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04.09.2006 · IWW-Abrufnummer 061917

Finanzgericht Münster: Urteil vom 26.01.2006 – 8 K 2472/03 E

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Münster,
Aktenzeichen: 8 K 2472/03 E
Datum: 26.01.2006
Entscheidungsart: Urteil

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:
Zu entscheiden ist, ob die Besteuerung eines Ausgleichsanspruches des Klägers (Kl.) nach § 89 b Handelsgesetzbuch (HGB) durch die sogenannte Fünftel-Regelung des § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Steuerentlastungsgesetz) vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 402, BStBl. I 1999, 304 - § 34 EStG 1999/2000) mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist.
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Die Kl. sind unbeschränkt steuerpflichtig und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der im Jahre 1935 geborene Kl., vollendete im Jahre 2000 sein 65. Lebensjahr. In diesem Jahr beendete er auch seine berufliche Tätigkeit als selbständiger Versicherungsvertreter.

Der Kl. .war seit dem 01.07.1968 als Versicherungsvertreter tätig. Er hatte mit drei Versicherungsgesellschaften Agenturverträge abgeschlossen, und zwar mit der O, der DP 'und der O-E-Versicherungsgesellschaft. Die DP wurde später durch die D übernommen, die dann später mit der O zur D-O fusionierte, schließlich von der B übernommen wurde und in B-D umbenannt wurde, ebenso wie die O Versicherung, mit der ebenfalls ursprünglich ein Agenturvertrag abgeschlossen worden war. Die O-E Versicherungs AG ging nach einer zwischenzeitlichen Umbenennung in O-E und I-C in der I-N Sachversicherungs AG auf. Aufgrund der Agenturverträge stand dem Kl. für den Fall der Beendigung der Vertragsverhältnisse grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB zu. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vom Kl. eingereichten Agenturverträge des Jahres 1968 und ergänzende Regelungen aus den Jahren 1986 und 1989 Bezug genommen. Der Kl., der seit dem 01.02.2000 eine Altersrente und seit dem 01.05.2000 eine weitere Rente aus Versicherungsverträgen bezieht, gab zum 30.09.2000 seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter auf.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 erklärte der Kl. aus seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter u. a. laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 280.110 DM. Darin enthalten sind Ausgleichszahlungen in Höhe von 228.205 DM, die dem Kl. als Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB zustanden. Für diese Ausgleichszahlungen beantragte er die begünstigte Besteuerung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG 1999/2000.

Mit Bescheid vom 02.01.2001 setzte der Bekl. die Einkommensteuer für 2000 antragsgemäß fest. Er entsprach dabei auch dem Antrag, die Ausgleichszahlungen nach §89 b HGB in Höhe von 228.205 DM nach der sogenannten Fünftel-Regelung des § 34 EStG 1999/2000 zu besteuern.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch begehrten die Kl. hinsichtlich dieser Ausgleichsansprüche eine niedrigere Besteuerung, wie sie für derartige außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung möglich war (halber Steuersatz) und wie sie später für Veräußerungsgewinne mit gewissen Modifikationen (u. a. Mindeststeuersatz, Mindestalter des Steuerpflichtigen und Begrenzung der Höhe der außerordentlichen Einkünfte) durch § 34 Abs. 3 EStG in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (Bundesgesetzblatt I 2000,1812, BStBl. I 2001, 25) - Steuersenkungsergänzungsgesetz oder § 34 EStG 2001 - ab dem Veranlagungszeitraum 2001 wiedereingeführt worden ist. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Nachdem das Einspruchsverfahren zwischenzeitlich auf Antrag der Kl. geruht hatte, wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 04.04.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte (Bekl.) sah sich an die für den Veranlagungszeitraum 2000 geltende Regelung des § 34 EStG 1999/2000 gebunden. Verfassungsrechtliche Bedenken verneinte er im Wesentlichen deshalb, weil für den Steuerbürger grundsätzlich kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bestehe, dass steuerliche Verhältnisse unverändert blieben.

Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter, die Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB in Höhe von 228.205 DM nur mit dem halben Steuersatz zu belegen. Sie meinen, § 34 EStG 1999/2000 verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz), gegen die Eigentumsgarantie in Artikel 14 Grundgesetz, gegen die Freiheit der Berufsausübung des Artikels 12 Grundgesetz und gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Grundgesetz. Die geänderte Regelung verletze das in mehr als 30 Jahren seiner Berufstätigkeit aufgebaute Vertrauen des Kl. auf eine schonendere Besteuerung seines Ausgleichsanspruchs, denn dieser Ausgleichsanspruch werde nach den zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit von ihm in langen Jahren vermittelten Versicherungsverträge berechnet, die zu diesem Zeitpunkt noch Geltung hätten. Damit werde auch ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der zum Zeitpunkt der Änderung des Gesetzes bereits verwirklicht gewesen sei. Der Ausgleichsanspruch diene außerdem seiner Altersversorgung. Diese werde durch die höhere Besteuerung nach der Fünftel-Regelung des § 34 EStG 1999/2000 beeinträchtigt. Die steuerliche Mehrbelastung durch die Neuregelung betrage 25.022 DM. Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (Eigentumsschutz) sei verletzt, weil der Tarifverlauf zu einer überhöhten Belastung des verbleibenden zu versteuernden Einkommens und der außerordentlichen Einkünfte führe. Die Fünftel-Regelung habe, auf den Tarifverlauf betrachtet, die Wirkung, dass der Spitzensteuersatz gleichsam fünffach in das Besteuerungsergebnis eingeführt werde. Hierin seien unzulässige Progressionssprünge zu sehen, die auch die vertikale Gleichheit der Besteuerung im Verhältnis von geringeren zu höheren Einkünften außer Acht ließen. Eigentümerinteressen blieben weitgehend unberücksichtigt. Die Ausgleichszahlungen würden dadurch weitgehend ihren Zweck als Altersversorgung verlieren. Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (Freiheit der Berufsausübung) sei verletzt, weil das Vertrauen auf Beibehaltung der bisherigen günstigeren Besteuerung mit dem halben Steuersatz schutzwürdig sei. Für die Masse der betroffenen Personen sei diese verschärfte Besteuerung nicht vorhersehbar gewesen. Handelsvertreter und auch Versicherungsvertreter, zu denen der Kl. zähle, hätten in jahrzehntelangem Vertrauen auf die Geltung des 7 halben Steuersatzes für ihre Ausgleichsansprüche nach § 89 b HGB weitere Maßnahmen zur Altersversorgung unterlassen. Die Masse der betroffenen Personen dieser Berufsgruppe gehöre im Übrigen auch nicht zu den Personen, die durch (die alte Regelung ungerechtfertigte Vorteile erzielt hätten. Der Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz sei verletzt, weil durch § 34 Abs. 3 EStG 2001 in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes für Veräußerungsgewinne in bestimmten Grenzen der halbe Steuersatz wiedereingeführt werde, ohne dass diese Regelung auf Handelsvertreter und Versicherungsvertreter ausgedehnt werde, denn der letztgenannte Personenkreis erfülle ebenso die persönlichen, sachlichen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG 2001. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 02.05.2003 und 20.08.2003 sowie auf das von den Kl. eingereichte Gutachten von Prof. Dr. M vom 09.03.2002 Bezug genommen, das dieser zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 34 EStG in Bezug auf die Besteuerung der Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter verfasst hat.

Die K. beantragen,
die EE vom 04.04.2003 aufzuheben und unter Änderung des Bescheides vom 02.01.2002 die Einkommensteuer für das Jahr 2000 auf 44.188 DM herabzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hält die im Streitfall geltende Regelung des § 34 EStG 1999/2000 für verfassungsgemäß. Zu Unrecht mache der Kl. einen Vertrauensschutz geltend.

Die anzuwendende Regelung des § 34 EStG 1999/2000 sei dem Kl. im Veranlagungszeitraum 2000 bekannt gewesen. Eine schützenswerte Disposition des Kl. ,sei nicht erkennbar. Außerdem werde durch verfassungsrechtliche Grundsätze gerade nicht das Vertrauen des Bürgers darin geschützt, dass etwaige, ihn begünstigende Regelungen auf Dauer erhalten blieben. Auch stelle die Versteuerung nach der Fünftel-Regelung des § 34 EStG 1999/2000 keine zu hohe Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen und ihrer Einkommen dar, da die danach vorzunehmende Besteuerung immer noch günstiger sei als die Besteuerung mit dem ansonsten geltenden vollen Steuersatz. Auch ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (Gleichheitssatz) scheide aus. Die Regelung des § 34 Abs. 3 EStG 2001 in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes gelte erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001, während hier über die Besteuerung im Veranlagungszeitraum 2000 zu entscheiden sei. Abgesehen davon werde der Auffassung des Bundesfinanzhofes gefolgt, wonach auch keine Verpflichtung bestanden habe, die Neuregelung auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 rückwirkend auszudehnen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juli 2002, XI B 68/02, BFHE 201, 14, BStBl. II 2003, 341).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bekl. vom 13.06.2003
und die EE vom 04.04.2003 verwiesen.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.01.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.

Die vom Bekl. für den Veranlagungszeitraum 2000 durchgeführte Besteuerung des Einkommens der Kl. entspricht den für diesen Veranlagungszeitraum geltenden Regelungen. Das gilt auch für die Besteuerung der Ausgleichszahlungen an den
Kl. nach § 89 b HGB in Höhe von 228.205 DM als außerordentliche Einkünfte des Kl. durch die begünstigte Besteuerung nach der sogenannten Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Steuerentlastungsgesetz) vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 403, BStBI. I 1999, 304) - § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000. Entgegen der Auffassung der Kl. ist diese Regelung des § 34 EStG 1999/2000 verfassungsgemäß. Die Kl. sind daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 IFGO).

Nach der Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 beträgt die für außerordentliche Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zzgl. 1/5 dieser Einkünfte. Zu den außerordentlichen Einkünften im Sinne dieser Regelung gehören u. a. auch Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1999/2000). Derartige Entschädigungen sind u. a. auch Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89 b HGB (§ 24 Nr. 1 c EStG).1 Als Ausgleichsansprüche von Handelsvertretern gelten auch die Ausgleichsansprüche der Versicherungsvertreter, denn diese erhalten über § 89 b Abs. 5 HGB einen Ausgleichsanspruch, der grundsätzlich dem eines Handelsvertreters entspricht, betragsmäßig jedoch deshalb höher sein kann, weil er bis zur dreifachen Höhe der Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen möglich ist.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. Der Kl. hat im Jahre 2000 Ausgleichsansprüche nach § 89 b HGB in Höhe von 228.205 DM als Versicherungsvertreter erhalten. Dieser Betrag der Einkünfte des Kl. ist, wie vom Gesetz vorgesehen, nicht mit dem vollen Steuersatz belegt worden, sondern mit dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 nach der sogenannten Fünftel-Regelung.

Entgegen der Auffassung der Kl. entspricht diese Fünftel-Regelung den verfassungsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes und den hieraus von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgeleiteten verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Der Senat kann daher durch Urteil entscheiden. Eine Aussetzung des Verfahrens nach Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz und eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts scheiden aus.
Die Besteuerung von außerordentlichen Einkünften, die der Gesetzgeber jeweils in § 34 Abs. 2 EStG besonders definiert hat und zu denen u. a. auch Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB gehören (§ 34 Abs. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 c EStG), hat der Gesetzgeber einerseits in den Veranlagungszeiträumen bis 1998 und andererseits in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 - im Streitfall ist der Veranlagungszeitraum 2000 betroffen - sowie in den Veranlagungszeiträumen ab 2001 unterschiedlich geregelt. Gemeinsam ist allen Regelungen, dass derartige außerordentliche Einkünfte mit einem begünstigten Steuersatz versteuert werden. Die Unterschiede zwischen den Regelungen für die genannten Veranlagungszeiträume bestehen im Wesentlichen darin, dass für alle außerordentlichen Einkünfte bis zum Veranlagungszeitraum 1998 der halbe Steuersatz galt, der dann für die Veranlagungszeiträume ab 2001 nur noch für den überwiegenden Teil der Veräußerungsgewinne gewährt wird, nicht also für Entschädigungen, um die es im Streitfall geht. Für die beiden Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 wurde dagegen für alle außerordentlichen Einkünfte, also auch für Entschädigungen, die sogenannte Fünftel-Regelung eingeführt. Im Einzelnen galten bzw. gelten danach folgende gesetzliche Regelungen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG in der Fassung des für den Veranlagungszeitraum 1998
geltenden Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (Bundesgesetzblatt I 1997, 2590, BStBI. I 1997, 928) ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Dieser beträgt für den Teil der außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von 15 Millionen DM nicht übersteigt, die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zzgl. der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre (vgl. zur Rechtsentwicklung bis 1998 auch Wendt, StSenkG/StSenkErgG: Neuregelung der Betriebsaufgabe/Versteuerung wegen Alters- oder Berufsunfähigkeit, FR 2000, 1199, 1200).

Nach § 34 Abs. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes (§ 34 Abs. 1 EStG 1999/2000) beträgt die für außerordentliche Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zzgl. 1/5 dieser Einkünfte.

Diese sogenannte Fünftel-Regelung wurde eingeführt, weil die bisherige Regelung 25 diejenigen Steuerpflichtigen übermäßig begünstigte, die regelmäßig dem Spitzensteuersatz unterlagen. Darüber hinaus wurde die bisherige Regelung wegen der unterschiedlichen Entlastung außerordentlicher Einkünfte und der Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit für zu kompliziert gehalten (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktion, BTDrucks 14/23, Seite 183; zur Entwicklung im Einzelnen vgl. Rasche in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuerreform Kommentierung, § 34 EStG, R 20).

Für die darauf folgenden Veranlagungszeiträume ab dem Jahre 2001 kann nach § 34 Abs. 3 EStG 2001 (in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes) auf Antrag der Teil der außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 10 Millionen DM nicht übersteigt, nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Als außerordentliche Einkünfte werden insoweit nur Veräußerungsgewinne im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG angesehen. Der ermäßigte Steuersatz beträgt die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zzgl. der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 19,9 v. H.. Die Ermäßigung kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen (§ 34 Abs. 3 Satz 2 f. EStG 2001).

Hintergrund dieser Neuregelung war, dass dem Mittelstand ein Ausgleich für die ab 27 dem Jahre 2002 geltenden Begünstigungen bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften gewährt werden sollte. Nach der Gesetzesbegründung war daher eine rückwirkende Einführung dieser Tarifbegünstigung abzulehnen. Der Mittelstand soll durch die Einführung einer Altersvorsorgekomponente zukünftig entlastet werden. Das Steuersenkungsergänzungsgesetz diene der Erweiterung der Mittelstandskomponente des Steuersenkungsgesetzes und so der vertieften Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks 14/4217, Seite 7; zur Entwicklung vgl. auch Wendt, FR 2000,1199, 1201 ).

Im Streitfall werden durch die ermäßigte Besteuerung der Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB in Höhe von 228.205 DM durch die Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 keine von der Verfassung geschützten Rechte der Kl. verletzt. Die durch diese Regelung gegenüber dem Streitjahr 1998 um 25.022 DM höhere Steuer auf diese außerordentlichen Einkünfte des Kl. verletzt weder die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abgeleiteten Prinzipien des Rückwirkungsverbotes und des Vertrauensschutzes noch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz, noch die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz und den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann auch darin nicht gesehen werden, dass sich die durch § 34 Abs. 3 EStG 2001 in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes vorgenommene Änderung der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte auf bestimmte Veräußerungsgewinne beschränkt und darüber hinaus auch erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 Geltung hat.

Das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) gebietet die Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Sie ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Ausgehend von diesen Grundgedanken hat das Bundesverfassungsgericht rückwirkende Normen nur unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig angesehen. Es unterscheidet zwischen echten und unechten Rückwirkungen bzw. der Rückbewirkung von Rechtsfolgen und der tatbestandlichen Rückanknüpfung. Eine echte Rückwirkung/ eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen liegt vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Eine derartige Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Eine sogenannte unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung ist gegeben, wenn die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, wenn aber der Tatbestand Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige tatbestandliche Rückanknüpfung ist grundsätzlich zulässig. Allerdings kann auch in einem derartigen Fall ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen bestehen. Im Einzelfall ist zu ermitteln und zu bewerten, mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist oder ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (vgl. u. a. BVerfG, Beschluss vom 03. Dezember 1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78 und Beschluss vom 05. Februar 2002,2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17).

Im Streitfall liegt nach diesen Grundsätzen keine unzulässige tatbestandliche Rückanknüpfung vor - nur diese Alternative kommt hier in Betracht, denn der Besteuerungstatbestand für die Ausgleichszahlungen an den Kl. nach § 89 b HGB war erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 2000 erfüllt, dem Jahr also, in dem der Kl. die Zahlungen tatsächlich erhalten hat (§ 36 Abs. 1 EStG); demgegenüber trat die Neuregelung des § 34 EStG 1999/2000 bereits mit Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999, also bereits im Veranlagungszeitraum vor 2000 in Kraft. Bemessungsgrundlage für den Ausgleichsanspruch des Kl. nach § 89 b HGB war aber der vom Kl. bis zu seinem Ausscheiden (30.09.2000) vorhandene Versicherungsbestand, der auch nochlaufende Versicherungen umfassen konnte, die bereits vor der Neuregelung des § 34 EStG 1999/2000 geworben worden waren (vgl. im Einzelnen zur Grundlage und zum Entstehen des Ausgleichsanspruches Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 2, Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters u. a., Rdn. 38 und 42 f., 7. Auflage 2003).

Den Gründen des Gesetzgebers, die Neuregelung des § 34 EStG 1999/2000 zu treffen 1und den Gründen, die ihn bewogen haben, diese ohne Übergangsregelung in Kraft zu setzen, ist jedoch ein größeres Gewicht beizumessen, als dem Interesse der Kl. an der Besteuerung der Ausgleichszahlungen nach der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung des § 34 Abs. 1 EStG mit dem bis dahin geltenden halben Steuersatz. Dabei kommt dem Umstand, dass der Kl. sich bereits 1968 für den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB entschlossen hat, eine besondere Bedeutung zu.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht, der der Senat folgt, ist der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weitgehend, dass der Begünstigte vor jeder "Enttäuschung" seiner Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage bewahrt wird (BVerfG, Beschluss vom 20.06.1978, 2 BvR 71/76, BVerfGE 48, 403, 416, Beschluss vom 07. Juli 1964, 2 BvL 22, 23/63, BVerfGE 18, 135, 144 und Beschluss vom 05. Februar 2002, 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17). Der Steuerpflichtige kann grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerpolitische Vergünstigungen, die er zu sozial- und wirtschaftspolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrecht erhält. Die Gewährung eines vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Insbesondere bei unbefristeten und über Jahrzehnte wirkenden Steuervergünstigungen kann sich der Steuerpflichtige nicht darauf berufen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht zu seinen Lasten verändert werden dürfen (BVerfG, Beschluss vom 05. Februar 2002, 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17).

So liegt es auch im Streitfall. Die gesetzlich bestimmte Bemessungsgröße der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes wurde zwar mit dem Steueränderungsgesetz 1965 im Einkommensteuerrecht eingeführt, also noch bevor der Kl. seine Versicherungsvertretertätigkeit aufnahm. Es kann jedoch nicht davon :ausgegangen werden, dass die vertraglichen Regelungen des Kl., die zu einem Ausgleichsanspruch und Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB führten, deswegen getroffen wurden, weil damals die genannte Tarifvergünstigung galt. Diese gesetzliche Tarifvergünstigung bestand in der damaligen Ausgestaltung erst für eine kurze Zeit, etwa für drei Jahre. Soweit sich der Kl. damals in dieser Hinsicht überhaupt Gedanken gemacht hat, kann allenfalls angenommen werden, dass er mit einer tariflichen Ermäßigung für außerordentliche Einkünfte rechnete. Der Kl. konnte demnach auch nur hoffen, dass in ferner Zukunft eine Ausgleichszahlung dem Grunde nach anfallen werde, da deren Entstehung noch von weiteren Voraussetzungen abhing (§ 89 b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1, 3 und 4 HGB), deren Eintritt aber zum damaligen Zeitpunkt nicht abzusehen war. Über die Höhe eines derartigen Ausgleichsanspruches und seine steuerlichen Konsequenzen konnte daher zum damaligen Zeitpunkt allenfalls spekuliert werden. Der weitere Gesichtspunkt, dass der Gedanke der verbesserten Altersversorgung durch eine Ausgleichszahlung nach § 89 b HGB später mit fortschreitendem Alter des Begünstigten hinzutrat, begründet aufgrund der bis zur tatsächlichen Entstehung dieses Anspruches zeitlich unbestimmten Dauer der Rechtslage jedenfalls noch kein schützenswertes Vertrauen auf eine bestimmte Besteuerung dieser Zahlung.

In jedem Fall überwiegt aber das öffentliche Interesse daran, die bisherige Regelung des § 34 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung zu verändern. Objektiv führte diese Regelung insbesondere bei Steuerpflichtigen, die den Spitzensteuersatz erreichten oder in dessen Nähe kamen, zu übermäßigen nicht zu rechtfertigenden Steuervorteilen. Hinzu trat, wie ausgeführt, die Tatsache, dass die Regelung zur Versteuerung mit dem halben Steuersatz und die begünstigte Besteuerung für mehrjährige Tätigkeit als zu kompliziert angesehen wurde. Es ist daher im Streitfall unerheblich, dass der Kl. selbst" nicht zu dem Personenkreis gehörte, den der Gesetzgeber bei der Änderung der Regelung eigentlich vor Augen hatte. Abgesehen davon dürfte es auch bei Handelsvertretern und Versicherungsvertretern Steuerpflichtige gegeben haben die Einkommen erzielten, das regelmäßig mit einem Spitzensteuersatz zu versteuern war.Unerheblich ist auch, dass die Kl. mit jedem Jahr, das näher an die Beendigung der beruflichen Tätigkeit des Kl. heranrückte, davon ausgingen, ihnen käme die gleiche steuerliche Regelung zugute, wie sie zu Beginn der Tätigkeit gegolten hat. Diese Erwartung stellt eine bloße Hoffnung dar, die verfassungsrechtlich nicht geschützt ist. Wer lediglich erwartet, eine für ihn günstige Steuerrechtslage werde - bei Fortgeltung des bisherigen Rechts - in Zukunft eintreten, verdient aber nicht den gleichen Schutz wie derjenige, bei dem diese Rechtslage nach bisherigem Recht bereits eingetreten war (vgl. in diesem Sinne BFH-Beschluss vom 16.12.2003, IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl. II 2004, 284). Im Gegensatz zu der Fallgestaltung des eben genannten Vorlagebeschlusses des BFH, bei dem die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 402) zu beurteilen ist, fehlt im vorliegenden Fall, dem Fall des Kl., auch eine schützenswerte Rechtsposition des Kl.. Der Anspruch auf die Ausgleichszahlungen war zwar grundsätzlich jederzeit möglich, er hing jedoch noch von den Voraussetzungen des § 89 b HGB ab, konnte also letztlich im Ergebnis auch gänzlich entfallen. Dementsprechend schied auch eine bilanzielle Aktivierung des Ausgleichsanspruches vor Beendigung des Handelsvertretungsverhältnisses wegen des Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) aus. Einer Aktivierung steht darüber hinaus auch das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB) entgegen, weil der Ausgleichsanspruch erst künftig entsteht, also mit Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses (vgl. Otto in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, Rdn. 2225 ff. und 2291 ff.).

Abgesehen davon kann bei Ausgleichszahlungen in einer Gesamthöhe von 228.205 DM in einer steuerlichen Mehrbelastung in Höhe von 25.022 DM durch die geänderte Regelung in § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 auch keine gravierende Gefährdung einer Altersversorgung des Kl. gesehen werden. Das gilt unabhängig davon, ob man diesen Ausgleichsanspruch des Kl. überhaupt als konkreten Bestandteil seiner Altersversorgung ansieht.

Der Verlauf der Grenzsteuerbelastung für das um die außerordentlichen Einkünfte bereinigte zu versteuernde Einkommen verstößt entgegen der Auffassung der Kl. auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz.

Zwar enthält Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz eine Eigentumsgarantie, deren Inhalt und Schranken allerdings durch weitere Gesetze bestimmt werden. Im Streitfall scheidet aber eine Verletzung des Eigentumsrechts des Kl. bereits deshalb aus, weil der Anspruch auf Ausgleichszahlung bis zum Eintritt aller Voraussetzungen zur Entstehung dieses Anspruches nach § 89 b HGB noch keine gesicherte Rechtsposition des Kl. darstellte, auf die der Staat mit der Einführung der Fünftel-Regelung zugreifen konnte. Wie bereits ausgeführt, konnte sein Ausgleichsanspruch bis zur tatsächlichen Aufgabe seiner Versicherungstätigkeit auch aus anderen Gründen gänzlich entfallen. Dementsprechend kam eine bilanzielle Aktivierung des Ausgleichsanspruches vor Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses nicht in Betracht. Auch schützt Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz nicht vor der Auferlegung von Steuern. Derartige Geldleistungspflichten belasten kein bestimmtes Eigentumsobjekt des Steuerpflichtigen, sondern sind als reine Geldschulden zu begleichen. Darüber hinaus sind Anhaltspunkte dafür, dass die Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte durch die Fünftel-Regel des § 34 Abs. 1 EStG 1999 für die Kl. im Veranlagungszeitraum 2000 zu einer sogenannten "erdrosselnden Wirkung führt, nicht ersichtlich. Das zeigt ein Blick auf die Einkommensteuerbelastung des Kl..

Sie beträgt bei einem zu versteuernden Einkommen von 269.171 DM für das Streitjahr 69.206 DM (vgl. Einkommensteuerbescheid vom 02.01.2002). Die Anwendung der Fünftel-Regelung führt dabei zu einer Ermäßigung der Steuerbelastung und nicht zu einer Erhöhung, denn die tarifliche Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum würde ohne die tarifliche Ermäßigung der Fünftel-Regelung in § 34 Abs. 1 EStG einen Betrag von 96.108 DM ausmachen. Sie wäre damit um 26.902 DM höher als sie mit Anwendung der Fünftel-Regelung ist.

Der weitere Einwand der Kl., durch § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 hervorgerufene Auswirkungen auf den Tarifverlauf seien als Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz anzusehen (so auch List, Entspricht die Besteuerung außerordentlicher Einkünfte (§ 34 EStG) dem Grundgesetz?, BB 2003,761,764 f.) überzeugt ebenfalls nicht. Ein Bezug zu geschützten Eigentumsrechten der Kl. fehlt. Nach Auffassung des Senats wird insoweit allenfalls der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz berührt. Ein Verstoß gegen Verfassungsrechte des Kl. ist jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt nicht festzustellen. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird dazu auf die späteren Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verwiesen. Entgegen der Auffassung der Kl. ist ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (Freiheit der Berufsausübung) ebenfalls nicht erkennbar. Fraglich erscheint schon, ob die Fünftel-Regelung in § 34 EStG 1999/2000 überhaupt eine berufsregelnde Tendenz aufweist. Diese wäre aber erforderlich um überhaupt einen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung annehmen zu können. Die finanzielle Belastung von Ausgleichszahlungen nach § 89 b HGB mit Steuern wirkt sich jedenfalls nicht unmittelbar auf den Umfang und den Inhalt der beruflichen Tätigkeit eines Handelsvertreters oder eines Versicherungsvertreters aus. Es ist nicht denkbar, dass ein Steuerpflichtiger wegen einer möglichen steuerlichen Mehrbelastung, die im Regelfall nur in einem Veranlagungszeitraum auftreten wird, den Entschluss fassen wird, die Aufgabe des Berufs sei die einzig wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung (vgl. zum Verhältnis von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz zum Einkommensteuergesetz z. B. BFH-Urteil vom 05. Dezember 1997 VI R 94/96, BFHE 185, 8, BStBI. II 1998, 211).

Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Tarifgestaltung durch die Fünftel-Regelung (anderer Ansicht insoweit Jahndorf/Lorscheider, Verfassungswidrige Besteuerung außerordentlicher Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG, FR 2000, 433, 435 ff.) als auch hinsichtlich der Frage, ob die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG 2001 im Steuersenkungsergänzungsgesetz auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 in der Weise hätte rückwirkend ausgedehnt werden müssen, dass auch Entschädigungen aus den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 von dieser Neuregelung profitieren können.

Durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz wird der Gesetzgeber verpflichtet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dieser Grundsatz schlägt sich im Steuerrecht in der Weise nieder, dass die Besteuerung zum Einen gleichmäßig und zum Anderen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu erfolgen hat. Steuerpflichtige, die gleich leistungsfähig sind, haben die gleiche Steuerlast zu tragen (sogenannte horizontale Steuergerechtigkeit). Steuerpflichtige, die unterschiedlich leistungsfähig sind, sind auch unterschiedlich zu belasten (sogenannte vertikale Steuergerechtigkeit) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Mai 1990, 1 BvL 20, 26, 184 und 4/84, BVerfGE 82, 60, 89 und Beschluss vom 25. September 1992 BvL 5, 8,
14/91 BVerfGE87, 153, 170).

Entgegen der Auffassung der Kl. ist Vergleichsmaßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Steuergerechtigkeit im Hinblick auf den Tarifverlauf aber das gesamte zu versteuernde Einkommen, nicht aber die zur alleinigen Berechnung der Progressionsglättung verwendeten Rechnungspositionen, wie sie sich aus § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG ergeben. Wird das gesamte zu versteuernde Einkommen zugrunde gelegt, lässt sich eine Verletzung der Steuergerechtigkeit nicht feststellen. Ein Steuerpflichtiger mit außerordentlichen Einkünften, wie im Streitfall, wird maximal mit dem Spitzensteuersatz auf sein gesamtes zu versteuerndes Einkommen belegt. Im Vergleich mit einem Steuerpflichtigen, der ein gleich hohes zu versteuerndes Einkommen nur durch ordentliche Einkünfte erzielt, wird ein Steuerpflichtiger mit Einkünften, die der Fünftel-Regelung unterliegen, allenfalls gleichbehandelt, niemals aber schlechter gestellt als dieser Steuerpflichtige. Das zeigt sich auch im Streitfall, denn, wie bereits ausgeführt, würde sich für die Kl. im Veranlagungszeitraum 2000 ohne die tarifliche Ermäßigung des § 34 EStG 1999/2000 die Einkommensteuer auf 96.108 DM belaufen. Sie wäre damit um 26.902 DM höher als sie sich nach der tatsächlich durchgeführten Veranlagung ergibt, die die Fünftel-Regelung berücksichtigt, denn die Einkommensteuer im Bescheid vom 02.01.2002 beträgt lediglich 69.206 DM.

Die erneute Einführung des halben Steuersatzes durch § 34 Abs. 3 EStG 2001 in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes für außerordentliche Einkünfte in Form von Veräußerungsgewinnen kann für den vorhergehenden Veranlagungszeitraum und auch hinsichtlich außerordentlicher Einkünfte in Form von Entschädigungen keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz für den hier zu beurteilenden Veranlagungszeitraum 2000 begründen.

Der Bundesfinanzhof hat die Neuregelung in § 34 Abs. 3 EStG 2001 von seiner Ausgestaltung und von seiner Zielrichtung her als nicht vergleichbar mit der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Regelung des § 34 EStG (diese sah ebenfalls den halben Steuersatz für außerordentliche Einkünfte vor) und auch nicht mit der Nachfolgeregelung des § 34 EStG 1999/2000 angesehen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs stellt § 34 Abs. 3 EStG 2001 in der Fassung des Steuersenkungsergänzungsgesetzes keine reine Fiskalzwecknorm dar. Vielmehr sieht der Bundesfinanzhof in ihr eine Sozialzwecknorm, die der Sicherung der Altersversorgung mittelständischer Unternehmer dient. U. a. hieraus hat er abgeleitet, dass der Gesetzgeber aufgrund dieses mit der Gesetzesänderung verbundenen Systemwechsels nicht dazu verpflichtet war, eine rückwirkende Erstreckung der Regelung auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 vorzunehmen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Juli 2002, XI B 68/02, BFHE 201, 14, BStBI. II 2003, 341 vom 09. Dezember 2002, X B 28/02, BFH/NV 2003, 471, vom 25. Februar 2003, VIII B 253/02, BFH/NV 2003, 624, vom 07. März 2003, IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777 und vom 17. Oktober 2003, XI S 15/03, BFH/NV 2004, 482). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und verweist zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen.

Im Übrigen kann für den Streitfall offen bleiben, ob die Beschränkung der begünstigenden Regelung in § 34 Abs. 3 EStG 2001 auf bestimmte Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 16 und 18 EStG unter dem Gesichtspunkt des aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Gebots der Belastungsgleichheit verfassungsgemäß ist. Immerhin wird durch diese Beschränkung eine entsprechende Begünstigung von Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter und Versicherungsvertreter und auch von Abfindungen an Arbeitnehmer, die ansonsten ebenfalls die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG 2001 erfüllen können, ausgeschlossen. Für den hier streitigen Veranlagungszeitraum 2000 ist diese Frage jedenfalls nicht entscheidungserheblich, denn in diesem Veranlagungszeitraum besteht insoweit nach der gesetzlichen Regelung des § 34 EStG 1999/2000 keine unterschiedliche Behandlung. Alle außerordentlichen Einkünfte unterliegen der Fünftel-Regelung.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 34 EStG, § 24 Nr. 1c EStG, § 89b HGB

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