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  • · Nachricht · Entfernungspauschale/Dienstreisekosten

    Leiharbeitnehmer haben keine erste Tätigkeitsstätte im Entleihbetrieb

    | Nach der bis 2013 geltenden Rechtslage hatten Leiharbeiter typischerweise keine „regelmäßige Arbeitsstätte“ und konnten die Fahrtkosten zum Entleihbetrieb nach Dienstreisekostengrundsätzen abrechnen. Mit der Neuregelung 2014 wurde aus der regelmäßigen Arbeitsstätte die „erste Tätigkeitsstätte“ (§ 9 Abs. 4 EStG 2014). Seither war unklar, ob die Beschränkung auf die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auch für Leiharbeiter gilt. Das FG Niedersachsen (30.11.16, 9 K 130/16, Rev. BFH VI R 6/17 ) meint nein, denn der Entleihbetrieb sei mangels dauerhafter Zuordnung keine erste Tätigkeitsstätte. |

     

    Im Streitfall war der Kläger seit Mai 2012 bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt. Das Leiharbeitsverhältnis war zunächst bis November 2012 befristet und mehrfach bis Mai 2015 verlängert worden. Laut Arbeitsvertrag musste der Kläger jederzeit mit einer bundesweiten Umsetzung/Versetzung einverstanden sein. Das FG ging die Voraussetzungen einer dauerhaften Zuordnung (§ 9 Abs. 4 S. 3 EStG 2014) im Einzelnen durch:

     

    • Unbefristet (1. Alt.): Ein Leiharbeiter, der „bis auf Weiteres“ im Entleihbetrieb tätig ist, ist dort gerade nicht unbefristet beschäftigt. Das FG Niedersachsen stellt sich hier gegen das BMF (24.10.14, IV C 5-S 2353/14/10002, BStBl. I 14, 1412, Tz. 13).

     

    • Für die Dauer des Dienstverhältnisses (2. Alt.): Eine Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses ist bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen die Ausnahme, z. B. dann wenn die Zuordnung für die gesamte Dauer zu einem bestimmten Betrieb des Entleihers bereits bei Beginn des Leiharbeitsverhältnisses bzw. der jeweiligen Verlängerung - für den Leiharbeitnehmer erkennbar - feststeht.
    • Über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus (3. Alt.): Arbeitsrechtliche Besonderheiten (§ 1 Abs. 1 S. 2 AÜG: „vorübergehend“) legen nahe, dass bei Leiharbeitsverhältnissen bereits aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht von einer dauerhaften Zuordnung zu einem Entleihbetrieb ausgegangen werden kann.

     

    Zum letzten Kriterium führt das FG weiter aus: Nach § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG in der für das Streitjahr geltenden Fassung erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“. Auf eine zeitliche Begrenzung hat der Gesetzgeber zwar verzichtet. Nach der Rechtsprechung des BAG (30.9.14, 1 ABR 79/12, Rz. 43) ist jedoch eine ohne jegliche zeitliche Begrenzung vorgenommene Arbeitnehmerüberlassung, bei der ein Leiharbeitnehmer dauerhaft anstelle eines Stammarbeitnehmers eingesetzt werden soll, nicht mehr vorübergehend und damit rechtswidrig. Zudem sieht der Reformentwurf des AÜG nun in § 1 Abs. 1b S. 1 eine 18-monatige Überlassungshöchstdauer zum 1.4.17 vor.

     

    Zumindest die beabsichtigte Höchstverleihdauer von 18 Monaten, die deutlich unterhalb der gesetzlichen Schwelle von 48 Monaten liegt, macht deutlich, dass bei Leih-Arbeitnehmerüberlassungen grundsätzlich keine dauerhaften Zuordnungen denkbar sind. Ist arbeitsrechtlich eine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb gesetzlich untersagt und folgt das Steuerrecht - was diese Zuordnungsfrage betrifft - dem Arbeitsrecht, kann sich auch steuerrechtlich keine dauerhafte Zuordnung ergeben, die zu einer ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers führt.

     

    PRAXISHINWEIS | Leiharbeitnehmer sollten die Fahrtkosten zum Betrieb des Entleihers nach Reisekostengrundsätzen (0,30 EUR je gefahrenen Kilometer) geltend machen und nicht die Entfernungspauschale (0,30 EUR je Entfernungskilometer) ansetzen. Erkennt das FA die Reisekosten nicht an, sollte Einspruch eingelegt und Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf das Verfahren beim BFH beantragt werden.

     
    Quelle: ID 44655436