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  • · Fachbeitrag · Familienrecht

    Vermögenssorge für Minderjährige im Erbfall

    von RA Wolfgang Krüger, LL.M., FA Erbrecht und Familienrecht, Köln

    | Das Vermögen eines minderjährigen Kindes unterliegt einschließlich etwaigen Erwerben von Todes wegen grundsätzlich der elterlichen Sorge nach § 1626 Abs. 1 S. 2, § 1626a BGB. Trennen sich die Eltern, kommt es zu Ungewissheiten: Häufig stellt sich die Frage, wie im Fall eines eigenen Versterbens eine Erbschaft des Kindes vor dem Zugriff des anderen Elternteils geschützt werden kann. Das Familienrecht bietet dem erbrechtlichen Berater hierfür eigene Regelungsmöglichkeiten für die Verwaltung an. |

    1. Grundprinzip der elterlichen Vermögenssorge

    § 1680 BGB regelt, wer die Sorge einschließlich der Vermögenssorge fortführt, wenn der Sorgeberechtigte eines minderjährigen Kindes stirbt. Der Gesetzgeber sieht vor, dass dies in aller Regel der überlebende Elternteil ist. Übten die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, erfolgt die Übertragung gesetzlich, § 1680 Abs. 1 BGB. Dieser Automatismus gilt nicht, wenn der überlebende Elternteil im Zeitpunkt des Todes des anderen Elternteils nicht Sorgerechtsinhaber war. Dann entscheidet das FamG von Amts wegen, ob das Sorgerecht dem überlebenden Elternteil übertragen oder ein Vormund bestellt wird. Ergänzend gelten Abs. 1 und Abs. 2 der Norm wenn der Tod des sorgeberechtigten Elternteils nach §§ 2 ff. VerSchG festgestellt wird, § 1681 Abs. 1 BGB.

    2. Ausschluss der elterlichen Verwaltungsbefugnis

    Die Verwaltungsbefugnis der Eltern oder eines Elternteils für von Todes wegen erlangtes Vermögen, Surrogate und Früchte kann jedoch ausgeschlossen werden, § 1638 BGB. Dies gilt auch für Ansprüche aus Pflichtteilsrecht (OLG Hamm FamRZ 69, 662). Die Entscheidung über Annahme und Ausschlagung liegt dagegen weiter bei den Eltern, auch wenn sie beide ausgeschlossen sind (OLG Karlsruhe FamRZ 65, 573; MüKo/Huber, BGB, 5. Aufl., § 1638 Rn. 6). Nach anderer Ansicht liegt die Entscheidung bei dem nicht ausgeschlossenen Elternteil oder bei dem nach § 1902 Abs. 1 S. 2 BGB zu bestellenden Vermögenspfleger (Damrau, Der Minderjährige im Erbrecht, 2. Aufl., Rn. 119 ff.; Frenz DNotZ 95, 908, 913). Der Ausschluss setzt die Form einer letztwilligen Verfügung im Sinne von § 1937 BGB voraus, § 1638 Abs. 3 BGB. Zuwendender kann jeder Dritte, aber auch ein Elternteil sein (Palandt/Diederichsen, BGB, 72. Aufl., § 1638 Rn. 2). Art und Umfang des Entzugs stehen im Belieben des Zuwendenden (BayObLG NJW 64, 2110). Die Ausschließung kann auf einen Elternteil beschränkt angeordnet werden.

     

    Musterformulierung / Ausschluss der Verwaltungsbefugnis

    Falls … [Kind], derzeit wohnhaft: … [Adresse], zum Zeitpunkt des Erbfalls noch minderjährig ist, entziehe ich … [Eltern/Elternteil], derzeit wohnhaft: … [Adresse], gemäß § 1638 BGB das Recht, den Erwerb von Todes wegen zu verwalten.

     

     

    Das von der Beschränkung erfasste Vermögen ist der Verwaltung der ausgeschlossenen Eltern mit der Zuwendung entzogen. Sie können auch keinen Erbschein für das Kind beantragen (OLG Frankfurt FamRZ 97, 1115). Verfügen sie trotzdem, steht die Wirksamkeit ihres Handelns unter dem Vorbehalt der §§ 177 ff., 677 ff. BGB: Die Verfügungen sind schwebend unwirksam.

     

    Mit der beschränkten Zuwendung hat das FamG eine Zuwendungspflegschaft nach § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB einzurichten (BayObLG FamRZ 64, 522, 523). Ist lediglich ein Elternteil von der Verwaltung des Vermögens ausgeschlossen, obliegt sie dem anderen Elternteil, § 1638 Abs. 3 S. 1 BGB. In diesem Fall wird kein Pfleger bestellt (BGH FamRZ 08, 1156). Weiter kann der Zuwendende selbst einen Pfleger benennen. Außer bei einer Gefährdung der Kindesinteressen ist diese Wahl für das Gericht bindend, § 1917 Abs. 2 S. 2 BGB.

     

    Musterformulierung / Benennung eines Pflegers

    Für den Fall, dass die Bestellung eines Pflegers erforderlich werden sollte, benenne ich … [Dritten], derzeit wohnhaft: … [Adresse], ersatzweise … [weiteren Dritten], derzeit wohnhaft: … [Adresse], als Pfleger.

     

     

    Der bestellte Pfleger ist bei der Verwaltung des Erwerbs von Todes wegen der Kontrolle des FamG unterworfen. Ist er eine Person des Vertrauens, ist das häufig unnötig. Es sollte in diesen Fällen über eine Befreiung nach §§ 1852 ff. BGB nachgedacht werden. Weiter kann der Pfleger von der Pflicht zur jährlichen Rechnungslegung entbunden werden, § 1854, § 1840 Abs. 1 S. 1 BGB. Dann ist der Vermögensbestand in einem Zwei- bis Fünfjahresturnus zu dokumentieren. Die einzelnen Ab- und Zugänge sind nicht zu erläutern.

     

    Musterformulierung / Befreiung von jährlicher Rechnungslegung

    Für den Pfleger ordne ich die in den §§ 1852 bis 1854 BGB bezeichneten Befreiungen an.

     

     

    Droht trotzdem eine erhebliche Gefährdung der Kindesinteressen, kann das FamG die Anordnungen des Zuwendenden ganz oder teilweise außer Kraft setzen. Doch Achtung: Voraussetzung ist, dass das Gericht von der drohenden Beeinträchtigung Kenntnis erlangt (§ 1803 Abs. 2, § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB).

     

    Ergänzend zum Entzug der Vermögenssorge nach § 1638 BGB sollte bei einer Zuwendung von Todes wegen über die Einrichtung einer Testamentsvollstreckung nachgedacht werden. Der Testamentsvollstrecker unterliegt anders als ein Pfleger nach § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB nicht den Beschränkungen der §§ 1821 ff. BGB (etwa Genehmigungsvorbehalte für einen Grundstücksbereich). Bei der Abwägung ist auch § 2306 BGB zu berücksichtigen. Falls die Eltern eine Genehmigung nach § 1643 Abs. 2 BGB erhalten, können sie für das Kind eine Erbschaft, einen Erbteil oder ein Vermächtnis ausschlagen.

     

    3. Beschränkung der elterlichen Verwaltungsbefugnis

    Ist kein Ausschluss der Vermögenssorge der Eltern gewünscht, können nach § 1639 BGB einschränkende Verwaltungsanordnungen als milderes Mittel getroffen werden. Es gelten insoweit die gleichen formellen Voraussetzungen wie beim Ausschluss nach § 1638 BGB. Inhaltlich muss klar sein, dass die Verwaltungsanordnungen bindend sein sollen. Wünsche oder Empfehlungen des Zuwendenden entfalten indes keine Rechtspflicht (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1639 Rn. 1). Die Anordnungen müssen zudem bestimmt sein.

     

    Adressat der einschränkenden Verwaltungsanordnung sind der oder die sorgeberechtigten Elternteile. Ein Pfleger muss in den Fällen des § 1639 BGB nicht bestellt werden, da das elterliche Verwaltungsrecht bestehen bleibt (BayObLG RPfleger 82, 180). Missachten die Sorgeberechtigten die Anordnungen, bleibt ihr Handeln trotzdem wirksam. In diesen Fällen können aber Schadenersatzpflichten entstehen, § 1664 BGB. Im Einzelfall kommen auch gerichtliche Maßnahmen nach den §§ 1666 ff. BGB in Betracht.

    4. Inventarisierung

    Schließlich ist der Sorgeberechtigte verpflichtet, Erwerbe von Todes wegen (Erbe, Pflichtteil oder Vermächtnis) zu Gunsten des Kindes von mehr als 15.000 EUR in einem Vermögensverzeichnis festzuhalten und dem FamG mitzuteilen. Abzustellen ist auf den Verkehrswert der Aktiva abzüglich der Passiva (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1640 BGB Rn. 4). Die Angaben sind nach dem jeweiligen Stand am Todestag zu machen.

     

    Verpflichtet werden durch § 1640 BGB die Eltern des minderjährigen Kindes. Voraussetzung ist, dass sie zum Zeitpunkt des Erwerbs die Verwaltung des Vermögens des Kindes innehaben. Die Regelung gilt nicht für nach § 1909 BGB als Pfleger eingesetzte Dritte. Diese müssen aber ein Vermögensverzeichnis nach § 1802, § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB erstellen.

     

    Das Verzeichnis ist schriftlich oder durch Erklärung gegenüber dem FamG zu fertigen. Mit Ausnahme von Hausratsgegenständen müssen die erworbenen Gegenstände so genau verzeichnet werden, dass eine Identifizierung selbst nach längerer Zeit möglich ist, § 1640 Abs. 1 S. 3 BGB. Die meisten FamG übersenden hierzu eigene, weder bundes- noch landeseinheitliche Vordrucke, die auch im Internet verfügbar sind. Die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben in dem Vermögensverzeichnis sind gegenüber dem FamG zu versichern. Belege müssen dem Verzeichnis nur beigefügt werden, soweit sie in Bezug genommen werden.

     

    Kommt die sorgeberechtigte Person der Verpflichtung nicht nach, kann das FamG sich aller Zwangsmittel nach § 35 FamFG bedienen. Bei hartnäckiger Verweigerung kommt zudem die Entziehung der Vermögenssorge in Betracht, § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB. Der Zuwendende hat die Möglichkeit, die Eltern des Kindes von der Inventarisierungspflicht zu befreien, § 1640 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Bei Erwerben von Todes wegen erfolgt die Befreiung abermals in Form einer letztwilligen Verfügung. Dies ist aber nur in Ausnahmefällen sinnvoll.

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 103 | ID 38478500