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27.10.2004 · IWW-Abrufnummer 021355

Finanzgericht Münster: Urteil vom 14.06.2002 – 11 K 1154/01 F

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Freigabe: 15.07.2002

FINANZGERICHT MÜNSTER

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

11. Senat
11 K 1154/01 F

In dem Rechtsstreit XXX

wegen gesonderter Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

hat der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 14.06,2002, an der teilgenommen haben:

XXX

im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2001 und Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 19.11.1999 wird festgestellt, dass außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Lebensversicherung ... der Nürnberger Lebensversicherung AG enthaltenen Spatanteile im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung zu 59,81 % einkommensteuerpflichtig sind.

Die bis zum 23.05.2002 entstandenen Kosten des Verfahrens werden zu 60 v. H. dem Kläger auferlegt. Die übrigen Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung der Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung xxx

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer gesonderten Einstellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen.

Der Kläger (Kl.) ist Eigentümer des Mietwohngrundstückes Bochum, Kaltehardstraße 37. Nach einem Brand nahm er Um- und Neubaumaßnahmen an diesem Objekt vor, nach deren Abschluss das Haus wie folgt genutzt wird:

zu eigenen Wohnzwecken 40,19 %
Vermietung der Tochter 21,53 %
Vermietung an die D. GmbH 38,28 %

Zur Finanzierung der Bauarbeiten nahm er bei der Nürnberger Lebensversicherung AG u. a. ein Darlehen über 300,000 DM auf, zu dessen Sicherung bzw. Tilgung er am 11.12.1996 die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. 061050062012 verpfändete.

Mit Bescheid vom 19.11.1999 stellte der Beklagte (Bekl.) fest, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zum Lebensversicherungsvertrag ... der Nürnberger Lebensversicherung AG erhaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt einkommensteuerpflichtig sind. Den dagegen erhobenen Einspruch wies der Bekl. durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 25.01.2001 zurück.

Der Kl. erhob mit Schreiben vom 28.02.2001 gegen die EE Klage. Die Klage war zunächst auf die ersatzlose Aufhebung des Feststellungsbescheides gerichtet. Seit dem Erörterungstermin vom 23.05.2002 wendet sich der Kl. nur noch insoweit gegen den Feststellungsbescheid, wie dort auch in dem Umfang von einer schädlichen Verwendung der Lebensversicherung ausgegangen wird, wie die Darlehensmittel zum Um-/Neubau des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teils verwendet worden sind. Die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen seien hinsichtlich dieses Teil nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 nicht einkommensteuerpflichtig, weil die Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG gegeben seien. Der Ausschluss vom Sonderausgabenabzug komme danach nur in Betracht, wenn die Ansprüche aus Versicherungsverträgen während deren Dauer Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienten, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien. Die Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken führte nicht zu Einkünften. Die Finanzierungskosten könnten daher auch weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sein. Die gesetzliche Regelung gehe nicht von einer insgesamt schädlichen Verwendung aus, wenn ein Teil des Gesamtdarlehens in einer Form verwendet werde, die dem Sonderausgabenabzug entgegenstehe.

Der Kl. beantragt sinngemäß,
die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 19. 11.1999 unter Aufhebung der EE vom 25.01.2001 zu ändern und festzustellen, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Lebensversicherung ... der Nürnberger Lebensversicherung AG enthaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung zu 59,81 % einkommensteuerpflichtig sind.

Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf Textziffer 10 des BMF-Schreibens vom 15.06.2000 (IV C 4 ? S 2221 ? 86/00, BStBl I 2000, 1118). Danach sei die Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung mehrerer Wirtschaftsgüter mit einem Gesamtdarlehen unter Einsatz von Lebensversicherungsansprüchen nur dann steuerunschädlich, wenn der Einsatzzweck jedes Wirtschaftsgutes steuerunschädlich sei und die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG insgesamt erfüllt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die ESt-Akte Bezug genommen.

Am 23.05.2002 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf das Protokoll wird verwiesen.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die Klage ist begründet.

Die ESt-Pflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Lebensversicherung der Nürnberger Lebensversicherung AG Nr. ... enthaltenen Sparanteilen ist zu Unrecht festgestellt worden, soweit das mit der Lebensversicherung gesicherte Darlehen zum Um- bzw. Neubau des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hausteils verwendet worden ist.

Nach § 9 der VO zu § 180 Abs. 2 AO wird die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert festgestellt, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgaben(SA)-Abzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG dürfen die dort genannten Versicherungsbeiträge grundsätzlich nicht abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus Versicherungsverträgen während deren Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben der Webungskosten sind.

Die Finanzierungskosten, die im Streitfall auf den Um- bzw. Neubau der eigengenutzten Wohnung entfallen, sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Die Nutzung einer zu Wohnung eigenen Wohnzwecken führt zu steuerlichen Einkünften (Konsumgutlösung). Damit zusammenhängende Finanzierungskosten können daher weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sein, so dass die Versicherungsbeiträge insoweit als SA abzugsfähig sind.

Dem SA-Abzug steht nicht entgegen, dass das vom Kl. aufgenommene, zur Finanzierung der Herstellung mehrerer Wirtschaftsgüter dienende Darlehen, zum Teil nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerschädlich verwendet wurde. Der Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG schließt es zumindest nicht aus, dass bei Gesamtdarlehen der SA-Abzug möglich ist, wenn und soweit das Darlehen steuerunschädlich verwendet wird.

§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG spricht zwar davon, das Darlehen müsse ?unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes?, dienen bezieht sich aber nur auf den Fall des Darlehens, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Der Wortlaut zwingt jedoch nicht dazu, ein Gesamtdarlehen stets einheitlich zu beurteilen.

Dem gesetzgeberischen Ziel der Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG steht es nicht entgegen, wenn die Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge im Fall von Gesamtdarlehen nach dem konkreten anteiligen Verwendungszweck differenziert beurteilt wird. Ziel der gesetzlichen Regelung war es, ungerechtfertigte Steuervorteile einzudämmen. Lebensversicherungen wurden vermehrt zu steuersparenden Finanzierungsmodellen eingesetzt, bei denen die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben/Werbungskosten den steuerfreien Kapitalerträgen aus den Lebensversicherungen gegenüberstanden. Die Versicherungen wurden zur Tilgung oder Sicherung der Darlehen verwendet und standen damit nicht mehr für Vorsorgezwecke zur Verfügung (BT-Drs. 12/1506, S. 170; Scheurmann-Kettner/Broudre, DB 1992, 1108; BB 94, 549). Zwar stehen die Versicherungen auch dann für Vorsorgezwecke nicht mehr zur Verfügung, wenn sie zur Sicherung/Tilgung von Darlehen dienen, die zur Finanzierung der Herstellungskosten von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnungen verwendet werden. Die gesetzliche Regelung erfasst jedoch nur die Fälle, in denen die Finanzierungskosten Betriebsausgaben/Werbungskosten sind. Wäre das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung der Herstellungskosten einer selbstgenutzten Wohnung verwendet worden, wären die Versicherungsbeiträge als SA abzugsfähig. Im Streitfall ist die Darlehensverwendung unstreitig exakt abgrenzbar. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der SA-Abzug insoweit allein deshalb nicht möglich sein sollte, weil das Darlehen daneben teilweise steuerschädlich verwendet worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 20 I Nr. 6, 10 II S. 2 EStG

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