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  • 07.01.2008 | Der praktische Fall

    Schnittstelle Familien- und Erbrecht

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht, Düsseldorf

    Die Verbindungen von Familien- und Ehegattenerbrecht können bereits vor der Eheschließung ihre Wirkungen zeigen (vgl. zum Thema Schnittstelle Familien- und Erbrecht auch das IWW-Seminar. Näheres dazu unterwww.iww.de, Seminare & Kongresse). Der Standesbeamte vereitelt zumindest objektiv das an die Ehe gebundene Ehegattenerbrecht der überlebenden Verlobten, wenn er die Trauung nicht vor dem Tod des schwer erkrankten potenziellen Ehemannes durchführt. Dazu ein Fall des OLG Düsseldorf:  

     

    Der Fall des OLG Düsseldorf (FamRZ 04, 703)

    Die Klägerin und Verlobte K möchte ihren schwer erkrankten Verlobten V heiraten. Alle Unterlagen sind vorhanden. K hat auf eine Nottrauung in seiner Wohnung gedrängt. Telefonisch verlangte das zuständige Standesamt ein Gesundheitszeugnis. Sodann wurde telefonisch in einem Gespräch zwischen K und dem Standesbeamten eine Nottrauung am gleichen Tag am Krankenbett von V in Gegenwart des behandelnden Arztes A vereinbart. Dieser traf gegen Mittag ein, als es V erheblich schlechter ging. Der zuständige Standesbeamte konnte wegen seiner Mittagspause nicht erreicht werden. Auf Drängen der K nahm der Arzt eine „Nottrauung“ vor, bei der V noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sein soll. V verstarb um 13.10 Uhr, ohne dass der Standesbeamte noch erschienen war und eine Trauung vornehmen konnte. K macht den Schaden geltend, der ihr dadurch erwachsen sei, dass keine wirksame Nottrauung vollzogen wurde. Sie wäre Alleinerbin des V geworden. Den Schaden beziffert sie auf rund 72.000 EUR. Zudem hätte sie Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente von 60 Prozent der von ihm bezogenen Rente. Sowohl das LG als auch das OLG lehnen die Ansprüche der Klägerin ab.  

     

    Das OLG hat bei der Entscheidung auf folgende Kriterien abgestellt:  

     

    Kriterien gegen einen Schadenersatzanspruch bei unterbliebener „Nottrauung“
    • Eine schadenersatzbegründende Amtspflichtverletzung ist zu verneinen, wenn der Anspruchsteller nicht darlegen und beweisen kann, dass er gegenüber dem Standesbeamten den Eindruck vermittelt hat, der Todeszeitpunkt des Verlobten stehe unmittelbar bevor.
    • Der Begriff „Nottrauung“ ist unergiebig, weil jede Trauung außerhalb des Standesamts eine irreguläre Trauung darstellt und daher umgangssprachlich als „Nottrauung“ angesehen werden kann.
    • Geklärt werden muss, ob der behandelnde Arzt mit dem alsbaldigen Todeseintritt gerechnet hat. In diesem Fall hatte der Arzt mit V noch die Verordnung und Lieferung eines neuen Krankenbettes besprochen, das tatsächlich am Morgen des Todestages geliefert wurde. Dies wäre nach seiner Aussage nicht geschehen, wenn er mit dem Todeseintritt an diesem Tag gerechnet hätte.
    • Ein Standesbeamter braucht weder allgemein noch aufgrund der besonderen Umstände seine ständige Erreichbarkeit während der Mittagspause sicherzustellen.
    • Rechnet der behandelnde Arzt mit einem unmittelbar bevorstehenden Todeseintritt, muss er auf einer sofortigen Trauung am Krankenbett bestehen.