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16.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091187

Amtsgericht Lüdinghausen: Urteil vom 22.09.2008 – 19 OWi-89 Js 850/08-89/08

Bei einem Präsidenten eines tariffähigen Arbeitgeberverbandes und Geschäftsführer einer expandierenden Gesellschaft kann das Gericht auch ohne weitere Erkenntnisse zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen - namentlich: zum Einkommen - des Betroffenen auf die Möglichkeit der Anstellung eines Fahrers für die Dauer des Fahrverbots zur Abmilderung der Folgen des Fahrverbotes verweisen.


19 OWi-89 Js 850/08-89/08

Amtsgericht Lüdinghausen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Bußgeldverfahren XXX
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der Richter für Bußgeldsachen aufgrund der Hauptverhandlung vom 22.09.2008,
an der teilgenommen haben:

XXX

für Recht erkannt:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 80 EUR verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene (41 II, 49StVO, 24, 25 StVG).

G r ü n d e :

Der Betroffene ist verheiratet und Vater zweier Kinder, welche in seinem Haushalt wohnen. Von Beruf ist er Diplomingenieur im Bereich Maschinenbau, Geschäftsführer einer GmbH im metallverarbeitenden Bereich und als solcher auch Präsident des Arbeitgeberverbandes X-Metall im Bundesland X.
Zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen hat er auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts angegeben, dass diese gesichert seien und zwar so, dass es weder zu einer Herabsetzung des im Bußgeldbescheid verhängten Bußgeldes, noch zu einer Ratenzahlung allein auf Grund der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen kommen muss.

Ausweislich des Verkehrszentralregisterauszuges ist der Betroffene
wie folgt vorbelastet:

1.
Am 12.10.2006 (Rechtskraft: 31.10.2006) benutzte der Betroffene den Seitenstreifen zum Zwecke eines schnelleren Vorwärtskommens auf einer Bundesautobahn als Pkw-Führer. Gegen den Betroffenen wurde hier eine Geldbuße von 50 Euro festgesetzt durch die Zentrale Bußgeldstelle Viechtach.

2.
Am 13.11.2006 (Rechtskraft 13.07.2007) setzte dieselbe Behörde gegen den Betroffenen wegen eines Abstandsverstoßes auf der Bundesautobahn 93 eine Geldbuße von 60 Euro fest.

3.
Am 19.01.2007 (Rechtskraft: 30.08.2007) setzte die Bußgeldbehörde des RP Chemnitz wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes ( statt zulässiger 60 km/h gefahrene 97 km/h) eine Geldbuße von 75 Euro fest.

4.
Wegen eines Verstoßes gegen das Verbot in einem Fahrzeug als Fahrzeugführer ein Mobiltelefon zu nutzen, setzte die Bußgeldbehörde des Kreises Soest gegen den Betroffenen am 24.05.2007 (Rechtskraft 26.10.2007) ein Bußgeld von 45 Euro fest.

Am 6.10.2007 befuhr der Betroffene gegen 6.23 Uhr in Ascheberg die B 58 im Bereich des Mitfahrerparkplatzes an der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Ascheberg. Er war hier der Führer eines PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX Im Bereich vor der später folgenden Messstelle ist die Geschwindigkeit auf 70 km/h reduziert und zwar von außerorts üblichen 100 km/h Höchstgeschwindigkeit durch beidseitige Zeichen 274 in einem Abstand von 529 Meter vor der Messanlage auf 70 km/h und durch weitere zwei ebenso aufgestellte Zeichen 274 im Abstand von 134 Meter zur Messanlage. Die Messanlage selbst ist eine solche des Typs Traffiphot-S, die zur Tatzeit gültig geeicht war und von dem Zeugen P eingesetzt wurde. Die Betroffene wurde von der stationären Geschwindigkeitsmessanlage mit einer Geschwindigkeit von 99 km/h gemessen und bei der Überschreitung der Geschwindigkeit fotografiert. Nach Abzug des erforderlichen Sicherheitsabschlages von 3 km/h ergab sich in soweit eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 96 km/h und somit eine Überschreitung von 26 km/h. Der Betroffene hätte die aufgestellten Schilder erkennen können und seine Geschwindigkeit hierauf einrichten müssen.

Der Betroffene hat sich nicht zur Sache eingelassen. Der Verteidiger hat aber für diesen erklärt, das auf dem Messfoto zu sehende Fahrzeug sei ein solches der Firma, deren Geschäftsführer der Betroffene ist. Es handele sich um „Poolfahrzeug“. Wer statt des Betroffenen gefahren sei und diesem in der Firma ähnlich sehe, konnte oder wollte der Verteidiger aber nicht sagen, sondern blieb beim einfachen Abstreiten der Fahrereigenschaft des Betroffenen. Das Gericht konnte sich von der Fahrereigenschaft durch Inaugenscheinnahme des in mehrfacher Ausführung in der Akte vorhandenen Messfotos Bl. 45 und 46 d.A. überzeugen. Das Messfoto zeigt den Betroffenen eindeutig als Fahrzeugführerin zur Tatzeit. Das Gesicht der Betroffenen, der Hals und auch Teile des Oberkörpers der Betroffenen sind hier gut erkennbar. Sichthindernisse sind nur unwesentlich vorhanden. Ein kleiner Teil der rechten Schläfe und des rechten Ohres (oberer Teil) des Betroffenen wird von dem Fahrzeuginnenspiegel verdeckt. Das Gesicht (Mund, Oberlippenbart, Nase, Augen – mit Brille - und Stirn) ist aber sehr wohl detailliert erkennbar.
Es handelt sich damit um ein qualitativ gutes Lichtbild. Daher wird gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das vorbezeichnete Messfoto verwiesen. Der Beweisantrag des Verteidigers auf Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens zum Beweise der Tatsache, dass es sich bei dem Fahrzeugführer auf dem Messfoto nicht um den Betroffenen handelt konnte damit gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt werden. Durch die Inaugenscheinnahme des Messfotos und den Vergleich mit dem Gesicht des Betroffenen konnte sich das Gericht nämlich wie dargelegt ein eigenes Bild von der Identität des Betroffenen als Fahrer machen.
Die durch das Messgerät angezeigte Geschwindigkeit konnte ebenfalls durch Inaugenscheinnahme des Messfotos (Bl. 46 der Akte – oben links) und urkundsbeweisliche Verlesung der Werte des in das Messfoto eingespiegelten Datenfeldes festgestellt werden. Hier ließ sich eine Geschwindigkeit von 99 km/h ablesen. Die ordnungsgemäße Beschilderung, wie sie oben in den tatsächlichen Feststellungen genannt ist, wurde von dem Zeugen P näher dargelegt. Der Zeuge konnte sämtliche Abstände und einzelnen Schilder benennen und auch erklären, dass er vor dem Einsetzen der Kamera in das stationäre Geschwindigkeitsmessgerät und vor Entnehmen die Ordnungsgemäßheit und Erkennbarkeit der Beschilderung nochmals überprüft habe. Der Zeuge schilderte zudem den der Bedienungsanleitung des Messgeräteherstellers entsprechenden Einsatz dieses Messgerätes. Insoweit wurde ergänzend das Messprotokoll 20070373 vom 8.10.2007 verlesen, aus dem sich ergab, dass keinerlei Besonderheiten bei der Messung zu verzeichnen waren. Der Zeuge erklärte, dass sowohl die Sensoren, als auch das Messgerät selbst gültig geeicht gewesen seinen. Bestätigt werden konnte dies durch Verlesung der sich bei der Akte der befindenden Eichscheine. Für die in die Fahrbahn verlegten Sensoren konnte so ein Eichschein des LBME verlesen werden, der eine ordnungsgemäße Eichung vom 19.7.07 gültig bis zum 31.12.08 auswies. Für das Geschwindigkeitsmessgeräts des Typs Traffiphot-S konnte durch Verlesung des Eichscheins des LBME eine gültige Eichung bis zum 31.12.08 auf Grund der Eichung vom 12.9.07 festgestellt werden.

Die Betroffene war dementsprechend wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und folgerichtig wegen einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen, da er die aufgestellten Schilder hätte beachten und seine Geschwindigkeit hierauf hätte einstellen müssen.

Die hierfür im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße war aufgrund der Voreintragungen angemessen auf 80 € zu erhöhen.

Zudem war gegen den Betroffenen ein Fahrverbot festzusetzen, da er gemäß § 25 Abs.1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs.2 BkatV beharrlich gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers verstoßen hat. Dies ergibt sich aus der Verwertung der oben genannten 3. Voreintragung ( Geschwindigkeitsüberschreitung um 37 km/h; Entscheidungsdatum: 19.01.2007; Rechtskraftdatum: 30.08.2007; Tattag: 24.10.2006). Das Gericht war sich insoweit bewusst, dass es unter Erhöhung der Geldbuße von einer Anordnung eines Fahrverbotes hätte absehen können, hielt dies jedoch erzieherisch nicht für geboten. Hiergegen sprachen nämlich die weiteren Voreintragungen des Betroffenen und die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung bei dem Verstoß vom 24.10.2006.
Der Betroffene selbst hat zu etwaigen Härten durch ein Fahrverbot nichts weiter ausgeführt. Er hat im Plädoyer seines Verteidigers mitteilen lassen, dass seine Firma einen Fahrer nicht anstellen könne, da hierfür finanzielle Mittel nicht vorhanden seien. Man habe erst vor wenigen Jahren in D einen Betrieb mit 60 Mitarbeitern übernommen. Zudem sei es auch nicht möglich, dass der von ihm geführte Arbeitgeberverband für das Land X ihm einen Fahrer zur Verfügung stelle. Weiteres wurde hierzu nicht ausgeführt.

Insbesondere wurden auch keine Angaben zu wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen gemacht. Das Gericht hält es aber angesichts der beruflichen Stellung des Betroffenen nicht für nachvollziehbar, dass er die Folgen eines Fahrverbotes etwa durch Reorganisationsmaßnahmen innerhalb des Betriebes in Verbindung mit einer langen Vorlaufzeit aufgrund der ihm gewährten Schonfrist nach § 25 Abs. 2 a StVG und möglichen Urlaubes nicht ohne weiteres abfedern kann.
Zudem meint das Gericht, dass es dem Betroffenen durchaus zumutbar ist, notfalls selbst auf eigene Kosten einen Fahrer einzustellen, da seine wirtschaftlichen Rahmenumstände sicherlich als Geschäftsführer einer expandierenden GmbH und Präsident eines tariffähigen Arbeitgeberverbandes nicht derart eng sind, dass er sich dies nicht leisten kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.

RechtsgebieteVerkehrsrecht, FahrverbotVorschriften§ 25 Abs. 1 StVG

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