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  • 01.01.2006 | Unterhalt

    Haftungsfallen im Zusammenhang mit der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts

    von RA Thomas Herr, FA Familienrecht und Arbeitsrecht, Kassel

    Eine große Regressfalle besteht im Unterhaltsrecht bei der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts. Der Beitrag zeigt sowohl die Gefahren für den Unterhaltsschuldner und die Regressrisiken seines Anwalts bzw. des Urkundsnotars als auch vorbeugende vertragliche Gestaltungs- und prozessuale Verfahrensmöglichkeiten auf. Die besondere Aktualität ergibt sich aus der anstehenden Unterhaltsrechtsreform, deren mögliche Auswirkungen bereits jetzt bedacht werden sollten, wenn Unterhaltsvergleiche geschlossen werden.  

     

    Befristung von Unterhalt

    Das BGB sieht verschiedene Befristungstatbestände vor:  

     

    Befristungsmöglichkeiten beim nachehelichen Unterhalt
    • § 1573 Abs. 5 BGB: Unterhaltsansprüche nach § 1573 Abs. 1bis 4 BGB – also wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt – können zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dabei ist Folgendes zu beachten:

     

    • Befristungsgründe: Bei kurzer Ehedauer lautet die Formel zur Berechnung der Ehedauer wie folgt: (Datum Zustellung Scheidungsantrag ./. Datum Eheschließung) + anschließende Dauer der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes bis maximal 16. Lebensjahr = Ehedauer.

     

    Wie kurz eine Ehe gewesen sein muss, um eine Befristung zu ermöglichen, ist Einzelfallfrage (Rechtsprechungsnachweise bei Brudermüller, FamRZ 98, 649). Grundsätzlich hat eine über zehn Jahre hinaus gehende Ehedauer ein besonderes Gewicht (Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1573 Rn. 33). Andererseits weist der BGH in seiner neuen Rechtsprechung ausdrücklich auf die Befristungsmöglichkeit als Ausgleich der Nachteile der Differenzmethode, welche diese für den Unterhaltsschuldner hat, hin (BGH FamRZ 01, 986).

     

    Praxishinweis: Seit der Entscheidung BGH FamRZ 01, 986, ist in erhöhtem Maße auf Befristungsmöglichkeiten zu achten!

     

    Andere Kriterien sind Bedürftigkeit wegen der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, ehebedingte Nachteile jeder Art, die soziale Biografie, das Alter, der Gesundheitszustand und Vertrauensinvestitionen des Unterhaltsberechtigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien. Kein ehebedingter Nachteil ist das allgemeine Arbeitsplatzrisiko (Brudermüller, a.a.O.).

     

    • Zweck der Vorschrift: Förderung der Einzelfallgerechtigkeit und Umsetzung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit. Entlastung des unterhaltspflichtigen Ehegatten von ehefremden Risiken wie etwa dem allgemeinen Arbeitsmarktrisiko.

     

    • § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB: Die Vorschrift betrifft – anders als § 1573 Abs. 5 BGB – alle Unterhaltstatbestände (BGH NJW 86, 2832). Für die Prüfung der Unbilligkeit gelten jedoch die gleichen Maßstäbe. § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB will ebenfalls eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte Teilhabe am ehelichen Lebensstandard ausschließen (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1578 Rn. 77, 78). Unterschiede bestehen aber bei der Beurteilung der Ehedauer und den Rechtsfolgen. Für die Berechnungsweise der Ehedauer gelten die Grundsätze des § 1573 Abs. 5 BGB, für die rechtliche Beurteilung, ob die Ehe kurz war, jedoch die des § 1579 Nr. 1 BGB. Kurz ist eine Ehe hiernach in der Regel bis zu einer Dauer von zwei Jahren, sie ist es in der Regel nicht mehr ab einer Dauer von drei Jahren.

     

    Anders als bei § 1573 Abs. 5 BGB kommt nicht nur eine Unterhaltsbefristung in Betracht, sondern auch die Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf. Untergrenze ist in der Regel der angemessene Selbstbehalt nach der Düsseldorfer Tabelle (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1578 Rn. 80).

     

    • § 1579 BGB: Die Befristung wegen unbilliger Härte nach § 1579 BGB wird hier, da systematisch nicht zum Problemkreis gehörend, nicht ausführlich behandelt. Die Vorschrift will als negative Härteklausel Ergebnisse vermeiden, die dem Gerechtigkeitsempfinden grob widersprechen. § 1579 BGB gilt für alle Unterhaltstatbestände, beim Trennungsunterhalt gelten aber nur die Nrn. 2 bis 7 (§ 1361 Abs. 3 BGB). Statt § 1579 Nr. 1 BGB (kurze Ehedauer) gilt beim Trennungsunterhalt § 1361 Abs. 2 BGB.
     

    Richtiger Zeitpunkt der zeitlichen Begrenzung des Unterhalts

    Liegen zum Zeitpunkt der Titelerrichtung über (nachehelichen) Unterhalt Umstände vor, die eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltspflicht begründen können, müssen sie grundsätzlich bereits bei der Titulierung berücksichtigt werden. Eine nachträgliche Befristung ist – außer bei Vergleichen: nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage – nach der Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen (BGH FamRZ 95, 665). Es ist zu unterscheiden: