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30.04.2004 · IWW-Abrufnummer 041135

Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 19.04.2004 – 1 Ss 30/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
1. Senat für Bußgeldsachen

1 Ss 30/04
7 OWi 81 Js 12803/03

Bußgeldsache gegen XXX
wegen Ordnungswidrigkeit
hier: Rechtsbeschwerde

Beschluss vom 19. April 2004

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts P vom 8. Dezember 2003 aufgehoben.

2. Der Betroffene wird freigesprochen.

3. Die Staatskasse hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen.

Gründe:
I.
Der Betroffene wurde durch Urteil des Amtsgerichts P vom 8. Dezember 2003 wegen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr zu der Geldbuße von 250,00 ? verurteilt. Zugleich wurde dem Betroffenen mit der in § 25 Abs. 2a StVG vorgesehenen Maßgabe für die Dauer von einem Monat verboten, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen.

In dem angegriffenen Urteil hat das Amtsgericht dem am 24. Mai 2003 um 01.30 Uhr begangenen Verstoß gegen § 24a Abs.1 StVG zwei Atemalkoholmessungen mit dem Dräger Alcotest 7110 Evidential zu Grunde gelegt, bei denen sich ein Messergebnis von 0,26 mg/l ergeben hatte. Allerdings trugen die beiden kontrollierenden Polizisten Uhren mit abweichenden Zeitangaben, die ihrerseits wiederum von der Uhr des Dräger-Gerätes abwichen. Eine sichere Feststellung der Zeitabläufe war deshalb nicht mehr möglich.

Die Einhaltung einer Wartezeit von 20 Minuten nach dem Trinkende bis zum Beginn der ersten Atemalkoholmessung hat das Gericht gleichwohl aufgrund einer eigenen, nicht über eine Schätzung hinaus gehenden, Rekonstruktion der Zeitabläufe für eingehalten erachtet und - sachverständig beraten - erklärt, dass an der Verwertbarkeit der Messung auch dann keine Zweifel bestünden, wenn die empfohlene Wartezeit von 20 Minuten im vorliegenden Fall unterschritten worden wäre. Auch die Einhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit, in der der Betroffene vor der Messung keine Substanzen durch Mund und Nase aufnehmen soll, konnte das Gericht nicht sicher feststellen, hielt die Messung mit dem in der Hauptver-handlung gehörten Sachverständigen aber auch dann für aussagekräftig und verwertbar, wenn diese Frist im vorliegenden Fall unterschritten worden sein sollte.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Urteilszustellung an seinem Verteidiger form- und frist-gerecht mit der Sachrüge begründet.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Das angefochtene Urteil kann nicht bestehen bleiben, weil das Gericht weder zur Einhaltung der Wartezeit von 20 Minuten nach dem Trinkende bis zum Beginn der ersten Atemalkoholmessung, noch zur Einhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit, in der der Betroffene vor der Messung keine Substanzen durch Mund und Nase aufnehmen soll, sichere und rechtlicher Überprüfung Stand haltende Feststellungen getroffen hat.

Bei der Bestimmung der Atemalkohol-Konzentration handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts gestellten Anforderungen genügen (BGHSt 46, 358 <363>). Nach diesem Gutachten des Bundesgesundheitsamts besteht für das Messverfahren neben dem Erfordernis einer Kontrollzeit von 10 Minuten vor der Atemalkoholmessung u.a. die Vorgabe, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss. Die vorgeschriebene Kontrollzeit von 10 Minuten vor der ersten Messung dient dazu, die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch Mund- oder Mundrestalkohol auf das Messergebnis auszuschließen. Die Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Messbeginn ist erforderlich, weil sich erst nach dieser Zeit ein definiertes Verhältnis zwischen Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration einstellt, das kurzfristigen Schwankungen nur noch in geringem Maß unterworfen ist (vgl. Schoknecht NZV 2003, 67; BayObLG, NJW 2003, 1752).

Wenn - wie im vorliegenden Fall - nach dem Messergebnis der Gefahren-grenzwert des § 24a Abs. 1 Nr. 2 StVG von 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft nur ganz geringfügig überschritten worden ist, kann das Ergebnis des standardisierten Messverfahrens zur Ermittlung der Atemalkoholkonzentration mit dem Dräger Alcotest 7110 Evidential nur dann ohne Rechtsfehler verwertet werden, wenn die genannten Warte- und Kontrollzeiten eingehalten wurden. Insoweit sind jedenfalls dann sichere und durch das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbare Feststellungen unverzichtbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - konkrete Zweifel an ihrer Einhaltung bestehen.
Solche Feststellungen hat das Amtsgericht in seinem angegriffenen Urteil nicht getroffen. Angesichts der Besonderheiten des Falles schließt der Senat auch aus, dass entsprechende Feststellungen bei einer Neuverhandlung noch getroffen werden könnten. Der Betroffene war deshalb freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.

RechtsgebietStVGVorschriften§ 24a Abs. 1 Nr. 2 StVG

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