Jahressonderzahlungen neu geregelt werden. Es handelt sich hierbei um eine Änderung der Dienstvertragsordnung im Sinne des § 26 Abs. 2 Mitarbeitergesetz. Nach dem Inhalt der Gesamtregelung handelt es sich sowohl bei der Aufhebung der ursprünglichen Verweisung auf die Zuwendungstarifverträge in der Dienstvertragsordnung als auch bei der Neuregelung in Artikel 2 des Beschlusses um Regelungen der Dienstvertragsordnung. Die Dienst- und Arbeitsrechtliche Kommission selbst geht davon aus, dass sie auf Grund § 15 a Mitarbeitergesetz tätig wird. Dass die Kommission selbst ihre Beschlüsse für normativ hält, ist dabei unbeachtlich. Bereits aus dem Wortlaut des § 15 a Mitarbeitergesetz folgt zumindest nicht eindeutig, dass den Beschlüssen kirchenrechtlich normative Wirkung zukommen soll, denn § 15 a Abs. 2 MG sieht einerseits verbindliche und normative Wirkung für Arbeitsrechtsregelungen vor, 15 a Abs. 3 Mitarbeitergesetz wiederum verlangt jedoch, dass die Dienstverträge den Arbeitsrechtsregelungen nach Abs. 1 entsprechen müssen, geht also offensichtlich von einer erforderlichen Inbezugnahme des Arbeitsvertrages aus. Das heißt, dass auch nach dem Mitarbeitergesetz eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Arbeitsrechtsregelungen erforderlich ist, damit sie im Arbeitsverhältnis Wirkung entfalten. Von dieser arbeitsvertraglichen Bezugnahme im Dienstvertrag der Klägerin sind die Beschlüsse der Kommission vom 10.06.2008 erfasst.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus der fehlenden Überschrift zu Artikel 2 des Beschlusses vom 10.06.2008 und dem fehlenden Hinweis auf § 26 Abs. 2 des Kirchengesetzes gegenüber Artikel 1 auch nicht, dass die in Artikel 2 enthaltene Regelung keine Arbeitsrechtsregelung im Sinne der Dienstvertragsordnung sein soll. Würde man dieser Auffassung folgen, hätte dieses zur Folge, dass die Kommission inhaltliche Regelungen der Dienstvertragsordnung, auf die der Arbeitsvertrag Bezug nimmt, gemäß § 15 a, § 26 Abs. 2 Mitarbeitergesetz aufheben kann, ohne Neuregelungen über Vergütungen und Sonderzahlungen zu treffen. Die Verweisung aus dem Arbeitsvertrag auf die Dienstvertragsordnung liefe dann leer. Das entspricht nicht den Vorgaben des Mitarbeitergesetzes, auf Grund dessen die Kommission tätig war. Nach § 9 Abs. 1 Mitarbeitergesetz werden die Dienstverträge nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung abgeschlossen, die nach den Vorschriften dieses Kirchengesetzes in Kraft tritt. Das ist unverändert gegenüber § 8 Mitarbeitergesetz 1978. Es ist zutreffend, dass die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission auch Beschlüsse fassen kann, die die Dienstvertragsordnung nicht betreffen. Bei einem einheitlichen Beschluss wie dem vom 10.06.2008, ist jedoch davon auszugehen, dass die Dienstvertragsordnung auch Artikel 2 umfassen sollte. Dass Artikel 2 nicht in die aktuelle Dienstvertragsordnung als Text aufgenommen wurde, steht der Qualifizierung der Regelung als Dienstvertragsordnung nicht entgegen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Regelung, die nur für einmalige Zahlungen gelten sollte, nicht in die aktuelle Textfassung übernommen wird.

c) Artikel 2 § 1 Abs. 1 des Beschlusses der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission über die Arbeitsrechtsregelungen vom 10.06.2008 erfasst auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Der Verweis auf den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung steht dem nicht entgegen. Es ist zutreffend, dass § 1 Abs. 1 der Dienstvertragsordnung einen Geltungsbereich regelt: "Diese Dienstvertragsordnung ist auf alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse der MitarbeiterInnen anzuwenden, die von Anstellungsträgern nach § 3 des Mitarbeitergesetzes angestellt werden. Anstellungsträger sind die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die evangelisch-lutherische Landeskirche in D-Stadt, die evangelisch-lutherische Landeskirche D-Stadt, die evangelisch-lutherische Kirche in D-Stadt und die ihre Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes.". Darüber fällt die Beklagte unstreitig nicht. Der Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung wird jedoch durch die Inbezugnahme im Dienstvertrag hergestellt. Ein Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung existiert schon deswegen nicht, weil sie keine normative Wirkung hat. Damit unterfällt die Klägerin dem Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung. Das galt bei Abschluss des Dienstvertrages und gilt auch für die Einmalzahlung im Jahre 2008 nach Rechtsnachfolge. Die Verweisung im Arbeitsvertrag gilt auch nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen Rechtsnachfolger, da eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht vorgenommen wurde.

B. Die Berufung gegen die Abweisung des Feststellungsantrages zu 2) ist unbegründet.

I. Die Berufung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 2 Nr. 2 - 4 ZPO. Nach dieser Norm muss die Berufungsbegründung, soweit hier von Interesse, die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Allein schon aus der Berufungsbegründung sollen Gericht und Gegner erkennen können, welche Gesichtspunkte der Berufungskläger seiner Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu Grunde legen will (vgl. die Begründung zur Neufassung des § 519 ZPO durch das Gesetz vom 27.10.1933 zitiert bei Körting in ACP 142 (936) Seite 104; BAG vom 14.12.2004, 1 AZR 504/03, NZA 2005, 818 und BAG vom 17.01.2007 - 7 AZR 20/06, AP Nr. 30 zu § 14 TzBfG Rn. 11; BAG vom 8.10.2008, 5 AZR 526/07, NZA 2008, 1429 Rn. 15; vgl. zum Revisionsrecht BAG vom 06.01.2004 - 9 AZR 680/02 - NZA 2004, 449 unter II 2 a der Gründe). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Urteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung (BAG vom13.10.2009, 9 AZR 875/08, NZA 2010, 245/246, Rn. 12). Die Klägerin setzt sich mit der Abweisung des Feststellungsantrages durch das Arbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich auseinander. Sie führt aber mit der Berufungsbegründung aus, dass nach ihrer Auffassung die Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission Anwendung finden und wendet sich damit zumindest konkludent gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass schon aus der Nichtgeltung des Beschlusses der Arbeit- und Dienstrechlichen Kommission vom 10.06.2008 folge, dass es Beschlüsse der Kommission gäbe, die auf das Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden sind. Daraus folgt hinreichend, aus welchen Gründen sie das Urteil des Arbeitsgerichts für unzutreffend hält. Es ist ausreichend, dass dies nur konkludent aus den Gesamtausführungen der Klägerin folgt (vgl. BGH vom 27.9.2000, XII ZR 281/98, NJW-RR 2001 Seite 789).

II. Die Feststellungsklage ist unbegründet.

1. Ob für den Feststellungsantrag das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht, ist zweifelhaft, das kann aber dahinstehen, da der Feststellungsantrag ohnehin unbegründet ist. Im Rahmen einer Feststellungsklage kann die Zulässigkeit gemäß § 256 ZPO offen gelassen und die Klage mangels Begründetheit abgewiesen werden. Das Feststellungsinteresse muss letztendlich nur bei der begründeten Klage gegeben sein (BGH vom 14.3.1978, VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031, BAG vom 12.2.2003, 10 AZR 299/02, NJW 2003, 1755; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn. 7). Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Feststellungsinteresses soll lediglich verhindern, dass Rechtsverhältnisse zum Gegenstand einer Klage gemacht werden, obwohl sie entweder der Feststellung überhaupt nicht bedürfen oder auf einfachem Wege geklärt werden können. Dieser Gesichtspunkt ist ohne Bedeutung, wenn die Klage in der Sache keinen Erfolg hat. Da die Sachabweisung auch zur Entscheidung reif war, konnte die Kammer auch ein Sachurteil sprechen.

2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem Antrag um einen Globalantrag handelt. Ein solcher umfassender Antrag kann nur begründet sein, wenn es keine Fallkonstellation gibt, die er nicht erfasst. Das ist nicht der Fall. Aus den §§ 22 ff. des Mitarbeitergesetzes folgt, dass es Beschlüsse geben kann, die keine Arbeitsrechtsregelungen der privatrechtlich angestellten Mitarbeiter beinhalten. Darüber hinaus mag es diverse Beschlüsse über Arbeitsrechtsregelungen geben, die das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht tangieren, sondern gänzlich andere Arbeitsbereiche betreffen, z. B. Kindergärten oder Ähnliches.

III. Wegen des Unterliegens der Klägerin mit dem Feststellungsantrag waren die Kosten des Rechtsstreits anteilig gemäß des Obsiegens und Unterliegens der Parteien zu verteilen (§§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO). Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 2 ArbGG zuzulassen. Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hat mit Urteil vom 22.04.2010 (4 Sa 1522/09) eine von diesem Urteil abweichende Entscheidung zu Ziffer 1 des Klageantrages getroffen. Die Revision war daher für die Beklagte zuzulassen.

Dr. Hartwig
Graubner
Freiknecht

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