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17.10.2003 · IWW-Abrufnummer 032267

Finanzgericht Münster: Urteil vom 13.03.2003 – 5 K 6810/00 U

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


URTEIL

5. Senat
5 K 6810/00 U

In dem Rechtsstreit der W GmbH & Co. KG, vertreten durch die W... Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch Ihren Geschäftsführer Herrn J...

- Klägerin -

Prozessbevollmächtigter:

gegen das Finanzamt
- vertreten durch den Vorsteher -

- Beklagter -

wegen Umsatzsteuer 1999

hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 13.03.2003, an der teilgenommen haben:

1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht
2. Richter am Finanzgericht
3. Richter am Finanzgericht
4. Ehrenamtliche Richterin
5. Ehrenamtlicher Richter

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Gründe:

Streitig ist die Vorsteuer aus Geschenkgutscheinen bzw. aus der Lieferung der darin enthaltenen Waren.

Die Klägerin (Klin) betreibt einen Sportartikelhandel. Sie erwarb von der Firma E 90 Geschenkgutscheine. Der Text der Gutscheine lautet:
?Geschenkgutschein
Warenzertifikat
Betrag
Ausstellungsdatum
Filiale
Unterschrift Filialleitung
Dieses Warenzertifikat berechtigt Sie, sich bei E aus dem vorhandenen Sortiment Waren bis zum abgegebenen Gesamtwert für Rechnung des Rechnungsnehmers auszusuchen. E handelt im Namen des Rechnungsnehmers?.

Auf der linken Seite ist außer eine Werbung für E in großen Buchstaben der Name der Klin mit dem Werbezusatz ?? aufgedruckt.

Auf der Rückseite findet sich nochmals die Aufschrift Geschenkgutschein bzw. Warengutschein. Außerdem ist der Zusatz enthalten: ?Dieses Warenzertifikat in allen E Filialen international ausschließlich gegen Ware eingelöst werden. Bei Verlust dieses Warenzertifikats ist kein Ersatz möglich?.

In der Rechnung vom 21.09.99 über die Gutscheine ist die USt gesondert ausgewiesen. Grundlage dieser Gutscheine ist eine sog. Rahmenvereinbarung. Diese Rahmenvereinbarung ist auf der Rückseite der Rechnung vom 21.09.99 (Bl. 49 GA) abgedruckt. Wesentlicher Inhalt ist, dass durch den Erwerb der Gutscheine ein Kaufvertrag zwischen E und der Klin zustande kommt und sich die Klin bei der Auswahl der Waren gem. § 263 Abs. 1 BGB durch jeden Inhaber des Gutscheins bei dessen Vorlage vertreten lassen kann (§ 2 der Rahmenvereinbarung). Die Übereignung der ausgesuchten Waren erfolgt nach der Auswahl durch E an die Klin. Danach ist E ermächtigt, sich im Namen der Klin mit dem Inhaber des Gutscheins zu einigen, dass das Eigentum an den ausgesuchten Waren auf ihn übergeht (§ 3 der Rahmenvereinbarung). Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird hierauf Bezug genommen.

Die Klin hat die Gutscheine an aussen stehende Dritte, aber auch eigene Mitarbeiter verteilt. Die Einlösung der Gutscheine erfolgte ohne Ausweis von USt. Auf dem Kassenzettel ist dabei ausgedruckt:

Filiale
Artikel
Summe Eur.
GUTS. EINL.
ggf. Rückgeld

Muster derartiger Kassenbeiträge finden sich auf Bl. 76 GA und auf Bl. 60 GA.

In einer berichtigten USt-Erklärung 1999 hat die Klin diese Vorsteuer geltend gemacht. Am 17.2.2003 hat E eine Schlussrechnung über die Lieferung von Artikel in 1999 mit gesondert ausgewiesener USt von 560,88 DM erteilt.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) lehnten den Vorsteuerabzug ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 06.10.2000) verfolgt die Klin ihr Begehren weiter. Sie meint, sie habe einen Anspruch auf die Vorsteuer. Sie hat zunächst vorgetragen, der Leistungsaustausch gem. § 15 UStG liege in der entgeltlichen Lieferung des Gutscheins. Der Gutschein selbst sei Gegenstand der entgeltlichen Warenlieferung. Die Gutscheine als Warenzertifikate hätten aus Marketinggründen einen eigenen Wert als Werbeträger. Deshalb komme den Gutscheinen nicht lediglich die Bedeutung eines Beweismittels (Quittung) zu. Auch aus § 2 Abs. 1 des Rahmenvertrages (Pflicht für E zur Abgabe von Waren im Wert des im Gutschein ausgewiesenen Betrages; Verbot der Rückgabe vom Bargeld) folge, dass mit den Gutscheinen ein eigenständiger Leistungsaustausch bewirkt werde und nicht nur ein Tausch von Zahlungsmitteln vorliege. Das werde zudem deshalb dadurch bestätigt, dass die Gutscheine bei E mit bis zu 35 % Rabatt erworben und dann mit Aufschlag weiter vermarktet werden. Aus diesem Grunde stehe ? anders als bei Telefonkarten ? die Erbringung der Verfügungsmacht an den Gutscheinen im Vordergrund. Im Übrigen liege ein Rechtsverkauf vor, wenn man die Rahmenvereinbarung außer Acht lasse.

Aber auch dann, wenn man die Gutscheine als bloße Quittung ansähe, wäre ihre Berechtigung zum Vorsteuerabzug gegeben. Dieser Anspruch folge aus der Rechnung E vom 17.02.2003 über die in 1999 gelieferten Artikel. Sie ? die Klin ? sei Leistungsempfängerin, weil sie sich bei der Auswahl der Waren habe vertreten lassen. Sie habe die für ihr Unternehmen gelieferten Waren sofort an Dritte bzw. Ihre Arbeitnehmer weitergegeben. Das werde auch dadurch bestätigt, dass E nur zu ihr ? der Klin ? in Leistungsbeziehung stehe. Damit stehe ihr die Vorsteuer aus der Lieferung der Waren zu. Den Vorsteuerabzug hat sie betragsmäßig eingeschränkt, weil auch Gutscheine über 75 DM an Dritte weitergegeben worden sind und insoweit der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG ausgeschlossen ist.

Die Klin beantragt,

den USt-Bescheid 1999 vom 10.03.2000 in Gestalt der EE vom 06.10.2000 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 496,51 DM anerkannt werden; im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen; im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Es meint, dass die Gutscheine nicht Gegenstand der Warenlieferung seien. Auch liege kein Rechtsverkauf vor, da Produkte geliefert würden. Diese Produkte würden an die Inhaber der Gutscheine und nicht an die Klin geliefert. Aus den Unterlagen folge, dass E die Gutscheine als Zahlungsmittel annehme.

Der Senat hat am 13.03.2003 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vorsteuer, da sie die mit den Gutscheinen bezahlten streitigen Lieferungen nicht als Leistungsempfängerin erhalten hat.

Gemäß § 15 UStG ist für den Vorsteuerabzug u. a. erforderlich, dass Lieferungen für das eigene Unternehmen ausgeführt worden sind und in Rechnungen hierüber die Steuer gesondert ausgewiesen ist.

Im Streitfall fehlt es an derartigen Lieferungen von E an die Klin.

Derartige Lieferungen liegen ? wie auch die Klin ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat ? nicht schon in der Übergabe der Gutscheine. Diese sind nur Beweispapiere gem. § 807 BGB, die wegen ihrer Einordnung wie ein gesetzliches Zahlungsmittel nur zu einem Tausch von Zahlungsmitteln gegen Zahlungsmittel und damit nicht zu einer Lieferung geführt haben (vgl. EuGH-Urteile vom 16. Januar 2003 Rs. C-398/99, UR 2003, 89, Rz. 20; vom 15. Oktober 2002 Rs. C-427/98, UVR 2003, 62, Rz. 58 und vom 24. Oktober 1996 Rs. C-288/94, UR 1997, 263, Rz. 19).

E hat auch bei Einlösung der Gutscheine keine Ware an die Klin geliefert. Nach Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. der Begriff der Lieferung eines Gegenstands bezieht sich dabei nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern er umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Februar 2003 C-185/01, Beilage zur BFH/NV 4/2003, 108, Tz. 32).

Unstreitig waren die unter Vorlage des Gutscheins in den Filialen der Fa. E einkaufenden Drittel befugt, über die gekauften Artikel so zu verfügen, als wären sie die Eigentümer, weil sie diese unmittelbar von den Mitarbeitern der Fa. E erhalten haben und die Klin zu keiner Zeit darüber entscheiden konnte, wie und wozu diese Artikel verwendet werden sollten.

Der von der Klin vertretenen Auffassung, die Artikel seien an sie selbst geliefert worden, da die Dritten diese in ihrem Namen und für ihre Rechnung gekauft hätten und sie die Artikel bereits vorab (in Fällen der Zuzahlung bei höherpreisigen Artikeln zumindest teilweise) bezahlt habe, kann nicht gefolgt werden.

Zum einen fehlt es bereits nach dem Inhalt der Gutscheine an einer Regelung, aus der sich eine solche Stellvertretung durch die Inhaber der Gutscheine ergeben könnte. Danach waren die Gutscheininhaber zwar dazu berechtigt, Ware für Rechnung des Rechnungsnehmers auszusuchen. Daraus folgt aber gerade nicht, dass sie beim Erwerb der Ware auch im Namen der Klin und damit als deren Stellvertreter handeln durften oder gar sollten. Die Berechtigung, Ware für Rechnung des Rechnungsnehmers auszusuchen, ist bestenfalls dahin gehend zu verstehen, dass der Gutscheininhaber mit diesem Gutschein Ware erwerben konnte, die der sog. Rechnungsnehmer ? was hier wohl die Klin sein sollte ? bereits in Höhe des Gutscheinwertes vorab bezahlt hatte.

Zu anderen vermag das Gericht keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die Gutscheininhaber beim Erwerb der Ware unter Vorlage der Gutschein die Waren tatsächlich im Namen der Klin erworben haben. Dem widerspricht bereits der normale Ablauf eines Kaufs im Einzelhandel. Der Gutscheininhaber begibt sich mit dem Gutschein in eine Filiale der Fa. E. Dort sucht er aus dem Warensortiment einen oder mehrere Artikel aus, den bzw. die er erwerben möchte und unterbreitet den dort im Verkauf tätigen Angestellten ein entsprechendes Kaufangebot. Diese nehmen das Angebot ausdrücklich oder konkludent durch Übergabe der Ware an. Da der Gutschein für seinen Inhaber lediglich ein Zahlungsmittel darstellt und er die Artikel ausschließlich zum eigenen Bedarf erwirbt, hat er keinerlei Veranlassung hierbei als Stellvertreter für die Klägerin aufzutreten. Für ihn stellt sich der Erwerb vielmehr als völlig normaler eigener Erwerbsvorgang und als Rechtsgeschäft zwischen der Fa. E und ihm dar. In besonderer Weise wird dies in den Fällen deutlich, in denen Ware erworben wird, deren Wert den Gutscheinbetrag übersteigt. Denn auch hier wird und kann die Verfügungsmacht über die Ware nur einheitlich verschafft werden und zwar dem erwerbenden Kunden, der dann eine Zuzahlung leistet.

Auch aus dem Kassenbon, auf dem keine USt gesondert ausgewiesen wird, ergibt sich nichts Entgegenstehendes. Zum einen erhält der Kunde diesen Bon erst, nachdem der Kauf und die Lieferung bereits abgewickelt sind, weshalb der Bon keine Bedeutung für die Frage einer Stellvertretung bei diesen vorangegangenen, abgeschlossenen Rechtsgeschäften mehr entfalten kann. Zum anderen ergibt sich aus ihm für den Kunden erkennbar lediglich, dass der betreffende Kauf unter Einlösung eines Gutscheins erfolgt ist. Der Grund, weshalb ein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer auf dem Kassenbon unterbleibt, ist diesem nicht zu entnehmen.

Die zwischen der Klin und der Fa. E getroffene Rahmenvereinbarung ? die den Gutscheininhabern nicht bekannt geworden ist ? beinhaltet somit ? entgegen ihrem Wortlaut und der Ansicht der Klin ? keinen Vertrag über Warenlieferung, sondern vielmehr einen Vertrag über die Vorfinanzierung der Lieferung von Waren an die Einlöser der Gutscheine. Nicht die Klin hat die Waren gekauft, um sie an die Gutscheininhaber weiter zu liefern, sondern diese kaufen sie, wobei sie deren Beschaffenheit und Menge sowie den Zeitpunkt des Kaufs frei wählen. Die Klin übernimmt gegenüber den Gutscheininhabern in Wirklichkeit die Funktion eines Vorfinanzierers (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Februar 2003, a. a. O., Tz. 36).

Mangels Warenlieferung durch E an die Klin vermag dahin stehen, ob die neue, im Jahre 2003 erteile Rechnung im Streitzeitraum zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH nicht erfordern (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung ? FGO -). Die zu entscheidenden Rechtsfragen beantworten sich aus dem Gesetz.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietUStGVorschriften§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG

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