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30.05.2007 · IWW-Abrufnummer 071798

Bundesfinanzhof: Urteil vom 12.10.2006 – II R 40/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


II R 40/05

Gründe:
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin nach ihrer am ... 2003 verstorbenen Mutter (M). Hinsichtlich der von M empfangenen Vorschenkungen verwies die Klägerin in ihrer Erbschaftsteuererklärung auf ihre nach dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (StraBEG) eingereichte Anzeige vom 22. März 2004. In dieser hatte die Klägerin erklärt, 2001 einen Geldbetrag in Höhe von 600 000 DM sowie einen aus dem Nachlass ihres vorverstorbenen Vaters stammenden gebrauchten PKW im Schätzwert von 6 000 DM unentgeltlich erhalten zu haben. Für diese nicht besteuerten Erwerbe hatte die Klägerin eine nach dem StraBEG zu entrichtende Abgabe von 5 113 DM errechnet und fristgemäß gezahlt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin für ihren Erwerb als Alleinerbin nach M durch Bescheid vom 12. Mai 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--) Erbschaftsteuer in Höhe von 128 748 ? fest, wobei er gemäß § 14 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) die von der Klägerin strafbefreiend erklärten Erwerbe mit 309 841 ? als Vorerwerbe und die insoweit anrechenbare Steuer mit 11 187 ? Euro berücksichtigte. Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Einbeziehung der strafbefreiend erklärten Erwerbe in die Berechnung der Erbschaftsteuer wendete, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1621 veröffentlichten Urteil ab. Die Abgeltungswirkung der strafbefreienden Erklärung nach § 8 StraBEG hindere nicht die Anwendung des § 14 ErbStG.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 13 Abs. 1 StraBEG. Die Zusammenrechnung eines strafbefreiend erklärten Erwerbs mit einem nachfolgenden Erwerb verstoße im Vergleich zur erbschaftsteuerlichen Behandlung des einem strafbefreiend erklärten Erwerb vorausgegangenen Erwerbs, bei dem nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. Februar 2004 IV A 4 -S 1928- 18/04 (BStBl I 2004, 225) keine Zusammenrechnung erfolge, gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--).

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid in der Weise zu ändern, dass die in 2001 vollzogenen Vorschenkungen nicht in die Erbschaftsteuer einbezogen werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Voraussetzungen der Zusammenrechnungsregelung des § 14 ErbStG zutreffend bejaht.

Nach § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Anstelle der Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG).

1. Bei der Besteuerung eines Erwerbs, für den die Steuer nach dem 31. Dezember 2002 entstanden ist, ist als früherer Erwerb i.S. des § 14 Abs. 1 ErbStG auch ein solcher zu berücksichtigen, für den der Erwerber aufgrund einer strafbefreienden Erklärung und Zahlung des Abgeltungsbetrags Strafbefreiung gemäß § 1 Abs. 1 und 5 StraBEG wegen verkürzter Erbschaft- oder Schenkungsteuer erlangt hat.

a) Im ErbStG wird jeder Erwerbsvorgang grundsätzlich als selbständiger Einzelerwerb behandelt. Die Zusammenrechnungsregelung in § 14 ErbStG soll --lediglich-- gewährleisten, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt. Die Vorschrift ändert jedoch nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Oktober 2001 II R 17/00, BFHE 196, 301, BStBl II 2002, 52; vom 2. März 2005 II R 43/03, BFHE 209, 153, BStBl II 2005, 728). An dieser seit jeher bestehenden Bedeutung des § 14 ErbStG hat die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nichts geändert (BFH in BFHE 209, 153, BStBl II 2005, 728).

b) Im Rahmen der Besteuerung eines nach dem 31. Dezember 2002 angefallenen Erwerbs steht der in § 8 StraBEG festgelegte sachliche Umfang der Abgeltungswirkung für den bislang zu Unrecht nicht besteuerten Erwerb seiner Berücksichtigung als früherer Erwerb i.S. des § 14 ErbStG nicht entgegen. Nach § 8 StraBEG erlöschen mit der rechtzeitigen Zahlung des Nachentrichtungsbetrags --lediglich-- die Schenkungsteueransprüche für den Vorerwerb sowie alle Ansprüche auf damit zusammenhängende steuerliche Nebenleistungen. Nicht von der Abgeltungswirkung erfasst sind (Nach-)Erwerbe, die außerhalb des in § 1 Abs. 5 Satz 2 StraBEG genannten Zeitraums, also nach dem 31. Dezember 2002, angefallen sind. Für diese (Nach-)Erwerbe verbleibt es daher bei ihrer --durch die Abgeltungswirkung des § 8 StraBEG nicht eingeschränkten-- selbständigen steuerlichen Erfassung und deshalb auch bei dem mit § 14 ErbStG verfolgten Ziel, einen Progressionsvorteil durch mehrere aufeinander folgende Zuwendungen zu verhindern.

Damit geht die Steuervergünstigung gemäß § 1 Abs. 1 und 5 StraBEG für den Vorerwerb nicht verloren. Indem im Rahmen des § 14 Abs. 1 ErbStG die Steuer abgezogen wird, die für den Vorerwerb --wenn auch auf der Grundlage des Rechtszustandes im Zeitpunkt des Letzterwerbs-- hätte entrichtet werden müssen, aber nicht entrichtet worden ist, bleibt der Vorteil erhalten.

c) Entgegen der Revision steht auch § 13 StraBEG dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 1 StraBEG darf der Inhalt einer strafbefreienden Erklärung ohne Einwilligung des Betroffenen für Verfahren i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO 1977 --und damit für Besteuerungsverfahren, die sich auf Besteuerungszeiträume und -zeitpunkte nach 2002 beziehen-- verwendet werden. Diese Voraussetzungen sind bei der Besteuerung eines nach dem 31. Dezember 2002 angefallenen Erwerbs von Todes wegen und des insoweit anzuwendenden § 14 ErbStG erfüllt.

d) Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht darin, dass die Zusammenrechnungsregelung des § 14 ErbStG nach der in Ziff. 3.6 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 225 vertretenen Auffassung insoweit keine Anwendung finden soll, als einem strafbefreiend erklärten Erwerb ein früherer innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallener Erwerb vorausgegangen war. Die im Hinblick auf § 14 ErbStG unterschiedliche steuerliche Behandlung eines Nacherwerbs je danach, ob dieser innerhalb des Amnestiezeitraums oder erst danach angefallen ist, ist aufgrund der mit dem StraBEG verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung, bisher Steuerunehrlichen einen Weg zurück in die Legalität aufzuzeigen (BTDrucks 15/1309, 7), durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Auf dieser Zielsetzung beruht die in § 1 Abs. 5 StraBEG vorgeschriebene Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Verkürzung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer. Diese sollte im Vergleich zur regulären Steuerbelastung "deutlich günstiger" sein (BTDrucks 15/1309, 9) und rechtfertigt daher auch die Nichtanwendung des § 14 ErbStG in den in Ziff. 3.6 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 225 genannten Fällen. Eine solche Vergünstigung muss sich jedoch --der einem Amnestiegesetz notwendig immanenten zeitlichen Begrenzung der in die Straf- und Bußgeldbefreiung einbezogenen Handlungen (vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1959 1 BvL 10/55, BVerfGE 10, 234) entsprechend-- notwendig auf Erwerbe beschränken, die innerhalb des Amnestiezeitraums des § 1 Abs. 5 Satz 2 StraBEG angefallen sind. Die Besteuerung eines nach Ablauf des Amnestiezeitraums angefallenen (Nach-)Erwerbs bleibt hingegen von der Zielsetzung des StraBEG unberührt und unterliegt deshalb uneingeschränkt der Zusammenrechnungsregelung des § 14 ErbStG.

2. Rechtsfehler in der Steuerberechnung des angegriffenen Bescheids sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.

RechtsgebieteErbStG, StraBEG, AO 1977Vorschriften ErbStG § 14 ErbStG § 14 Abs. 1 ErbStG § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG § 14 Abs. 1 Satz 3 StraBEG § 1 Abs. 1 StraBEG § 1 Abs. 5 StraBEG § 1 Abs. 5 Satz 2 StraBEG § 8 StraBEG § 13 StraBEG § 13 Abs. 1 AO 1977 § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a

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